| # taz.de -- Im Dialog mit der Parteibasis: Die SPD sucht Inspiration für den W… | |
| > In Hamburg nimmt die Partei auf der ersten von drei Dialogveranstaltungen | |
| > Kontakt mit der Basis auf. Kräftig wird über Krieg und Frieden | |
| > diskutiert. | |
| Bild: SPD-Generalsekretär Matthias Miersch sucht in Hamburg den Kontakt zur Pa… | |
| Hamburg taz | Die SPD hat am Samstag in Hamburg ihrer Basis den Puls | |
| gefühlt. Knapp 500 Menschen folgten der Einladung zu einer | |
| Dialogveranstaltung im Kongresszentrum CCH. Eingeladen, um Wünsche für das | |
| Programm zur nächsten Bundestagswahl zu formulieren, waren nicht nur | |
| Parteimitglieder, die allerdings den weitaus größten Teil ausmachten. | |
| Die Stimmung war sachlich-verhalten, schließlich ging es um Inhalte. Die | |
| Marschrichtung für den Wahlkampf gab Generalsekretär Matthias Miersch vor: | |
| „Es geht um zwei Richtungen, wie man dieses Land gestalten kann“, sagte er | |
| beim Abschlussplenum. | |
| Wie zur Verdeutlichung war am Freitagabend ein [1][Grundsatzpapier | |
| Christian Lindners] bekannt geworden, in dem der FDP-Finanzminister „eine | |
| Wirtschaftswende mit einer teilweise grundlegenden Revision politischer | |
| Leitentscheidungen“ fordert. Darunter versteht er unter anderem einen | |
| radikalen Kurswechsel in der Klimapolitik sowie Kürzungen beim Bürgergeld | |
| und bei der Rente. | |
| Außerdem will Lindner das von der Ampel in ihrem Koalitionsvertrag | |
| vereinbarte Tariftreuegesetz beerdigen, das die Tarifbindung von Betrieben | |
| steigern soll – ein Herzensanliegen der SPD. Darüber hinaus plädiert der | |
| FDP-Chef für eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, der | |
| ja nur noch für sehr hohe Einkommen erhoben wird, und eine Senkung der | |
| Körperschaftssteuer. | |
| ## Keine Begeisterung über Lindner-Pläne | |
| „Durch die Bank sind diese Punkte, die er dort aufgezählt hat, in der | |
| Koalition nicht zu verwirklichen“, kommentierte die SPD-Vorsitzende Saskia | |
| Esken am Rande der Dialogveranstaltung. Lindner habe mit dem Papier nur die | |
| Position der FDP deutlich gemacht, „nicht innerhalb der Koalition, sondern | |
| im Allgemeinen“. | |
| Der Co-Vorsitzende Lars Klingbeil verwies auf die ebenfalls | |
| unabgesprochenen Vorschläge, mit denen der grüne Wirtschaftsminister Robert | |
| Habeck kürzlich an die Öffentlichkeit getreten ist. „Jetzt hat Christian | |
| Lindner das gestern auch gemacht und das ist völlig in Ordnung“, sagte | |
| Klingbeil. Viele seiner Ideen widersprächen aber sozialdemokratischen | |
| Positionen. | |
| Neben Klingbeil, Esken und Mirsch hatte die Partei noch die | |
| Vorstandsmitglieder Serpil Midyatli und Hubertus Heil aufgeboten, um Foren | |
| zu den Themen Frieden und Sicherheit, Einwanderungsgesellschaft, Arbeit – | |
| Rente – Gesundheit, Familien und Bildung sowie Wirtschaft – Klima – | |
| Sozialer Zusammenhalt zu moderieren. Besonderen Diskussionsbedarf gab es | |
| beim Forum Frieden und Sicherheit, in dem Klingbeil gleich bei seiner | |
| Anmoderation keinen Zweifel daran ließ, wo die SPD aus Sicht ihrer Führung | |
| steht: „Unsere Position ist klar: Wir unterstützen die Ukraine.“ | |
| An der Festigkeit dieser Haltung waren leise Zweifel aufgekommen, nachdem | |
