# taz.de -- Ampel einigt sich auf Haushalt: Haushalt steht, Schuldenbremse auch | |
> Bis in den Morgen wurde verhandelt. Nun steht eine Einigung beim | |
> Haushalt. In einem wichtigen Punkt konnte sich die FDP durchsetzen. | |
Bild: Sehen aktuell wohl unausgeschlafener aus als auf dem Bild: Wirtschaftsmin… | |
Berlin taz/dpa | Die Spitzen der Ampel-Koalition haben [1][nach langen | |
Verhandlungen einen Durchbruch beim Bundeshaushalt 2025] und beim | |
Wachstumspaket erzielt. Die Einigung zum Bundeshaushalt 2025 und zum | |
Finanzplan bis 2028 sieht vor, dass die Schuldenbremse eingehalten wird. | |
Eine Notlage wurde demnach nicht festgestellt. | |
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Linder (FDP) und | |
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatten sich Donnerstag dreimal | |
getroffen und dann die Nacht durch bis 5 Uhr morgens durchgemacht. Zu 7 Uhr | |
hatten sowohl die SPD-Fraktion als auch die Grünen zu Sondersitzungen | |
eingeladen. Als die SPD-Abgeordneten rund eineinhalb Stunden später den | |
Sitzungssaal verließen, waren die Augen müde, die Stimmung aber den | |
Umständen entsprechend gut. | |
Ein Papier mit Details hatten sie zwar noch nicht vorliegen. Was | |
Bundeskanzler Scholz ihnen erläutert hatte, schien ihnen jedoch gefallen zu | |
haben: Der [2][Klima- und Transformationsfonds ist gesichert], ebenso das | |
Wohngeld und auch das Rentenpaket, Kindergeld und Kinderzuschlag sollen | |
weiter erhöht werden. „Andere waren der Meinung, dass nur der | |
Kinderfreibetrag erhöht werden solle, da haben sich Sozialdemokratinnen und | |
Sozialdemokraten durchgesetzt“, so Fraktionschef Rolf Mützenich nach der | |
Sitzung. | |
Auch Fraktionsvize Sönke Rix war froh gestimmt. „Für uns war wichtig, dass | |
es keine Leistungskürzungen für Menschen geben wird, sagte er der taz. „Man | |
kann also nicht sagen, dass sich die FDP durchgesetzt hat, im Gegenteil.“ | |
## Pistorius wollte mehr | |
Doch für eine Gruppe wird es wohl ungemütlicher: die Bezieher:innen von | |
Bürgergeld. Für sie, so heißt es, sollen [3][Sanktionen verschärft] und das | |
Schonvermögen verringert werden. | |
Auch der Zuschlag für den Etat von Bundesverteidigungsminister Boris | |
Pistorius (SPD) fällt wohl geringer aus als angemeldet. Die Ampelspitzen | |
setzen darauf, die Unterstützung der Ukraine nun auch aus eingefrorenen | |
russischen Vermögen zu finanzieren – was den Etat des | |
Verteidigungsministers entlasten würde. | |
Er sei froh, dass es vor Beginn der Sommerpause einen Haushalt gebe, sagte | |
Mützenich. Das sieht er auch als sein Verdienst: „Nur weil die | |
SPD-Bundestagsfraktion darauf bestanden hat, vor der Sommerpause Klarheit | |
zu bekommen, ist es überhaupt zu dieser Sitzung gekommen“, so Mützenich – | |
und stichelt in Richtung FDP und Finanzminister: Dass der Kanzler sich so | |
früh in die Haushaltsberatungen habe einschalten müssen, „spricht nicht | |
unmittelbar für denjenigen, der für den Haushaltsentwurf die Verantwortung | |
trägt“. | |
Als Verlierer sieht sich die FDP beileibe nicht. FDP-Fraktionschef | |
Christian Dürr sagte der taz: „Die Schuldenbremse wird eingehalten und es | |
wird eine echte Wirtschaftswende geben.“ Mit der Haushaltseinigung sei die | |
Bundesregierung auf dem Kurs einer soliden Finanzpolitik, so Dürr. „Es ist | |
ein Markenzeichen dieser Koalition, dass wir von der Finanzpolitik der | |
Großen Koalition abgekehrt sind und die Schuldenbremse einhalten. | |
## FDP zufrieden, Grüne eher nicht | |
Es sei kein Geheimnis, dass die FDP im politischen Raum „hier und da | |
oftmals alleine“ dastehe. Außerdem habe man eine Wirtschaftswende | |
vereinbart, die das Wachstumspotential ganz deutlich erhöhen müsste. Es | |
werde Arbeitsanreize geben und insbesondere bei der Einwanderung werde man | |
sich darauf konzentrieren, „dass Einwanderung in den Arbeitsmarkt | |
stattfindet und nicht in die sozialen Sicherungssysteme“, so Dürr. | |
Bei den Grünen war die Stimmung gedämpfter. Man sei froh darüber, dass es | |
