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# taz.de -- WHO ruft Gesundheitsnotstand aus: Die Angst vor Mpox
> Über 500 Menschen sind in der DR Kongo dieses Jahr bereits an
> „Affenpocken“ gestorben. Kern des Ausbruchs liegt in einem
> Goldgräbergebiet im Osten.
Bild: Munigi bei Goma im Osten der DR Kongo: Ein Arzt untersucht einen kleinen …
Berlin taz | Es ist die höchstmögliche internationale Alarmstufe in der
Gesundheitspolitik: der weltweite Gesundheitsnotstand. [1][Die
Weltgesundheitsorganisation WHO hat diesen nun ausgerufen], im Hinblick auf
den laufenden Mpox-Ausbruch in der Demokratischen Republik Kongo.
„Die Feststellung und rapide Ausbreitung eines neuen Mpox-Stranges im
Ostkongo, seine Feststellung in Nachbarländern, die Mpox bislang nicht
gemeldet hatten, und das Potential weiterer Ausbreitung in Afrika und
darüber hinaus sind sehr besorgniserregend“, [2][sagte WHO-Generaldirektor
Tedros Adhanom Ghebreyesus] vor der Presse am Mittwochabend nach einer
Sondersitzung des zuständigen WHO-Gremiums. Man werde jetzt „die globale
Antwort koordinieren“ und mit den betroffenen Ländern arbeiten, „um
Übertragungen vorzubeugen, Infizierte zu behandeln und Leben zu retten“.
Mpox – die Abkürzung des englischen Begriffs für Affenpocken, die heute
anstelle dieses für eine menschliche Erkrankung missverständlichen Namens
verwendet wird – wütet derzeit in der Demokratischen Republik Kongo: Allein
dieses Jahr gab es bislang 548 Tote bei 15.664 Fällen nach Angaben des
Gesundheitsministeriums vom Donnerstag, was auf 14.626 Fälle und 654 Tote
im gesamten Vorjahr folgt.
Seit einem Monat werden auch Infektionsfälle in den Nachbarländern Burundi,
Ruanda, Uganda sowie Kenia festgestellt – eine unkontrollierbare
Ausbreitung wird befürchtet.
## Die Sterblichkeitsrate steigt
Das Afrikanische Zentrum für Krankheitsbekämpfung und Schutzmaßnahmen
(Africa CDC), gesundheitspolitisches Organ der Afrikanischen Union,
[3][rief deswegen schon am Dienstag den afrikaweiten Gesundheitsnotstand
aus]. Die Gesamtzahl der Verdachtsfälle in Afrika dieses Jahr, hieß es zur
Begründung, liege bei über 17.000 – mehr als die 14.957 im Jahr 2023.
Man stelle eine steigende Sterblichkeit fest, die an dem Zusammenhang
zwischen Mpox und HIV-Aids liege: Mpox wird zwischen Menschen zumeist durch
engen Hautkontakt und Geschlechtsverkehr übertragen, schwere oder tödliche
Verläufe treten fast nur bei Kleinkindern oder Menschen mit geschwächten
Immunsystemen auf.
Mpox war lange eine Nischenkrankheit, eine milde, wenn auch im Verlauf sehr
unangenehme Form der viel tödlicheren Pockeninfektion. Das Ende der
globalen Pockenschutzimpfungen seit Ausrottung der klassischen Pocken 1980
hat die Ausbreitung anderer Pockenformen begünstigt.
In Nigeria wurde Mpox ab 2017 gehäuft festgestellt und ab Juli 2022, noch
während der globalen Covid-19-Pandemie, plötzlich global – „in Ländern, …
zuvor keine Fälle bemerkt hatten, insbesondere unter Männern, die
Geschlechtsverkehr mit Männern hatten“, so WHO-Generaldirektor Tedros im
Vorwort zum geltenden [4][Mpox-Strategiepapier der WHO].
Das war insbesondere in den USA und in Brasilien, und daher rührt eine bis
heute nachwirkende Kampagne, die Mpox als Schwulenkrankheit charakterisiert
und die Stigmatisierung von Erkrankten fördert.
Am 23. Juli 2022 rief die WHO schon einmal den internationalen
Gesundheitsnotstand wegen Mpox aus, um globale Maßnahmen zu koordinieren.
