# taz.de -- Umverteilungspläne der SPD: Und die ganz unten? | |
> Die Pläne der SPD, den Reichsten mehr zu nehmen, sind löblich und | |
> richtig. Transferleistungen für die Ärmsten spielen aber keine Rolle | |
> mehr. | |
Bild: SPD-Vorstandsklausur, erstmals ohne Kevin Kühnert | |
Die Idee klingt so gut, dass wir zum Haken erst später kommen. [1][Der | |
SPD-Vorstand gibt auf seiner Klausur, auf der er Vorentscheidungen für den | |
Wahlkampf trifft], den herrschenden Verteilungskämpfen eine neue Richtung: | |
die Mehrheit gegen die da oben. Das eine Prozent der Bevölkerung, das die | |
meisten Einnahmen hat, soll höher besteuert werden. Die Masse soll dafür | |
weniger Abgaben zahlen, höhere Löhne bekommen, von besserer Bildung und | |
einer besseren Infrastruktur profitieren. | |
Das ist dreifach richtig. Erstens ist es nicht gerecht, wenn in der Krise | |
für den Großteil das Leben schlechter wird, während die Reichen weiter | |
reicher werden. Zweitens schadet es der Volkswirtschaft, wenn sich der | |
Staat zentrale Aufgaben nicht mehr leisten kann und großen | |
Bevölkerungsgruppen das Geld für den Konsum fehlt. Und drittens: Wenn die | |
Probleme der mittleren Schichten wachsen, aber niemand Politik für sie | |
macht – dann muss man sich nicht wundern, wenn der Blick nach unten geht. | |
Dass Verteilungskämpfe zuletzt nur nach unten so gut funktioniert haben, | |
gegen Flüchtlinge und gegen Arme, kommt nicht von ungefähr. | |
Und damit kommen wir jetzt doch zum Haken. In den vergangenen Monaten | |
konnte sich den Tritten nach unten auch die SPD nicht entziehen. Im letzten | |
Wahlkampf warb sie noch mit der Überwindung von Hartz IV, und tatsächlich | |
führte sie in dieser Legislatur das Bürgergeld ein. Als sie damit fertig | |
war, [2][schaffte sie es im Kern aber gleich wieder ab]. Auch | |
Sozialdemokraten beteiligten sich zuletzt am Diskurs gegen vermeintlich | |
faule Arbeitslose. Im aktuellen Vorstandsbeschluss setzt die SPD diesen | |
Duktus zwar nicht fort. Maßnahmen, die explizit den Ärmsten nützen, tauchen | |
aber auch dort nicht mehr auf. | |
## Ähnlicher Kurs bei den Grünen | |
Eine ähnliche Schwerpunktsetzung zeichnet sich für 2025 bei den Grünen ab, | |
dem Hauptkonkurrenten im Kampf um die linke Mitte. Auch in deren Papieren | |
ist derzeit verstärkt die Rede davon, die Reichen stärker zu besteuern – | |
etwa durch geschlossene Lücken bei der Erbschaftsteuer. Auf der | |
Ausgabenseite setzen auch sie vermehrt auf Schulen, Krankenhäuser und | |
andere Einrichtungen der sozialen Infrastruktur. Die Kindergrundsicherung | |
aber, ihr sozialpolitisches Kernprojekt, das in dieser Legislatur sicher | |
nicht vollendet wird? Taucht in den Konzepten nicht mehr auf. | |
Es scheint, als ob Transferleistungen toxisch geworden sind. Und selbst | |
wenn im Wahlkampf wirklich ein Verteilungskampf gegen die ganz oben | |
beginnt, heißt das nicht automatisch, dass der Verteilungskampf gegen die | |
ganz unten endet. Sie könnten auch einfach unter die Räder geraten. | |
13 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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