beim Klima und bei Kindern wohl nicht zu Verschlechterungen kommen werde, | |
hieß es, sehe die geplanten Verschärfungen beim Bürgergeld aber kritisch. | |
Auch die Grünen waren um 7 Uhr zu einer Sondersitzung der Fraktion | |
zusammengekommen, Habeck informierte die Abgeordneten über die Ergebnisse. | |
Vor der Tür bekundeten zahlreiche Parlamentarier:innen am Rande, wie | |
froh sie mit Blick auf die Lage in Frankreich und den USA seien, dass man | |
sich überhaupt auf einen Haushalt geeinigt habe. | |
Fraktionschefin Katharina Dröge signalisierte in einer ersten Stellungnahme | |
im Anschluss der Sitzung, dass die Grünen das Ergebnis mittragen könnten. | |
Kinder würden mehr unterstützt, auch die Kitafinanzierung werde auf sichere | |
Füße gestellt. Die Wirtschaft würde durch wichtige Wachstumsimpulse | |
unterstützt und die „Erfolgsgeschichte“ der erneuerbaren Energien werde | |
weitergehen. | |
## Nach dem Kabinett ist das Parlament am Zug | |
Unzufrieden äußerte sich Dröge mit Blick auf die Mittel für die Innere und | |
Äußere Sicherheit und die humanitären Hilfe: „Da wird der Haushalt aus | |
unserer Sicht der Lage nicht gerecht.“ Auch habe man sich eine Reform der | |
Schuldenbremse sehr gewünscht. „Wir hätten uns gewünscht, dass wir auch mit | |
der Union, mit Friedrich Merz, hätten sprechen können, gerade mit Blick auf | |
eine Reform der Schuldenbremse, damit der Haushalt hier die Realität des | |
Landes besser abdeckt“, sagte Dröge. | |
Dröges Co-Vorsitzende Britta Haßelmann betonte, nach der sitzungsfreien | |
Zeit würden die Haushaltsberatungen des Parlaments erst beginnen. „Wir | |
stehen vor schwierigen Haushaltsplanberatungen“, so Haßelmann. Man werde | |
diese nutzen, um zu sehen, wie man internationale Verpflichtungen und die | |
Verantwortung im Inneren für die Sicherheit sichern könne. Ganz zufrieden | |
äußerte sich Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, der wie alle grünen | |
Kabinettsmitglieder an der Sitzung teilnahm. Sein Etat sei „weitgehend | |
verschont“ worden. | |
Parallel zum Haushalt hatten Scholz, Habeck und Lindner auch über ein | |
sogenanntes Dynamisierungspaket für die Wirtschaft verhandelt. Es soll | |
Wachstum ankurbeln, indem Unternehmen von Steuern und Bürokratie entlastet | |
werden. Dem Vernehmen nach soll es auch Steuervergünstigungen für | |
Überstunden geben, eine Forderung der FDP. | |
## Sparen und Lücken füllen | |
Die drei Politiker hatten in den vergangenen Wochen immer wieder | |
verhandelt. Sie hatten eigentlich bis zu diesem Mittwoch eine Verständigung | |
schaffen wollen. Jetzt ist der 17. Juli für den Kabinettsbeschluss im | |
Gespräch. | |
Um diesen Termin zu erreichen, war eine baldige Grundsatzeinigung nötig, | |
weil die Ausarbeitung des Haushaltsgesetzes in der Regel noch etwa zehn | |
Tage dauert. Ab Mitte September befasst sich der Bundestag mit dem | |
Haushaltsentwurf, der dann im November oder Dezember beschlossen werden | |
könnte. | |
Einzelne Ressorts wie das Auswärtige Amt oder das Entwicklungsministerium | |
wollten [4][Sparvorgaben Lindners] mit Blick auf internationale | |
Verpflichtungen zunächst nicht akzeptieren. Strittig war auch der | |
Sozialetat. Daneben bestand immer noch eine Lücke von rund 10 Milliarden | |
Euro, die geschlossen werden musste. Vor allem die SPD drang mit Blick auf | |
[5][finanzielle Belastungen durch den Ukraine-Krieg, die Schuldenbremse | |
erneut auszusetzen], um mehr Spielraum für Investitionen zu haben. Für | |
Lindners FDP kam das nicht infrage. Die SPD lehnte Kürzungen im Sozialetat | |
ab. | |
5 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Haushaltsstreit-der-Ampel/!6018167 | |
[2] /Bundesetat-2025/!6016994 | |
[3] /Neue-Zahlen-zum-Buergergeld/!6003214 | |
[4] /Christian-Lindner-zur-Finanzpolitik/!6011461 | |
[5] /Schuldenbremse-und-Ukraine-Krieg/!6015919 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
Sabine am Orde | |
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