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# taz.de -- Klimaanpassung im Stadtpark: Die Wüste lebt
> Lange war die Berliner Hasenheide als Partyort bekannt. Nun soll ein
> Projekt den Volkspark widerstandsfähiger gegen Trockenheit und Hitze
> machen.
Bild: August 2022: Hobbymusiker läuten einen Sommerabend auf trockenem Rasen e…
Als wilder Flecken galt die Hasenheide lange Zeit höchstens wegen der
Raves, des Drecks und der Drogen. Doch neuerdings zeigt sich auch manche
Wiese des Berlin-Neuköllner Volksparks ungezähmt. Zwischen wuchernden,
windzerzausten Halmen schießen Königskerzen, Stachelblumen, Wilde Möhren
und feuerfarbene Fackellilien empor. Auf den Färberkamillen hocken so viele
Hummeln, dass sich die Blüten biegen, und um die Gräser flattern
Ameisenbläulinge und Schwalbenschwänze.
Schmetterlinge in der Hasenheide. Von ihnen hatten Fachleute bei einer
Begehung im Sommer 2022 nicht einen einzigen Tagfalter gezählt. Lange Zeit
sah man nur kahlgelatschten Rasen und nackte Stümpfe, fast jeder zehnte
Baum musste infolge der letzten Hitzesommer gefällt werden.
Nun, im Sommer 2024, erinnert der Anblick an unberührte Natur – was sie
derzeit auch ist. Bauzäune schützen viele der Wiesen, kein Besucher darf
rauf. Die Zäune sind die sichtbarsten Zeichen des Projekts „Klimaresiliente
Hasenheide“. 5,5 Millionen Euro zahlen der Bund und der Bezirk Neukölln für
das Ziel, das Baumsterben zu stoppen und den Park an steigende Temperaturen
und zunehmende Dürreperioden anzupassen.
Forschende begleiten die Maßnahmen und messen deren Erfolg. Vielleicht
lässt sich etwas ableiten für andere Grünanlagen im Land, von denen laut
einer Studie der Technischen Universität Berlin etliche in „alarmierendem“
Zustand sind.
In der Lokalpresse kommentierten Leser das Projekt von Beginn an skeptisch:
„Ausgerechnet die Hasenheide, die von den Anwohnern ohne Gemeinsinn
vermüllt und verwüstet wird“, schreibt jemand, „Prognose: Das alles ist
innerhalb eines Sommers kaputt“, ein anderer. Die Hasenheide, deren Grün
und Ruf gleichermaßen ramponiert sind, soll vormachen, wie sich unsere
Stadtnatur retten lässt. Ein kühner Plan, der im Mai 2022 Fahrt aufnahm.
## Frühling 2022
Im Park balzen die Amseln, doch statt ihres Gesangs schallt der Ruf
„Gewinne, Gewinne, Gewinne“ über die Wiesen und das Kreischen von
Teenagern, die im „Freefall Tower“ in die Tiefe stürzen. In der Hasenheide
[1][steigen die „Maientage“]. Das Volksfest findet zum 55. Mal statt.
[2][Es ist das letzte Mal].
Maientage-Chef Thilo-Harry Wollenschläger zapft gerade Bier – dann schäumt
er selbst los: Vor wenigen Monaten erst habe man ihn über das
„Klimaresilient“-Projekt und das damit verbundene Aus für die Maientage
informiert. „Als seien wir Schausteller schuld am Klimawandel!“ Er radelte
extra durch den Park und schoss Fotos. „Der Boden sieht nirgends anders
aus, der ist überall tot. Das sind nicht wir – das ist die Erderwärmung.“
Sein Vater gründete einst die Maientage. „Wir sind eine kulturelle
Begegnungsstätte, schau dich um!“ Großfamilien, Mädchengruppen mit
Kopftüchern, Menschen jeder Hautfarbe strömen vorbei. Dieses Jahr kämen so
viele Besucher wie nie, sagt er, „Sie wollen sich die Maientage nicht
verbieten lassen, haben mit den Füßen abgestimmt.“
Die vielen Füße sind das Problem, sie zertrampeln die Wiesen. Und zum Auf-
und Abbau des 300-Tonnen-Riesenrads rollen 15 Sattelschlepper übers Gras.
