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# taz.de -- Kirchenasyl unter Druck: Hamburgs neue Härte
> Nach dem Bruch des Kirchenasyls in Hamburg sei die Lage ernst, sagen
> Geflüchteten-Unterstützer:innen. Sie hoffen jetzt auf Gespräche.
Bild: Abnehmende Schutzwirkung: Immer häufiger setzen Behörden sich übers Ki…
Hamburg taz | „Der Damm leckt an einigen Stellen“, sagt Manfred Ossenbeck,
„aber er ist noch nicht gebrochen.“ Ossenbeck ist einer von drei
Sprecher:innen des [1][Bündnisses Hamburger Flüchtlingsinitiativen
(BHFI)]. Der Deich in seinem Bild, das ist das Kirchenasyl, und die Lecks
bestehen in dessen immer häufigerer Missachtung, dem notfalls auch
drastischen Gebrochen-werden durch Behörden in verschiedenen Bundesländern.
„Bisher sind es Einzelfälle – Einzelfälle, gegen die man aber strikt
vorgehen muss.“
Besondere Aufmerksamkeit erfuhr jüngst so ein Fall in Hamburg: Im späten
September war ein schutzsuchender Afghane [2][aus den Räumlichkeiten einer
katholischen Kirchengemeinde geholt] und nach Schweden ausgeflogen worden –
in der Stadt das erste derartige behördliche Handeln mindestens seit 1984,
wenn nicht überhaupt; da gehen die Auskünfte auch unter den
Aktivist:innen auseinander.
„Das Eindringen von Polizei und Ausländerbehörde in den geschützten Raum
der Kirche ist in Hamburg bislang beispiellos und darf sich nicht
wiederholen“, schreiben die Organisationen [3][Hamburgasyl] und
[4][Fluchtpunkt Hamburg] – Kirchliche Hilfsstelle für Flüchtlinge“ in ein…
gemeinsamen Mitteilung. „Wir rufen den rot-grünen Senat auf, das Gespräch
mit den Kirchen zu suchen und von weiteren Räumungen Abstand zu nehmen.“
Hamburg dürfe sich nicht „vom [5][Bundesamt für Migration und Flüchtlinge]
unter Druck setzen“ lassen oder „in den Strudel einer überhitzten
politischen Debatte hineinziehen“.
Mit einer Mahnwache – Motto: „Hände weg vom Kirchenasyl!“ – wollen
ökumenische und weitere Unterstützer:innen am heutigen Dienstag die
Forderung unterstreichen, dass Hamburg einen lange bestehenden Konsens
achten soll zwischen den Kirchen und den Behörden. Eben daran scheint sich
aber die Landesbehörde nicht mehr gebunden zu sehen.
Das Neue am viele so empörenden Hamburger Fall war nicht die Sichtweise des
Bamf: Dass das Bundesamt sich einer Asyl gewährenden Kirchengemeinde nicht
anschließt, ist inzwischen der Normalfall. Demgegenüber habe es in den
Jahren 2015/16 „noch ungefähr bei 80 Prozent der inhaltlich entschiedenen
Härtefälle gesagt: Ja, das sehen wir auch so“, erzählt [6][Dietlind
Jochims], Pastorin und Flüchtlingsbeauftragte der evangelischen Nordkirche.
Das aber geschehe „inzwischen so gut wie überhaupt nicht mehr“.
Die Umsetzung der Bamf-Entscheidung, also etwa die „Rücküberstellung“ ein…
Geflüchteten in das EU-Mitgliedsland, in dem er seinen Asylantrag gestellt
hat oder das tun müsste, liegt immer schon beim Bundesland – und da
erkennen die Geflüchtetenhelfer:innen eine bedenkliche Neuerung.
Früher habe in Hamburg die Ablehnung durch das Bamf gerade nicht dazu
geführt, dass die Polizei gerufen wurde, das Kirchenasyl zu brechen, so
Ossenbeck. „Wenn von den angeordneten Rücküberstellungen im Bundesschnitt
knapp 10 Prozent durchgeführt werden“, sagt Jochims, „dann ist natürlich
die Frage: Wo handeln die Landesbehörden, und wo tun sie das nicht?“ Und:
„Müssen sie tatsächlich, und das ist das Neue, an solche symbolisch hoch
bedeutsamen Situationen rangehen, wie Leute aus einer Kirche zu holen?“
Für Ossenbeck reiht sich die jüngste Eskalation durchaus ein „in [7][die
Politik von Innnensenator Andy Grote]: Mir ist noch in guter Erinnerung,
wie er vor einigen Wochen zur [8][Abschiebung nach Afghanistan], die
notwendig sei, einen lapidaren Kommentar gemacht hat à la: Denen werden
schon nicht sofort die Köpfe abgehauen werden.“
Nun ist dieser sozialdemokratische Bonmot-Hardliner halt erst mal im Amt.
Ist damit das Kirchenasyl in Hamburg dahin? Jochims verweist auf „auch
jetzt noch anstehende Gespräche“ zwischen Staat und Kirche. Sie sieht
„Verunsicherungen bei den Gemeinden, bei den Ehrenamtlichen. Aber es gibt
auch eine große Entschlossenheit zu sagen: Von dem, was wir an Werten und
Idealen und Menschenrechten für wichtig halten, lassen wir so schnell
nicht.“
7 Oct 2024
## LINKS
[1] https://bhfi.de/ueber-uns-2/
[2] /Kirchenasyl-gebrochen/!6036824
[3] https://hamburgasyl.de/
[4] https://fluchtpunkt-hamburg.de/
[5] /Bundesamt-fuer-Migration-und-Fluechtlinge-BAMF/!t5013136
[6] https://www.nordkirche.de/adressen/personen/detailansicht/person/dietlind-j…
[7] /Innenministerkonferenz-in-Berlin/!5941328
[8] /Afghanische-Fluechtlinge/!t5274979
## AUTOREN
Alexander Diehl
## TAGS
Geflüchtete
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