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# taz.de -- Lebenswandel im fortgeschrittenen Alter: Hilfe, ich bin Tradwife ge…
> Im Frühherbst des Lebens läuft die Boomerin Gefahr, alte Werte über den
> Haufen zu werfen – und unerwartet häuslich zu werden.
Bild: Angesichts ihrer reichen Brombeerernte konnte unsere Autorin nicht an sic…
Nun ist der Sommer also endgültig vorbei. Was für die einen eine prosaische
Feststellung ist, kann bei anderen tiefe Melancholie auslösen.
[1][Die Boomerin] befindet sich, je nach Stimmungslage, ja selbst im
Frühherbst oder Vollherbst des Lebens, während sich der optimistische
Boomer in Verkennung der Tatsachen oft noch in seinem Spätsommer wähnt. Wie
jedes Jahr frage ich mich um diese Zeit: Hab ich [2][diesen Sommer]
wirklich ausgekostet – hab ich alles mitgenommen?
Okay, also ich habe in der Donau, in der Nordsee und in badischen
Baggerseen gebadet, 300 Schnecken getötet, jeweils eine Handvoll rote und
weiße Johannisbeeren und etwa zwei Pfund Brombeeren geerntet. Wobei wir
beim [3][Garten-Content] wären – eine Boomerinnen-Kolumne ist immer auch
eine Garten-Kolumne.
Angesichts der reichen Brombeerernte konnte ich nicht an mich halten. Es
begab sich, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben Marmelade einkochte.
Brombeermarmelade. Es gelang auf Anhieb und verschaffte mir eine solch
anhaltende innere Befriedigung, dass ich erschrak: „Oh mein Gott, bin ich
Tradwife geworden?“
Wer sie nicht kennt: Tradwifes sind Frauen bei Insta und Tiktok, die in
altertümlichen langen Kleidern, mit langem Haar, höchst komplizierte
Gerichte mühelos zubereiten.
Ein typisches Tradwife-Video beginnt so: „Heute hatte mein Ehemann Lust auf
Schokolade.“ Die Tradwife macht sich sofort ans Werk: zerschlägt eine
Kakaofrucht, mahlt die Bohnen, stellt nebenher selbst Butter her.
Alles geht ihr lächelnd von der Hand, und 25 Arbeitsschritte weiter ist die
Schokolade fertig, der Mann freut sich. Also ganz ähnlich wie ich beim
Brombeeren einkochen! Und ich schwöre: Ich habe in meinem ganzen Leben
keinen einzigen Kuchen gebacken und koche auch nur in Ausnahmefällen.
## Wenn Marmelade Befriedigung verspricht
Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass ich in jungen Jahren, so mit
17, schon Boomerin und Old-School-Feministin war.
Als solche lehnte ich alle häuslichen Verrichtungen (backen, fermentieren,
einkochen, Männern Kaffee einschenken, nett sein) stets ab. Fun Fact:
Damals bekam man als junge Frau von alten Tanten noch Bettwäsche und
Handtücher „für die Aussteuer“ geschenkt.
Letzte Woche stand ich dann aber in der Küche, blickte auf vier Gläser
Brombeermarmelade und fühlte so eine tiefe Tradwife-Befriedigung in mir
hochsteigen. Wie tief bin ich gesunken!
Aber als Tradwife hätte ich das Ganze ja gefilmt, beruhigte ich mich. Und
die Küche sah ganz furchtbar aus – ich hatte noch nie im Leben etwas in
einem Topf püriert, die Küchenwand der Herd und mein Unterarm waren
brombeergesprenkelt.
Vielleicht ein Orakel für die Brombeerkoalition in Sachsen und Thüringen?
Bei einer Tradwife wäre so ein Brombeermassaker undenkbar, beruhigte ich
mich und beschloss, nicht mehr über diese neue Häuslichkeit nachzudenken.
Schon am nächsten Tag ertappte ich mich dabei, wie ich aus dem, was die
Nacktschnecken im Garten übrig gelassen hatten, eine Kartoffel-Mangold-
Karotten-Pfanne improvisierte. Zum Glück ist der Sommer jetzt endlich
vorbei.
18 Sep 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Christiane Rösinger
## TAGS
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