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# taz.de -- Politische Druckgrafik aus Mexiko im Met: Posterkampf für José St…
> Das Metropolitan Museum zeigt seine Sammlung mit propagandistischer
> Druckgrafik aus Mexiko. Wie landete solch antifaschistische Kunst in New
> York?
Bild: Kaiser Hirohito als Spinne in der antifaschistischen Grafikkunst Mexikos:…
New York taz | Das hätte man im New Yorker Metropolitan Museum, dieser
Erzbastion der Hochkultur(en), eher nicht erwartet. Da steht man mit einem
Mal vor einer Wand mit fünf Grafiken, die laut gegen den Faschismus
anschreien, gegen den in Deutschland, in Japan und auch in Lateinamerika.
Dagegen steht auf dem größten Plakat in der Mitte ein Rotarmist, der dem
Betrachter die Hand reicht mit den Worten „Wir kämpfen an der gleichen
Front“ und für den „Nationalkonvent der Freunde der UdSSR“ wirbt.
Es sind die enddreißiger Jahre, [1][da die Unterstützung der Sowjetunion in
den Vordergrund rück]t, gegen den weltumspannenden Faschismus, mit Kaiser
Hirohito als Spinne. Zuvor stand die Unterstützung des republikanischen
Spanien im Bürgerkrieg im Fokus, 1945 dann in Großbuchstaben der „Sieg“ u…
die „Totale Vernichtung des Faschismus“ mit dem roten Stern als strahlender
Sonne über der Verwüstung des Krieges.
Die meisten dieser politischen Plakate entstammen dem Taller de Gráfica
Popular (TGP), der als Künstlerkooperative betriebenen Grafikwerkstatt in
Mexiko-Stadt. Gezeigt werden sie in der Ausstellung „Mexican Prints at the
Vanguard“ („Mexikanische Drucke als Vorreiter“) im riesigen Metropolitan
Museum. Erstmals kommt die Sammlung mexikanischer Grafik des Hauses ans
Licht.
Der besondere Charakter dieser Grafiksammlung liegt in ihrer durchweg hohen
Qualität. Sie ist ihrer Entstehung geschuldet. Der gebürtige Franzose Jean
Charlot, Jahrgang 1898 und in Paris als Künstler ausgebildet, übersiedelte
Anfang der 1920er Jahre nach Mexiko und vermittelte dort vor allem die
Technik des Holzschnitts. Der Holzschnitt erwies sich als ideal für die
Propaganda, die vor allem von der politischen Linken eingesetzt wurde, sei
es im Zeitungsdruck oder als Vorlage für Plakate. Charlot sammelte die
Drucke direkt von befreundeten Künstlern.
## Die berühmten mexikanischen Muralisten
Bereits 1922 wurde er Assistent von Diego Rivera bei dessen
Wandbildprojekten. 1928 ging Charlot nach [2][New York, wo die berühmten
mexikanischen Muralisten arbeiteten], voran David Alfaro Siqueiros. Bald
kam er mit dem Metropolitan Museum in Kontakt, das 1930 die enorm
erfolgreiche Ausstellung „Mexikanische Kunst“ zeigte; wie überhaupt Kunst
aus Mexiko und vor allem die dortige Wandbildbewegung des muralismo den New
Yorker Künstlern als vorbildlich galt. In den folgenden Jahren übereignete
Charlot seine Schätze in mehreren Schüben dem hochinteressierten
Metropolitan Museum.
Die anstehende Digitalisierung dieser außergewöhnlich kohärenten Sammlung
führte dann zur gegenwärtigen Ausstellung. Aus einem Bestand von fast 3.000
Drucken und illustrierten Büchern hat Kurator Mark McDonald 146 Arbeiten
ausgewählt, die im Wesentlichen die große Zeit der mexikanischen Grafik vom
späten 19. bis um die Mitte des 20. Jahrhunderts vorstellen. Es ist die
Zeit fortwährender politischer Konflikte und ausgewachsener Klassenkämpfe.
Neben die unablässigen Konflikte zwischen verarmten campesinos und
reaktionären Grundbesitzern traten Streiks und Proteste der erstarkenden
Industriearbeiterschaft. All das begleitete und forcierte die für den
unmittelbaren Gebrauch geschaffene Grafik, als Plakat auf den Straßen und
als massenhaft verteilte Zeitung. Gerade wegen dieses Ge- und Verbrauchs
ist der makellose Erhaltungszustand der von Jean Charlot vom Druckstock weg
gesammelten Exemplare so bemerkenswert.
Die populäre Grafik entwickelte sich im 19. Jahrhundert, wie etwa in Europa
die Bilderbogen. Auf deren eingängiger Formensprache bauten die Künstler
nach dem Ersten Weltkrieg auf. Die mexikanische Revolution um den
Volkshelden Emiliano Zapata lieferte Stoff in Fülle. Hinzu kam der
Rückbezug auf das indigene Erbe der vorkolonialen Zeit, den vor allem die
Wandbildbewegung aufnahm. Deren Protagonisten wie Rivera, Siqueiros oder
Rufino Tamayo steuerten Grafiken bei. Starke Verbreitung fand die
Arbeiterzeitung „El Machete“ mit ihren Holzschnittillustrationen. Die
Produktion des TGP erreichte ihren Höhepunkt, unter anderem mit dem
wichtigen „Schwarzbuch des Nazi-Terrors in Europa“ von 1943.
## Kurzer Trip nach Westberlin
[3][Hannes Meyer, der ehemalige Bauhaus-Direktor] und nun Geschäftsführer
des TGP, bestellte die grafischen Illustrationen bei Künstlern wie Leopoldo
Méndez und Pablo O’Higgins. Von diesem, dem gebürtigen US-Amerikaner,
stammt auch das Plakat „Die sowjetische Front ist unsere erste
Verteidigungslinie“ aus dem Jahr 1941; eine Fotografie im begleitenden
MET-Bulletin zeigt das Plakat an einer Straßenecke in Mexiko-Stadt. Genau
dieses Foto war auch im Katalog der Ausstellung „Kunst der mexikanischen
Revolution“ abgedruckt, die die Neue Gesellschaft für bildende Kunst im
damaligen Westberlin zeigte, vor nun schon 50 Jahren. Es blieb ein
singuläres Event.
Mit dem Kriegsende kam auch die propagandistische Grafik an in Ende; Jean
Charlot bilanzierte 1949, dass die mexikanischen Künstler „eine didaktische
Art von Kunst bevorzugten, gerichtet an einen größeren Empfängerkreis als
den der Ästheten“. Danach wanderte die Grafiksammlung ins Depot. Jetzt wird
ihr eine veritable Wiederentdeckung zuteil.
18 Oct 2024
## LINKS
[1] /Als-George-Grosz-in-die-UdSSR-reiste/!5895558
[2] /Murals-und-moderne-Kunst/!5668997
[3] /Essay-zum-100-Bauhaus-Jubilaeum/!5589177
## AUTOREN
Bernhard Schulz
## TAGS
Ausstellung
Plakate
Bildende Kunst
Mexiko
New York
Antifaschismus
Sowjetunion
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Kolumne Latin Affairs
Mexiko
Kunst
Kunstgeschichte
Bauhaus
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