# taz.de -- SPD-Vorstandsklausur: Politik für Menschen, die schuften | |
> Die SPD schwört sich auf die Konfrontation mit der Merz-Union ein. Sie | |
> will den Spitzensteuersatz erhöhen, 15 Euro Mindestlohn und mehr | |
> Investitionen. | |
Bild: Olaf Scholz, Saskia Esken und Lars Klingbeil bei der SPD-Vorstandsklausur | |
Berlin taz | Auf fünf Seiten hat das Präsidium der SPD aufgeführt, welche | |
Forderungen die Partei im Bundestagswahlkampf 2025 in den Mittelpunkt | |
stellen will. Darunter eine Einkommenssteuerreform, die die meisten | |
Arbeitnehmer:innen entlasten und Spitzenverdiener:innen „etwas“ | |
stärker belasten soll, ein [1][Mindestlohn von 15 Euro,] Investitionen in | |
öffentliche Infrastruktur, aber auch ein staatlich subventionierter | |
Industriestrompreis sowie Steuerboni für Unternehmen, die in Deutschland | |
investieren. | |
Interessant ist aber auch, was nicht drinsteht: kein Wort zum | |
[2][Bürgergeld] und auch keines zu Migration. Die SPD will wieder | |
Arbeiterpartei sein, die auch Wirtschaft kann, weg vom Image der | |
„Arbeitslosenpartei“, weg von Triggerthemen. | |
Beschlossen werden soll das Papier nach Redaktionsschluss am Sonntagabend | |
auf der Klausur des Parteivorstands, der sich bis Montag in Berlin trifft, | |
um sich auf den Wahlkampf einzuschwören. Die nächste Bundestagswahl findet | |
regulär am 28. September 2025 statt. | |
Nach dem Plan der SPD soll es ein Duell zwischen Union und SPD werden, wie | |
Parteichef Lars Klingbeil am Sonntag zum Auftakt der Klausur selbstbewusst | |
formulierte: „Es geht um die Frage: Wir oder [3][die Merz-Union].“ Es gehe | |
nicht nur um Personen, sondern auch die Frage, wer die besten Ideen habe, | |
um den Aufschwung zu organisieren. Andere Parteien wie die Grünen, die AfD | |
oder gar die FDP sind in diesem Szenario des Zweikampfs gar nicht | |
vorgesehen. Mal sehen, ob die sich daran halten. | |
## Mehr in Infrastruktur und Bildung investieren | |
Die SPD schießt sich schon mal auf den gewählten Hauptkonkurrenten ein: | |
„Lohnzurückhaltungen, Sozialabbau, Rentenkürzungen, die Einschränkung des | |
Streikrechts, die Privatisierung öffentlicher Infrastruktur oder auch die | |
Streichung öffentlicher Investitionen – diese Konzepte, wie sie vor allem | |
aus der CDU unter Friedrich Merz immer wieder präsentiert werden, sind der | |
falsche Weg für unser Land“, heißt es im Papier. | |
Man räumt zwar ein, dass die Wirtschaft seit zwei Jahren nicht wächst. Um | |
einen „neuen Aufschwung“ in Deutschland zu organisieren, wollen die | |
Sozialdemokraten mehr öffentliche Investitionen organisieren, in | |
Verkehrswege und Energieinfrastruktur, aber auch in [4][Kitas], Schulen und | |
Unis. Dafür will die SPD bestehende Möglichkeiten im Rahmen der geltenden | |
Schuldenbremse nutzen und strebt darüber hinaus eine „zielführende Reform | |
der Schuldenregeln“ an. | |
Eine Reform der Schuldenbremse hat die Partei bereits auf ihrem Parteitag | |
im vergangenen Jahr beschlossen. Auch die Idee eines Deutschlandfonds, der | |
privates und öffentliches Kapital für Investitionen einsammeln soll, ist | |
bereits Beschlusslage. Neu ist hingegen der Vorschlag, dass Unternehmen, | |
die in Deutschland investieren, steuerliche Vergünstigungen erhalten | |
sollen. Das erinnert stark an den [5][Inflation Reduction Act], mit dem die | |
Biden-Regierung über 400 Milliarden Dollar an Steuermitteln für | |
Investitionen in den USA bereitstellt. In welcher Höhe die SPD solche | |
Steuergutschriften für Produkte „Made in Germany“ plant, ist im Papier | |
allerdings nicht beziffert. | |
## Kampfansage an die FDP | |
Für Unternehmen will die Sozialdemokratie einen „dauerhaft | |
wettbewerbsfähigen“ Industriestrompreis und stellt in Aussicht, dass sich | |
der Staat an der Finanzierung des Netzausbaus beteiligt, etwa indem er | |
Anteile an den Unternehmen, die Infrastrukturen bereitstellen, erwirbt. | |
Um die schwächelnde heimische Automobilwirtschaft beim Absatz ihrer | |
Elektro-Autos zu unterstützen, wollen die Sozialdemokraten „Kaufanreize | |
prüfen“ und Leasing-Anbieter verpflichten, eine bestimmte Quote an E-Autos | |
anzubieten. Das Grundrezept gegen die Union lautet also: Entlastungen für | |
Unternehmen, aber auch mehr staatliche Kontrolle und vor allem „Kampf um | |
jeden Industriearbeitsplatz“. | |
Eine unverhohlene Kampfansage enthält das SPD-Papier auch an den | |
Koalitionspartner FDP: Das Rentenpaket, das im Koalitionsvertrag verankert, | |
von der Bundesregierung beschlossen und jetzt ausverhandelt sei, „muss noch | |
in diesem Jahr verabschiedet werden“. | |
13 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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