Derart verdichtete Böden heizen sich im Sommer auf, was Organismen sterben
lässt, vor allem sickert kaum Regen zu den Wurzeln. Stattdessen bilden sich
Pfützen, in denen halbe Hunde versinken.
Ende Mai feiert die Hasenheide Projektauftakt. Neuköllns
Bezirksbürgermeister spricht vom „schönsten Park der Stadt“, sein
Umweltstadtrat sagt, der Umbau sei „ein Generationenprojekt, aber so viel
Zeit haben wir nicht“. Neben der Klimakrise drängelt das Bundesamt für
Bauwesen und Raumordnung, das als Förderer vorschreibt, die Millionen bis
2025 zu verbuddeln und verbauen.
Auf Pinnwänden lesen die Bürger erste Ideen: Böden sollen gelockert,
Klimawiesen gesät, dürrefeste Bäume gepflanzt werden. Manche pinnen eigene
Vorschläge an, „Ökotoiletten“, „Humusaufbau“. Ein Mann fragt skeptisc…
viel Geld in den Taschen der Planer lande, eine Frau gibt zu bedenken:
„Wenn man mehr pflanzt, kostet hinterher auch die Pflege mehr. Ist das mit
abgesichert?“ Tatsächlich wird das Gärtnerteam nicht aufgestockt.
Eine junge Frau mit knallroter Frisur wünscht sich im Park eine andere
Feierkultur. „Ich liebe Techno, aber nicht, wenn er alles vermüllt.“ Als
Corona die Clubs lahmlegte, [3][tanzten in mancher Nacht] 3.000 Leute vor
provisorischen DJ-Pulten und stampften zu den Beats das Unterholz kaputt.
Am Morgen glitzerten die Parkwiesen vor Scherben und Kronkorken.
Bevor er hier anfing, sagt später der Gärtner, der im Park die Müllrunden
dreht, „habe ich nicht gewusst, wie viel Zeug in einer einzigen Anlage
rumliegen kann“. Matratzen, Couchteile, Einkaufswagen, pralle Abfallsäcke
und ein Traktorreifen landen auf der Ladefläche seines Lasters. Nicht nur
Hitze setzt der Hasenheide zu.
## Sommer 2022
Während das Grün des Parks verdorrt, sprießen drum herum Neubauten. Im
Norden drängeln frische Townhouse-Türme um den Park, ihre idyllischen
Gärtchen mit Blumen und Buddelkästen grenzen scharfzackige Metallzäune zum
Park ab, damit kein Fremder das teure Wohnglück stört.
Yusuf Duran, 55, lebt in keinem Haus mit Garten. Er und seine Kumpels
lassen ihre Tulpen in der Hasenheide blühen. Vor 20 Jahren haben sie, ohne
die Parkverwaltung zu fragen, am Rand einer Wiese einfach losgelegt.
Inzwischen gedeihen auch Quitten, Paprika, Nüsse. Ihr „osmanischer Garten“,
sagt Duran, versetze ihn in seine Kindheit in Yozgat, Anatolien, „Ich bin
Bauernsohn.“ Seine Mitstreiter stammen aus anderen Ecken der Türkei, sind
Kurde, Türke, Alevit. „Wir haben uns im Park kennengelernt.“
Im Projektplan heißt die Wiese im Parksüden „Steppe“, das trockene
Stoppelgras kitzelt und knistert beim Drüberlaufen. Doch die Steppe lebt.
Es klimpern Bierflaschen und Gitarren, eine Crossfit-Gruppe folgt
schwitzend ihrer Anleiterin, die „Stay strong!“ ins Headset ruft. Eine
ältere Dame sammelt Ginkgoblätter, um daraus Tee zu brauen, „gut fürs
Gedächtnis“, sagt sie. Muslimische Mütter sporteln in langen Gewändern,
während sich im Nackteneck die Swinger räkeln.
Als an einem Augustabend eine türkische Hochzeit steigt und Girlanden in
den Zweigen hängen, rücken junge Leute auf ihren Decken immer dichter an
die Feier heran, bis man ihnen Glitzerkettchen umhängt und sie beim
Bauchtanz mitmachen, der sei, erzählt ein Hochzeitsgast, in der Türkei ein
Gesellschaftstanz.
Der „Nutzungsdruck“ gilt als mitverantwortlich für den miesen Parkzustand.
