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# taz.de -- Lob auf den Pkw: Ja, Autofahren macht glücklich
> Unsere Kolumnistin will eigentlich nicht boomeresk-unvernünftig sein.
> Aber sie liebt Autofahren. In der Jugend war das Auto Freiheit, heute ist
> es ein Nest.
Bild: Eine glückliche Boomerin unterwegs in ihrem Kleinwagen auf Brandenburger…
Diese Kolumne [1][hat sich ja „lieblich-woke“ als moralisches Grundgebot
gesetzt], denn grantelnde Ältere, die die Welt nicht mehr verstehen, gibt
es ja schon genug in den Medien. Aber manchmal überkommt die Kolumnistin
einfach das unbezwingbare Verlangen, mal etwas typisch
Boomeresk-Unvernünftiges zu schreiben. Heute soll es ein Lob des
Autofahrens sein.
Ich bin einer der wenigen Menschen, die ich kenne, [2][die noch gerne Auto
fahren]. Das könnte damit zu tun haben, dass ich eher mit 35- bis
50-Jährigen zu tun habe als mit Gleichaltrigen. Auch die dörfliche Herkunft
könnte ein Grund sein. Dort wurde man mit acht Jahren schon auf den Traktor
gesetzt, als Fahrerin wohlgemerkt.
Mit 17 begann man die Fahrstunden, ertrug [3][die Anzüglichkeiten und
Grabschereien des ekligen Fahrlehrers], um am 18. Geburtstag den liebevoll
„Lappen“ genannten Führerschein in den Händen zu halten. Die Zeit der
Freiheit und des Glücks begann, mit der ganzen Clique auf dem Weg zur
Disco, singend im Kleinwagen. Aber auch allein, bei
jugendlich-melancholischen Anwandlungen, rein ins Auto, Zündung an, und ein
bisschen über die Landstraße der untergehenden Sonne entgegengefahren.
Nachts, wenn so ab 11 alles zuhatte, zur Autobahnraststätte, abhängen.
In Berlin bräuchte man ökologisch streng genommen natürlich kein Auto. Aber
das Fahren in Berlin macht auch glücklich, solange es azyklisch zum
Stadtverkehr passiert. Also höchstens vormittags und nie zwischen 13 und 19
Uhr. Aber nachts durch die Stadt zu fahren ist viel entspannter, als zum
Beispiel 20 Minuten auf einem zugigen Gleis der U-Bahn zu harren.
## Autofahren macht glücklich
Ja, Autofahren ist toll und macht glücklich. Und wem jetzt die Zeilen
[4][„Unsere Oma ist ’ne alte Umweltsau“] durch den Kopf schießen: Mein A…
ist 24 Jahre alt und sehr, sehr klein. Die Fahrten raus aus der Stadt sind
mein kleines Roadmovie mit mir als Hauptfigur. Die Innenstadtbezirke nach
und nach hinter sich zu lassen, bis die Kleingartenanlagen kommen, es
dörflicher wird, Traktoren und AfD-Plakate die Landschaft bestimmen. Nach
so einer Fahrt bleib ich manchmal einfach noch so ein bisschen im Auto
sitzen, weil es so schön gemütlich ist, eine sichere Kapsel, ein Nest, nur
für mich, abgeschottet von der Außenwelt.
Jüngere Autofahrerinnen kennen sie gar nicht mehr, die Entspannung beim
Autofahren. Sie sind schon in Panik, wenn sie sich ins Auto setzen,
verkrampfen die Muskulatur, atmen schneller, denn alles, was jetzt kommt,
ist eine Belastung: Oh nein, jetzt bewegt sich der Wagen, andere sind auch
unterwegs! Eine Straße kreuzt – jetzt rechts vor links beachten,
Radfahrerinnen kommen aus allen Richtungen, da steht ein Lieferwagen zweite
Reihe. Immer wieder blinken, ängstlicher Schulterblick, bremsen, an der
Ampel anhalten und wieder losfahren, Fußgängerinnen im Blick haben – purer
Stress für die U-50-Fahrerin!
Die entspannte Boomerin hingegen gibt anderen gerne die Vorfahrt, achtet
auf die anderen Verkehrsteilnehmerinnen und gleitet im inneren Frieden
durch die Straßen der Stadt.
16 Oct 2024
## LINKS
[1] /Altern-in-einer-jungen-Stadt/!6031175
[2] /Autofahren-als-Freiheitsversprechen/!5903502
[3] /Sexualisierte-Gewalt-in-der-Fahrschule/!5819128
[4] /Die-Umweltsau-durchs-Dorf-treiben/!5650367
## AUTOREN
Christiane Rösinger
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