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# taz.de -- James Bridle bekommt Preis aberkannt: Boykottieren und boykottiert …
> Eigentlich sollte James Bridle am Mittwoch einen Architekturpreis in
> Deutschland bekommen. Wegen der Unterstützung eines Israel-Boykotts wird
> daraus nichts.
Bild: James Bridle erhält nicht den Schelling-Preis
Berlin taz | Am Mittwochabend wollte die Schelling Architekturstiftung
ihren mit 10.000 Euro dotierten Architekturtheorie-Preis an James Bridle
verleihen. Doch am Sonntag informierte die Stiftung Bridle per E-Mail, dass
die Preisverleihung nicht stattfinden werde. Der Grund: Bridle hatte Ende
Oktober, wie auch tausende andere – vorwiegend englischsprachige –
Autor:innen, einen von propalästinensischen Organisationen initiierten
[1][Boykottaufruf gegen israelische Kulturinstitutionen] unterzeichnet, die
sich nicht klar gegen die „überwältigende Unterdrückung der
Palästinenser:innen“ positionieren.
Bridle ist Künstler:in und Publizist:in und verwendet für sich das
Pronomen they. In England aufgewachsen, lebt Bridle seit einigen Jahren auf
Ägina, einer von Übertourismus betroffenen griechischen Insel, und
[2][betreibt dort ein ökologisches Kreativ-Hub]. Internationale
Aufmerksamkeit erlangte Bridle mit dem Buch „New Dark Age“, das die
Gefahren digitalen Analphabetentums beschreibt.
Preisanlass war nun aber Bridles jüngste Publikation, „Die unfassbare
Vielfalt des Seins“. Das Werk fordert zum Umdenken in Bezug auf die
Beziehung zwischen Natur und Technik auf. Dieser Aspekt interessierte die
Schelling Stiftung, die sich, laut Stiftungsratsvorsitzender Ursula Baus,
an Themen wie „Natur, Technik, menschliche und nichtmenschliche
Intelligenz, Landschaft und Bauen“ orientiert.
Nun muss sich die Stiftung vorwerfen lassen, dass sich der Inhalt von
Bridles Buch nicht verändert hat und Bridles Haltung zur israelischen
Palästinapolitik bekannt war. So schreibt Bridle in einem Text über den
Einfluss von Grenzen auf Migrationsbewegungen von einer „Apartheidmauer
durch das besetzte Westjordanland“. Damit werden Begrifflichkeiten benutzt,
die auf eine Nähe zur transnationalen
Boycott-Divestments-and-Sanctions-Bewegung (BDS) hinweisen können.
## Unscharfe Argumentationen
Wer hellhörig wird, findet im Netz Hinweise auf frühere
Solidaritätsunterschriften von Bridle für ähnliche Kampagnen, so zum
Beispiel von 2021 (#VisualArtsforPalestine campaign). Auf Nachfrage der taz
bestätigt Bridle, in den vergangenen Jahren mehrere Boykottaufrufe
unterschrieben zu haben
Für die Schelling Stiftung führte der Begriff des Boykotts zur Absage der
Preisverleihung. Das bedeute, so Baus, eine „ultimative
Dialogverweigerung“. Nun reagiert aber wiederum die Schelling Stiftung
durch die Ausladung Bridles mit Dialogverweigerung. In ihrem öffentlichen
Statement erklärt sie, dass sie weder einen Aufruf zur kulturellen
Isolation Israels unterstütze noch damit in Verbindung gebracht werden
möchte. Diese Argumentation ist genau genommen, wie auch vieles im
Boykottaufruf selbst, unscharf. Denn er gilt nicht der „kulturellen
Isolation Israels“, sondern Institutionen, die die (unscharfen) Forderungen
der Unterzeichnenden nicht erfüllen.
Die Schelling Stiftung beruft sich in ihrer Entscheidung explizit auf
[3][die Resolution des Deutschen Bundestags] von Anfang November zum Schutz
jüdischen Lebens, die betont, dass keine staatlichen Subventionen an
Kulturschaffende vergeben werden sollen, die „zum Boykott Israels aufrufen
oder die die [4][BDS-Bewegung] aktiv unterstützen“.
Am Beispiel der privaten Schelling Stiftung zeigt sich nun erneut, wie
verfahren die Situation ist. Die aktuellen politischen Direktiven scheinen
den Graben zwischen Künstler:innen und Institutionen zu vertiefen und
den Spielraum für Dialog, etwa zu Bridles Utopie einer „Welt ohne
territoriale Grenzen“, zu verkleinern.
20 Nov 2024
## LINKS
[1] /Nahostkonflikt-in-der-Literatur/!6042717
[2] /Kuenstlerin-ueber-Oekologie-und-Technik/!5846944
[3] /Kampf-gegen-Judenfeindlichkeit/!6047536
[4] /BDS-Movement/!t5071445
## AUTOREN
Astrid Kaminski
## TAGS
Gaza
Palästina
Boykott
Architektur
BDS-Movement
GNS
Antisemitismus
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Griechenland
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