Zugleich zeigt der Zulauf, dass der Stadtpark, als Ort für alle, ein
Erfolgsmodell ist. „Wichtig ist, dass sich Menschen unterschiedlicher
Herkunft und sozialer Stellung im Alltag begegnen“, schreibt der
US-amerikanische Philosoph Michael Sandel zum Wert öffentlicher Plätze. „So
lernen wir, mit unseren Unterschieden umzugehen.“ Mag das Volk vereinzeln
und [4][sich spalten], im Volkspark trifft es sich.
Zubetonierte Innenstadtplätze dürften dagegen zusehends verwaisen – weil
die Klimakrise sie zu Backöfen macht. In dicht bebauten Vierteln herrschen
während Hitzewellen bis zu zehn Grad höhere Temperaturen als drum herum,
was gerade ältere Einwohner gefährdet. Mit einer Verdopplung der
Stadtbäume, heißt es im Medizin-Fachjournal The Lancet, ließe sich die Zahl
urbaner Hitzetode um fast 40 Prozent verringern. Auch in der Hasenheide
konnten die Projektplaner mit Drohnenflügen messen, dass der Park die
angrenzenden Straßenzüge merklich kühlt.
Das Berliner Institut für ökologische Wirtschaftsforschung berechnete den
gesellschaftlichen Nutzen von Parks, auch der Hasenheide. Die erbringt
demnach jährlich Leistungen für 3,4 Millionen Euro, weil sie Starkregen
aufnimmt und die Kanalisation entlastet, weil ihre Bäume Treibhausgase und
Schadstoffe filtern. Vor allem aber, weil sie „Erholungsraum und sozialer
Treffpunkt“ sei.
Was im Park auffällt: die vielen eingeschleppten Stühle und Tische, die auf
den Wiesen stehen und an Bäumen lehnen. Manche sind mit Schloss gesichert,
die Violinistin, der Trommler und der Saxofonist haben ihre Sessel mit
Edding markiert, „Hasenheide-Band am Ahornbaum 24“. Man kann die
verstreuten Sitzmöbel als freche Aneignung des Parks sehen. Oder als
Symbol. Wer hier seinen Platz gefunden hat, gibt ihn nicht mehr her.
## Herbst 2022
Michael Lüdicke passt auf, dass keinem die Klimakrise auf den Kopf kracht.
Der 53-jährige Parkgärtner mit Zusatzschein als Baumkontrolleur inspiziert
das Jahr über alle 4.384 Bäume der Hasenheide auf Schäden. Nach dem letzten
fängt er von vorne an. [5][Im Trockenstress] werfen Bäume Äste ab, halten
Herbststürmen, Parasiten, Pilzen nicht mehr stand. Sterben Bäume, sterben
manchmal Menschen, wie 2018 im Berliner Grunewald, als ein kranker
Spitzahorn eine Frau erschlug.
Lüdicke stochert in Astlöchern und klopft gegen die Stämme, um zu prüfen,
wie stark der Pilz sie ausgehöhlt hat. Oft klickt er auf das Blitz-Symbol
seiner Tablet-App, das für „Neue Befunde“ steht. „Totholz und offene
Astungswunden“, notiert er für die „0345“, eine 74-jährige Stieleiche. …
gibt kaum einen Baum, der nichts mehr hat“, sagt Lüdicke. Zwei Drittel des
Bestands gelten als geschädigt. Mancher Baum lässt sich durch Einknipsen
der Krone retten. Hilft das nicht, wird ein weiterer Schattenspender zum
Stumpf.
Johann Senner, Mitte 60, passionierter Barfußgänger, soll den Schwund
stoppen. Der für das Projekt beauftragte Landschaftsarchitekt hat extra auf
einer Parkbank genächtigt, um zu erleben, „wie die Hasenheide schlafen geht
und erwacht“, sagt er. Auf den Nachbarbänken lagen zwei Wohnungslose, gegen
6 Uhr weckte ihn das Krächzen der Krähen, sie zankten um Reste in
Pizzakartons.
Möglicherweise erinnerte ihn die Szene an das Gezerre mit seinem Bauherrn,
dem Neuköllner Grünflächenamt. In der heißen Planungsphase ringen beide
Seiten um das Konzept: Senners Leute wollen den Park auch ästhetisch
gestalten, während das Amt alle Maßnahmen darauf abklopft, ob sie der
Klimaresilienz helfen und sich vor allem im Förderzeitraum umsetzen lassen.