| Generalsekretär Miersch dem Stern gesagt hatte, für Ex-Kanzler und | |
| Putin-Freund Gerhard Schröder sei Platz in der SPD – was Miersch allerdings | |
| schon vor einem Jahr deutlich gemacht hat, als er Schröder im Bezirk | |
| Hannover für dessen 60-jährige Parteimitgliedschaft ehrte. Zudem hatte die | |
| Brandenburger SPD in ihrem [2][gemeinsamen Sondierungspapier mit dem BSW] | |
| die Stationierung von amerikanischen Mittelstreckenraketen in Deutschland | |
| kritisch gesehen und festgestellt, der Ukraine-Krieg werde nicht durch | |
| weitere Waffenlieferungen beendet werden können. | |
| ## Kontroverse Diskussion über den Ukraine-Krieg | |
| In dem von Klingbeil moderierten Forum traf diese Linie durchaus auf | |
| Zustimmung. „Wie kann man nach zweieinhalb Jahren immer noch glauben, dass | |
| Waffen helfen?“, fragte ein Hamburger Parteimitglied im Rentenalter. „Warum | |
| finden wir Mittelstreckenwaffen gut?“ Warum versuche es die Bundesregierung | |
| nicht mit Verhandlungen? Und wie lasse sich mit Blick auf einen viel | |
| katastrophaleren Konflikt mit China eine eigene europäische Position | |
| schaffen? | |
| Er sei in die SPD eingetreten, weil er es für nötig halte „sofort alle | |
| Kriege zu beenden“, sagte ein junger Hamburger. Das Papier, mit dem sich | |
| die SPD und die DDR-Staatspartei SED in den 1980er Jahren verständigt | |
| hätten, sei ein diplomatischer Höhepunkt gewesen. Die SPD müsse den | |
| kapitalistischen Kriegsgewinnlern das Geschäft verderben. | |
| Es gelte, auch die Sicherheitsinteressen Russlands zu bedenken, sagte ein | |
| älterer Herr aus Lübeck. „Glaubt denn jemand, wir könnten die Russen alle | |
| machen?“ Eine junge Hamburgerin sekundierte: „Von deutschem Boden darf nur | |
| noch Frieden ausgehen.“ | |
| Eine 80-jährige Genossin mit DDR-Vergangenheit entgegnete, wehrtüchtig zu | |
| sein sei etwas anderes als kriegslüstern. Auch Willy Brandts | |
| Verständigungsbereitschaft sei auf militärischer Stärke gegründet gewesen. | |
| Putin wolle nicht verhandeln – „der Mann will fressen“. Wie Israel habe es | |
| sich auch die Ukraine nicht ausgesucht, angegriffen zu werden, | |
| argumentierte ein Hamburger Genosse. Im Übrigen werde Deutschland selbst | |
| schon von Russland angegriffen: „Die Trolle sind die Waffen von heute.“ | |
| Klingbeil bat darum, „nach vorne“ zu diskutieren: „Die Wahrheit ist, wir | |
| waren zu lange naiv an dieser Stelle.“ Er erinnerte an Olaf Scholz’ | |
| vergebliche Verhandlungsversuche, etwa den Besuch in Moskau, als der | |
| Kanzler sich an einem absurd langen Tisch vergeblich bemühte, Putin von | |
| einem Einmarsch in die Ukraine abzubringen. „Diplomatie und militärische | |
| Stärke gehören für uns zusammen“, ist Klingbeils Lehre aus den vergangenen | |
| zweieinhalb Jahren. | |
| Nach der Dialogveranstaltung in Hamburg soll es zwei weitere in Mainz und | |
| Essen geben. Dazu kommen kleinere Runden, sowie die Möglichkeit, sich | |
| online einzubringen und ein großes „Debattencamp“ im März in Berlin. Die | |
| Erkenntnisse aus diesen Debatten sollen am Ende auf einem Parteitag in das | |
| SPD-Wahlprogramm einzufließen. | |
| 3 Nov 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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