# taz.de -- Wahlkampfpläne der Sozialdemokraten: Wirtschaft lobt manche SPD-Vo… | |
> Ökonomen sind geteilter Meinung: Einige unterstützen Pläne für | |
> Investitionsförderung, manche kritisieren die Steuerreform zulasten der | |
> Reichen. | |
Bild: Die Sozialdemokraten wollen Investitionen in Unternehmen fördern, um die… | |
Berlin taz | Selbst aus der Wirtschaft erhält die SPD einiges Lob für | |
[1][ihre neuen Vorschläge]. „Viel Richtiges“ sehe er, „das am zentralen | |
Thema der Investitionen ansetzt“, kommentiert Michael Hüther, der Chef des | |
unternehmensnahen Instituts der deutschen Wirtschaft. Allerdings seien die | |
guten Ideen „unvermeidbar garniert mit sozialdemokratischen Ladenhütern“. | |
Am Wochenende hat der SPD-Partei-Vorstand ein sechsseitiges Strategiepapier | |
beschlossen. Es trägt den Titel: „Wirtschaft ankurbeln, Arbeitsplätze | |
sichern, Beschäftigte entlasten“. Damit definieren die Sozialdemokraten | |
einen programmatischen Rahmen für den Bundestagswahlkampf im kommenden | |
Jahr. Gleichzeitig versuchen sie, aus ihrem Stimmungstief herauszukommen, | |
indem sie Ansätze für die [2][Überwindung der Wirtschaftsschwäche] | |
präsentieren. | |
Eine wichtige Botschaft lautet, mehr Investitionen der Unternehmen | |
auszulösen. „Wer in Deutschland investiert, erhält steuerliche | |
Vergünstigungen, umfassende Superabschreibungen und Steuerprämien“. Details | |
fehlen jedoch bisher. Im Hintergrund steht die verbreitete Analyse, dass | |
Staat und Firmen sich lange Zeit zu wenig um den Erhalt der Infrastruktur | |
zum Beispiel bei der Bahn und die Entwicklung neuer Produkte wie | |
konkurrenzfähiger Elektroautos gekümmert hätten. Michael Hüther und die | |
Wirtschaftsweise Veronika Grimm begrüßen diese Ankündigung zusätzlicher | |
Steuervergünstigungen für Investitionen. | |
Zur Finanzierung gehen die Meinungen der Fachleute aber auseinander. Hüther | |
findet es tendenziell richtig, dass die SPD einen teilweise mit | |
Staatsschulden finanzierten Fonds gründen will, um der Wirtschaft planmäßig | |
bei der Modernisierung zu helfen. Das Wirtschaftsinstitut selbst hatte | |
zusammen mit gewerkschaftsnahen Ökonomen einen ähnlichen Vorschlag | |
veröffentlicht, der auch eine [3][Lockerung der Schuldenbremse] im | |
Grundgesetz beinhaltet. | |
Ökonomin Grimm lehnt das dagegen ab. „Subventionen mit Schulden zu | |
finanzieren“ biete den Unternehmen keine ausreichende Sicherheit, | |
kritisiert die Regierungsberaterin. Schließlich könne es passieren, dass | |
der Regierung die finanzielle Puste ausgehe – dann würde die Förderung | |
gestrichen und die Firmen stünden im Regen. | |
## „Wir brauchen den Abbau schädlicher Staatsausgaben“ | |
Weitere SPD-Vorschläge gehen in die Richtung, die Wirtschaft zu | |
unterstützen. Da sind etwa zusätzliche steuerliche Kaufanreize für | |
elektrische Dienst- und Firmenwagen. Oder Maßnahmen, um die Energiekosten | |
zu verringern: Die Strompreiskompensation für die Chemie- und Glasindustrie | |
solle ausgeweitet werden, und die Netzentgelte für den Bau von | |
Stromleitungen dürften nicht weiter steigen. Hüther steht dem positiv | |
gegenüber, Grimm kritisch. Sie plädiert dafür, die Energiepreise | |
grundsätzlich zu senken, wobei das angesichts der hohen Investitionen für | |
die Energiewende und des abgeschalteten russischen Gases schwierig ist. | |
Dem Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), | |
Marcel Fratzscher, reichen diese Ansätze nicht: „Wir benötigen ein | |
grundlegendes Umdenken der Politik mit Blick auf die Wirtschaft.“ Eine | |
Investitionsagenda erfordere „nicht nur eine Reform der Schuldenbremse, | |
sondern den Abbau schädlicher Staatsausgaben und Subventionen“, sagt der | |
DIW-Chef. | |
Die sozialdemokratischen Ansagen zur Steuerpolitik stoßen sowohl bei | |
Veronika Grimm als auch bei Michael Hüther auf Kritik. Denn der | |
SPD-Vorstand macht sich für eine Reform der Einkommensteuer stark, die | |
„etwa 95 Prozent der Steuerzahlenden“ entlasten solle. Gegenfinanzieren | |
will er das mit höheren Abgaben des reichsten „einen Prozents“ der | |
Bevölkerung. | |
Die ÖkonomInnen bezweifeln jedoch, dass diese Gleichung aufgeht. Die | |
Einnahmeausfälle durch die Senkung der Steuersätze für die große Mehrheit | |
ließen sich kaum durch die Erhöhung am oberen Ende kompensieren, wolle man | |
die Belastung dort nicht drastisch anheben. Das zweite Gegenargument | |
lautet, dass nicht nur reiche Privatpersonen die Anhebung bezahlen müssten, | |
sondern auch viele Personenunternehmen. Die Zusatzbelastung konterkariere | |
damit die Erleichterungen für Unternehmen an anderer Stelle, warnt Hüther. | |
Auf die Forderung der SPD, das Rentenpaket rasch zu beschließen und damit | |
die augenblickliche Rentenhöhe auf Jahre festzuschreiben, antwortet Grimm | |
mit der Empfehlung, die Kosten in den Sozialsystemen zu senken. Damit | |
spielt sie an auf die Sozialreform der rot-grünen Koalition zu Beginn der | |
2000er-Jahre. Die Einführung des niedrigen Arbeitslosengelds II (Hartz IV) | |
führte damals zu einer Kostenbegrenzung zugunsten der deutschen | |
Unternehmen, die ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber ausländischen | |
Wettbewerbern verbesserte. | |
Währenddessen weist DIW-Chef Fratzscher eher darauf hin, dass nicht nur die | |
Union, sondern auch die SPD „die große Frage unbeantwortet lasse, wie die | |
zunehmende Arbeitskräftelücke in Deutschland geschlossen werden soll“. | |
14 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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