# taz.de -- Grab für strahlende Abfälle: Atommüll-Endlager bleibt genehmigt | |
> Ist radioaktiver Müll in Schacht Konrad für immer gut aufgehoben? | |
> Eigentlich nicht, findet selbst die Landesregierung. Gebaut wird | |
> trotzdem. | |
Bild: Die echten Atommüllbehälter sind hoffentlich sicherer und auch dichter … | |
Göttingen taz | Im [1][Widerstand gegen das geplante Atommüllendlager | |
Schacht Konrad] in Salzgitter müssen Umweltverbände einen Rückschlag | |
hinnehmen. Das niedersächsische Umweltministerium lehnte am Freitag einen | |
Antrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und des | |
Naturschutzbundes (Nabu) ab. Diese hatten erwirken wollen, dass das | |
Ministerium den Planfeststellungsbeschluss für den Bau des Depots für | |
schwach- und mittelradioaktive Abfälle zurücknimmt. Die Entscheidung sei | |
„nach intensiver juristischer und inhaltlicher Prüfung“ gefallen, hieß es | |
jetzt jedoch. Schacht Konrad kann damit zunächst weitergebaut werden. | |
Schacht Konrad ist ein ehemaliges Eisenbergwerk bei Salzgitter. Es war nur | |
12 Jahre in Betrieb und wurde 1976 geschlossen, der Erzabbau lohnte nicht | |
mehr. Danach ließ die Bundesregierung untersuchen, ob sich die | |
Schachtanlage als Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle | |
eignet. | |
Schwach- und mittelradioaktiver Abfälle machen den allergrößten Anteil – | |
rund 95 Prozent – am Gesamtvolumen des Atommülls in Deutschland aus. | |
Aktuell befinden sich rund 120.000 Kubikmeter solcher Abfälle in hiesigen | |
Zwischenlagern. Sie stammen aus der Medizin, der Forschung, der Industrie, | |
aber auch aus dem Betrieb und der Stilllegung von Atomkraftwerken – dazu | |
gehören kontaminierte Anlagenteile, Schutzkleidung oder Geräte. | |
Die abgebrannten Brennelemente aus den AKWs sind dagegen hochradioaktiv und | |
werden getrennt gelagert. Die [2][Suche nach einem geeigneten Endlager für | |
diese besonders stark strahlenden Abfälle] dürfte nach Informationen des | |
Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung noch 50 Jahre | |
dauern. | |
## Genehmigung von 2002 | |
Für Schacht Konrad startete das Genehmigungsverfahren als Endlager für | |
schwach- und mittelradioaktiven Müll 1982. Mehr als 70 Behörden und | |
Naturschutzverbände wurden um Stellungnahmen gebeten, rund 290.000 Bürger | |
erhoben Einwendungen. Im Mai 2002 erteilte das Land Niedersachsen die | |
Baugenehmigung, Klagen von Kommunen, Kirchen und Privatpersonen | |
scheiterten. Im Mai 2021 beantragten BUND und Nabu, unterstützt von einem | |
Protestbündnis, beim Land Niedersachsen, erneut, den | |
Planfeststellungsbeschluss – also die Bau- und Betriebserlaubnis – | |
zurückzunehmen beziehungsweise zu widerrufen und den Bau zu stoppen. | |
Sie verwiesen darauf, dass Schacht Konrad auf veralteten Planungen beruhe, | |
die nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprächen. In einem | |
vorläufigen Bescheid lehnte Landesumweltminister Christian Meyer (Grüne) | |
die Anträge im Dezember 2023 ab. Gegen diesen Bescheid gingen die | |
Umweltverbände mit einer neuerlichen ausführlichen Stellungnahme vor. | |
An seiner kritischen Haltung und derjenigen der rot-grünen Landesregierung, | |
sich ohne einen bundesweiten Standortvergleich auf ein Endlager Schacht | |
Konrad festzulegen, ändere seine Entscheidung nichts, betonte Meyer am | |
Freitag. Der Antrag der Umweltverbände sei aber nicht politisch, sondern | |
rechtlich zu prüfen gewesen. Es habe beurteilt werden müssen, „ob es 22 | |
Jahre später ausreichende Gründe gibt, die damalige Genehmigung zu | |
widerrufen oder zurückzunehmen“. | |
## Es kann noch weitergehen | |
Die von den Verbänden vorgebrachten Punkte hätten aber zu keinem anderen | |
Ergebnis geführt als im vergangenen Dezember, sagte Meyer. Die Anträge | |
würden als unzulässig beziehungsweise unbegründet bewertet. Gegen den | |
Bescheid können die Umweltverbände nun aber erneut Rechtsmittel einlegen. | |
Ob sie dies tun werden, sei noch offen, sagte BUND-Landesgeschäftsführerin | |
Tonja Mannstedt auf Anfrage. Aus ihrer Sicht seien die rechtlichen | |
Voraussetzungen sehr wohl gegeben, den Planfeststellungsbeschluss | |
widerrufen zu können. Schacht Konrad sei als Lager für schwach- und | |
mittelradioaktiven Atommüll ungeeignet, eine Langzeitsicherheit nicht | |
gegeben. „Radioaktive Abfälle in eine alte Eisenerzgrube zu bringen, ohne | |
Rückholbarkeit oder Reversibilität zu gewährleisten und ohne genaue | |
Kenntnis der geologischen Verhältnisse, ist unverantwortlich gegenüber | |
künftigen Generationen“, betonte Mannstedt. Die Entscheidung des | |
Ministeriums sei daher nicht nachzuvollziehen. | |
Das Endlager Schacht Konrad soll bis zu 303.000 Kubikmeter Atommüll | |
aufnehmen. Das ist allerdings zu wenig. Für die Abfälle aus dem | |
[3][havarierten Atommülllager Asse und die Rückstände aus der | |
Urananreicherung wäre in der Grube kein Platz.] | |
Kürzlich war zudem bekannt geworden, dass das Endlager noch einmal teurer | |
und später fertig wird als geplant. Statt wie zuletzt mit rund 4,4 | |
Milliarden rechnet die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) als Bauherr | |
und künftiger Betreiber [4][jetzt mit Kosten in Höhe von 5,47 Milliarden | |
Euro]. Im vergangenen Jahr hatte die BGE auch weitere Verzögerungen beim | |
Bau eingeräumt. Nicht 2027, sondern wohl frühestens 2029 kann das Endlager | |
demnach fertiggestellt sein. Seit Jahrzehnten wehrt sich eine breite | |
Allianz gegen das Endlager, die von Salzgitters Oberbürgermeister Frank | |
Klingebiel (CDU) über das Landvolk bis zur IG Metall reicht. | |
15 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Genehmigung-fuer-Endlager-bleibt/!5977907 | |
[2] /Verspaetung-bei-Suche-fuer-Atommuell-Loesung/!6025403 | |
[3] /Streit-um-das-Atommuell-Endlager-Konrad/!5980847 | |
[4] /Kostensteigerung-bei-Schacht-Konrad/!5975195 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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