So fliegen einige Tischtennisplatten aus dem Plan und die Amtsleute rollen
mit den Augen, wenn Senner wieder von seiner Vision anfängt, [6][das
Badewasser des benachbarten Freibads in den Park zu leiten]. Als
Verwaltungsprofis sehen sie sofort die hohen rechtlichen Hürden und die
zähe Bürokratie. „Schöne Idee, aber hilft uns jetzt nicht weiter“, heiß…
in den Runden oft.
Mit der Klimakrise drohen Verteilungskämpfe ums Trinkwasser, Parks lassen
sich damit nicht mehr ewig gießen, sie müssen besser allein klarkommen.
Deshalb sollen in der Hasenheide bald dürrerobuste Arten wie Zerreiche und
Krimlinde wachsen. Zudem werden Lupine und Klee gesät, sie wurzeln tief und
schnell, was die verdichteten Böden aufbricht, den Bäumen mehr Feuchte und
Sauerstoff beschert und sie somit kräftigt.
Nicht gegen jedes Problem wächst ein Kraut. Amt und Architekten grübeln,
wie sie ihre Maßnahmen „vandalensicher“ machen. Die knapp 400 neuen
Bäumchen brauchen viel Wasser, sollen sie Regner installieren? „Die werden
rausgerissen!“, ruft jemand in der Runde. Was ist mit Gießsäcken? „Die
Leute schlitzen sie auf.“ Wollen sie Infoschilder aufstellen? „Die werden
zerkratzt, beschmiert.“ Zum Schutz der Flächen sei nachhaltiger Naturzaun
gut, allerdings ist der aus Holz – „Der wird als Brennmaterial geklaut!“
Die Hasenheide sei schon ein hartes Pflaster, sagt einmal eine Planerin.
Als sie in einer Anhöhe des Parks etliche Löcher entdeckte, dachte sie an
Fuchsbaue. Dabei verstecken Dealer ihre Ware darin.
## Winter 2022
Das Rekordhitzejahr endet mit einem Haufen Arbeit: Rund fünf Meter hoch
ragt das Laub und Holz der dahingerafften Bäume und Sträucher auf dem
Bauhof des Parks. Früher, erzählt ein älterer Gärtner, haben sie das Zeug
verbrannt. Heute lernen die jungen Kollegen in der Ausbildung: von der
Pflanze für die Pflanze. Der Berg landet schaufelweise im Häcksler, um
nachher als Mulch den Parkboden mit Nährstoffen zu düngen und Feuchte
länger in der Erde zu halten, als Teil des „Humus-Intensiv-Programms“ des
Projekts.
Das Netz an Trampelpfaden sollen künftig Weißdorn und ähnlich stachlige
Sträucher eindämmen, das läuft unter „Besucherlenkung“. Die allerkahlsten
Flächen sparen die Planer beim Begrünen eher aus, weil sowieso nichts
wüchse. Tag und Nacht stehen und sitzen dort Dutzende Männer und alle
warten auf Kundschaft. Die Polizei zählt die Hasenheide zu den wichtigsten
Drogenverkaufsplätzen der Stadt.
„Bei den ganzen Dealern? Ist doch gefährlich!“, bekommt Michaela Hecht, die
Chefgärtnerin der Hasenheide, immer wieder zu hören. Die 50-Jährige spricht
öfters mit den Drogenhändlern. „Es nervt sie, nicht richtig arbeiten zu
dürfen“, berichtet sie. Die Männer passen auf ihr Dienstauto auf, wenn sie
es kurz abstellt, manchmal drückt sie ihnen Müllgreifer in die Hand. Hecht
sagt: „Es ist auch ihr Park, sie sind jeden Tag hier.“
## Frühling 2023
Arbeiter baggern Gruben für die ersten neuen Bäume und werden ihrerseits
von Passanten gelöchert. „Entschuldigung, was passiert hier?“ „Das wird
aber nicht zubetoniert, oder?“ „Neue Bäume, gut, die alten kommen aber
nicht weg?“ Manche klingen besorgt, als fragten sie nach einem erkrankten
Freund.
