# taz.de -- Boomer-Shaming in Medien: Wut, Neid, Angst, Autoren! | |
> Medienweites Boomer-Shaming! Wegen eines Ex-Showmasters und eines Autors. | |
> Der Tipp unserer Autorin gegen das Verbitterungssyndrom: Lohnarbeit. | |
Bild: Manche könnten vom Schreiben schon leben – wären da nicht die Kosten … | |
Mann, Mann, Mann, da war ja wieder was los in den letzten zwei Wochen. | |
Zuerst hat uns [1][ein älterer Ex-Showmaster mit Negativaura aus | |
Marketinggründen in vielen Interviews an seinen Issues teilhaben lassen: | |
Aufzugsangst, Sprechverbot-Phobie, hormonell bedingtes | |
Verbitterungssyndrom]. | |
Besonders ärgerlich, dass der geplagte 74-Jährige, dann für eine ganze | |
Generation steht und diese wieder mal diskreditiert. Medienweites hartes | |
Boomer-Shaming war die Folge. | |
Es ist ja leider was dran: Nicht alle Boomer sind so lieblich-woke | |
eingestellt wie die Kolumnistin. Sie haben irrationale Ängste, sind nicht | |
mehr ganz auf der Höhe der Zeit – und wollte man da unterstützen und | |
aufklären, man müsste bei Adam und Eva anfangen. Wer will das schon? | |
Der Showmaster wurde aber 1950 geboren: Da fängt das mit der | |
Boomer-Generation doch grade erst an! Wahrscheinlich ist er noch der | |
Vorgängergeneration den „Traditionalisten“ (1922–1949) verhaftet. | |
[2][Doch nun weiter zum zweiten Wutautor, der im Oktober Schlagzeilen | |
machte.] Geboren 1977, also kein Boomer mehr, aber als – | |
Old-school-Bad-Boy-Schriftsteller-Rebell (In der Literaturwissenschaft | |
versteht man darunter Säufer-Drogen-Puff-Literaten, die sich in der | |
Nachfolge von Fauser und Bukowski verstehen) – also als solcher auch nicht | |
gerade eine Zierde seiner Generation X. | |
Dass er anders als viele Autoren früher mal lohnabhängig beschäftigt war, | |
ist sehr lobenswert, kann aber nicht alles entschuldigen. | |
Der betreffende fleißige und sehr begabte Autor zuckte also aus, wie die | |
Österreicherinnen so schön sagen, weil er den deutschen Buchpreis nicht | |
bekam. So weit, so verständlich. | |
Seine Begründung – Gefahr durch kommende Verarmung wegen Nichterhalten des | |
Buchpreises – führte dann in den sogenannten sozialen Medien zu der ewigen | |
Diskussion „Vom Schreiben leben?“ | |
Auf meiner Timeline – so nennen wir Ältere das, was uns bei dem | |
Boomermedium Facebook angezeigt wird – klärten dann andere Autorinnen auf, | |
dass man mit 22 Preisen, mit Tantiemen für Buchverkäufe, Lizenzen für | |
Filmrechte und Verlagsvorschüssen als Erfolgsautor schon ganz gut leben | |
könne – es sei denn man gebe zu viel für Kokain, Sexarbeit und Spielsucht | |
aus und verprasse den Rest. Die nicht so bekannten Autorinnen und Autoren, | |
die freien Journalistinnen, Kolumnisten und für nicht preiswürdig | |
gehaltenen Schriftstellerinnen könnten dagegen von solchen Einkünften nur | |
träumen. | |
Ihnen sei hier zum Trost gesagt: Neben dem Schreiben einem normalen | |
Broterwerb nachzugehen, hat viele Vorteile. | |
Milieustudien lassen sich prima mit Lohnarbeit kombinieren. Neue Eindrücke, | |
fremde Szenerien und klassenübergreifende Begegnungen führen zu | |
interessanteren Erzählungen und einer ganz anderen Welthaltigkeit des | |
Stoffes. | |
Man kommt mal aus dem Haus, hat Kollegen und das eigene Genie muss nicht | |
immer wieder zwischen Selbstverachtung und Selbstbewusstsein am | |
Schreibtisch versauern, sondern kann sich mit der Realität abgleichen. | |
Vielleicht gewinnen dadurch sogar die Texte, die Literatur an sich. | |
29 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Christiane Rösinger | |
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