Mit Erfolg – fast überall gingen die Neuinfektionen stark zurück. Am 10.
Mai 2023 wurde der Notstand wieder aufgehoben, nach 92.000 Fällen in 117
Ländern, über 33.000 davon in den USA und über 11.000 in Brasilien.
„Doch Afrika erhielt nicht die dringend benötigte Unterstützung in dieser
Zeit“, moniert jetzt das Africa-CDC: „Global sanken die Fallzahlen, aber
die eskalierenden Zahlen in Afrika wurden weitgehend ignoriert.“
## Neue Mutation im Goldgräberrevier
Denn während dieser Ausbruch ausschließlich die milde westafrikanische
Variante 2b betraf, regte sich im Herzen Afrikas eine Mutation der
gefährlicheren zentralafrikanischen Variante 1. Am 16. Dezember 2022 riefen
Kongos Gesundheitsbehörden eine „landesweite Mpox-Epidemie“ aus. Das
Auftreten der neuen Variante stellten Mediziner laut WHO im April 2023 in
der westkongolesischen Provinz Kwango fest, im September 2023 in der
ostkongolesischen Provinz Süd-Kivu – im Goldgräberrevier von Kamituga, wo
ungeschützter Sex weitverbreitet ist.
Am 1. Juni 2024 wurde eine Ausbreitung in die Nachbarprovinz Nord-Kivu
festgestellt, in der Provinzhauptstadt Goma bei einer 19-Jährigen, die
zuvor nach Süd-Kivu gereist war.
Die in fast allen Landesteilen bestätigte neue Mutation ist laut WHO an
schnellere Mensch-zu-Mensch-Übertragung angepasst. Dies dürfte auch die
Ausbreitung über Kongos Grenzen hinaus erklären. Ob sie auch tödlicher ist,
bleibt unklar, aber die Sterblichkeit in der DR Kongo liegt mit aktuell
rund 4 Prozent deutlich höher als bei vorherigen Ausbrüchen.
Der globale Gesundheitsnotstand hat nun weniger mit Befürchtungen einer
globalen Ausbreitung der Seuche zu tun, die längst behandelbar und
vermeidbar ist. Sie soll der WHO ermöglichen, Maßnahmen und Mittelfreigaben
für die Mpox-Bekämpfung zu koordinieren.
## Kongo hat noch viel mehr Gesundheitsprobleme
In der kriegsgeschüttelten DR Kongo selbst ist Mpox sicherlich nicht das
größte Problem. Von den 110 Millionen Einwohnern leben über 40 Millionen in
„ernster Ernährungsunsicherheit“, über 25 Millionen sind auf humanitäre
Hilfe angewiesen, rund 7 Millionen sind Kriegsvertriebene. Malaria ist die
häufigste Todesursache bei Kleinkindern. In der ersten Jahreshälfte 2024
wurden im Land 1.523 Maserntote gemeldet, viel mehr als Mpox-Tote.
In weiten Teilen der DR Kongo gibt es keine funktionierende
Gesundheitsversorgung, vor allem in entlegenen Gebieten wie Kamituga.
[5][Die Ebola-Pandemie 2018–19] im Osten des Landes mit 2287 offiziell
bestätigten Toten und scharfen Schutzmaßnahmen ist den Menschen in frischer
Erinnerung, ebenso [6][die vielen Covid-19-Toten] und die Abriegelung des
öffentlichen Lebens in mehreren Zeitabschnitten zwischen 2020 und 2022.
Kongos Gesundheitsbehörden würden nun gerne große Impfkampagnen
durchführen. Das wäre nicht nur wegen Mpox dringend geboten.
15 Aug 2024
## LINKS
[1] https://www.who.int/news/item/14-08-2024-who-director-general-declares-mpox…
[2] https://www.who.int/director-general/speeches/detail/who-director-general-s…
[3] ttps://africacdc.org/news-item/africa-cdc-declares-mpox-a-public-health-eme…
[4] https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/376839/9789240092907-eng.pdf?se…
[5] /Ein-Jahr-Ebola-Virus-im-Kongo/!5610235
[6] /Covid-19-in-Afrika/!5671067
## AUTOREN
Dominic Johnson
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