Nach dem Einpflanzen werden die Gruben nicht mit dem alten Sand aufgefüllt,
sondern wie eine Lasagne Schicht für Schicht gestaltet: mit wasserstauender
Tonschicht, Pflanzenkohlesubstraten und nährstoffreicher Muttererde.
Spezielle Splittzylinder sollen die Wurzeln in tiefere und damit feuchtere
Bodenzonen locken. Angelegt werden verschiedene Varianten der Baumgruben,
um später zu ermitteln, bei welcher Baum und Boden am besten harmonieren.
## Sommer 2024
Gesunde Bäume, die einander Schatten spenden. Eine üppige, artenreiche
Vegetation, die sich ihr eigenes, feucht-mildes Klima schafft und
benachbarte Wohnquartiere kühlt. Vereine, die sich zum Schutz der Falter im
Park gründen. Eichen, die sich allein vermehren. So malt sich Johann
Senner, der Parkgestalter, die Zukunft der Hasenheide aus.
Er findet, die Weichen sind gestellt. Bei einer Begehung schreitet er
barfuß über den gesäten Kräuterrasen, Schafgarbe und Klee sollen ihn
trittfest machen. „Sensationell“, sagt Senner über die
Schmetterlingsschwärme zwischen den brusthohen Wilden Möhren. In der
Steppe, die wohl bald einen neuen Namen braucht, wachsen auch viele der
Klimabäumchen. Jedes trotzt auf seine Art der Dürre, die Silberlinde etwa
kann mit ihren silbrigen Blättern Sonnenstrahlen reflektieren.
Auf Drängen des Grünflächenamts wurden die Wegränder abgesenkt. So fließt
Regen von den Wegen und Senken besser in die Vegetation. Dagegen lässt sich
der angedachte Brunnenbau wegen Schadstoffen im Grundwasser in der
Projektzeit nicht umsetzen. Gleiches gilt für den Wunsch, das Freibadwasser
und Regenwasser von Nachbargrundstücken in den Park zu leiten. Immerhin
sind Machbarkeitsstudien in Gang.
Der Trinkwasserbedarf, der langfristig sinken soll, steigt somit zunächst.
[7][Junge Bäume im Anwuchs sind durstig]. Obwohl der Park keine
Springbrunnen hat, sieht man derzeit viele Fontänen: Das Gärtnerteam
wässert mit Feuerwehrgerät, das 2.000 Liter pro Minute verschießt. Das Amt
braucht nach Projektende mehr Geld als bisher, um den erhöhten Aufwand
durch die vielen Neupflanzungen zu stemmen.
Die Natur zurückkehren zu lassen, damit diese sich selber hilft und
versorgt, ist eher kein Ziel, das sich in ein paar Projektjahren schaffen
lässt, das zeigt das Neuköllner Experiment. Stattdessen sind Ämterbudgets
und Gärtnerpersonal dauerhaft aufzustocken, um Stadtparks durch die
Klimakrise zu führen.
Der größte Etappenerfolg für die Hasenheide-Planer: was bisher alles nicht
geschah. Kein Jungbaum wurde entwurzelt, kein Stützpfahl verfeuert, auch
die Zäune blieben heil. Die Parkgäste scheinen zu akzeptieren, dass man sie
von manchen Flächen aussperrt. Nächstes Jahr verschwinden die Zäune und
alle schwärmen zurück auf die Wiesen, die sich gerade prächtig erholen.
Halten sie dem Ansturm stand?
Im finalen Bauabschnitt ab Herbst steht unter anderem die Gestaltung der
Eingänge an, mit neuen Bänken, Stauden, Schattenplätzen. Der Park, der
unter den vielen Menschen leidet, soll künftig noch einladender wirken. Das
dies kein Widerspruch sein muss, auch dies lehrt die Hasenheide. Ihren
alten Rosengarten zieren weiße Pergolen und gehegte Beete – und niemand
vergreift sich daran.
Je hübscher der Park, desto mehr achten ihn die Leute, hoffen die Planer.
„Wenn das, was in der Hasenheide entsteht, niemandem gefällt, geht sie
kaputt“, sagt Johann Senner. Neben Wilden Möhren und Klimabäumen muss
Rücksicht wachsen, damit das Projekt Parkwende glückt.
28 Aug 2024
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