# taz.de -- Haushaltsstreit der Ampel: Die Nachspielzeit läuft | |
> Olaf Scholz verspricht noch in diesem Monat eine Einigung im | |
> Haushaltsstreit, die SPD-Fraktion peilt Freitag an. Nur: Es klafft noch | |
> ein Milliardenloch. | |
Bild: Fußball schauen ist eindeutig weniger kompliziert als Haushaltsberatunge… | |
Berlin taz | Die SPD ist optimistisch – zumindest in Sachen Haushalt. Für | |
Freitagmorgen 7 Uhr lädt die Bundestagsfraktion zur Sondersitzung ein. | |
Möglicher Anlass für das frühmorgendliche Treffen: Bundeskanzler Olaf | |
Scholz will seine Fraktion über den Haushaltsentwurf informieren und Rede | |
und Antwort stehen. So ist es im Falle einer Haushaltseinigung vereinbart. | |
[1][Den ursprünglichen Zeitplan] hat die Regierung aus SPD, Grünen und FDP | |
bereits gerissen. Eigentlich wollte das Kabinett den Haushaltsentwurf am | |
Mittwoch beschließen, doch noch beraten Kanzler, Vizekanzler Robert Habeck | |
(Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) im kleinen Kreis. Die | |
Gespräche sollen konstruktiv laufen, heißt es aus Verhandlungskreisen. | |
Scholz habe in der Fraktion am Dienstag angedeutet, dass man bis Freitag | |
fertig sein könnte. Offen seien aber unter anderem noch die Budgets des | |
Familien- sowie des Arbeits- und Sozialministeriums. | |
Die Aufgabe gleicht der Quadratur des Kreises. Die Ampel muss entscheiden, | |
wie sie zu erwartende Steuereinnahmen in Höhe von 450 Milliarden Euro plus | |
x verteilt, wobei die Ausgabenwünsche viel höher sind als die Einnahmen. | |
Die Lücke soll zwar nach etlichen Gesprächsrunden zu dritt und mit den | |
Minister:innen geschrumpft sein, doch noch immer im ein- bis | |
zweistelligen Milliardenbereich liegen. | |
## Lindner will keine Ausnahmen von der Schuldenbremse | |
Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse verbietet es, neue Kredite in | |
großer Höhe aufzunehmen, wobei Ausnahmen bei Notlagen erlaubt sind. Lindner | |
will jedoch keine Ausnahmen und auch nicht über Steuererhöhungen reden. | |
Bleiben also nur Kürzungen, wenn es nach der FDP geht am liebsten im | |
Sozialetat. Hier aber stellt sich die SPD quer und will keine Sparorgien | |
hinnehmen. Auch an der Landesverteidigung und an den Ukraine-Hilfen wollen | |
die Sozialdemokraten nicht sparen, sie pochen auf kräftige Investitionen in | |
Infrastruktur und Bildung. Wie das alles unter einen Hut zu bringen ist? | |
Höhere Mathematik. | |
In der Regierungsbefragung am Mittwoch verbreitete Scholz Optimismus. „Ich | |
kann ihnen versichern, dass wir den Haushalt diesen Monat im Bundeskabinett | |
beschließen werden“, antwortete der Kanzler auf die Frage von | |
Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg. Der weitere Zeitablauf, also | |
Beratung des Haushalts im Bundestag nach der Sommerpause und Verabschiedung | |
Ende November, werde nicht beeinträchtigt. Und Scholz versprach dem | |
Parlament auch einen Wachstumsturbo, der die wirtschaftliche Dynamik | |
„unglaublich beleben wird“. | |
Teil der Haushaltsberatungen ist auch ein sogenanntes Dynamisierungpaket, | |
dass der schwächelnde Wirtschaft helfen soll, indem Unternehmen von | |
Bürokratie und Steuern entlastet werden und Mehrarbeit belohnt wird. Der | |
wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Reinhard Houben, wollte | |
von Scholz Details wissen. Der antwortete fast fröhlich: „Da sind schon | |
sehr viele konkrete Vorschläge zusammengekommen, über die komplette | |
Einigkeit besteht.“ | |
## Weniger rosige Aussichten für 49-Euro-Ticket | |
CSU-Verteidigungspolitiker Florian Hahn erkundigte sich, wie es nach dem | |
Auslaufen des Sondervermögens für die Bundeswehr weitergeht. Dann müssten | |
im Verteidigungsetat Jahr für Jahr mindestens 10 Milliarden Euro | |
draufgelegt werden, zusätzlich zu den derzeitigen 50 Milliarden. Scholz | |
versicherte: „Das 2-Prozent-Ziel wird eingehalten werden.“ Und zwar auch | |
dann, „wenn das Sondervermögen aufgebraucht ist“. Der Haushaltsentwurf für | |
2025 und die Finanzplanung bis 2028 würden diese Klarheit schaffen. | |
Weniger rosig sind die Aussichten für das 49-Euro-Ticket, dass der Bund | |
derzeit mit 1,5 Milliarden Euro mitfinanziert. Auf die Frage der Grünen | |
Nyke Slawik schloss Scholz nicht aus, dass das Ticket teurer wird und | |
verwies zudem auf die Verkehrsminister der Länder. Irgendwo muss der Bund | |
ja sparen. | |
Im Bundestag bekräftigte [2][Scholz] seine Kriterien für den Haushalt, wie | |
er sie am Tag zuvor auch beim Sommerfest der Parlamentarischen Linken der | |
SPD und in der Fraktion vorgetragen hatte: Man dürfe die Unterstützung für | |
die Ukraine einerseits und Investitionen in Wachstum, Infrastruktur und | |
Soziales andererseits nicht gegeneinander ausspielen. | |
Zugleich schwor er die Genoss:innen am Dienstagabend auf schmerzhafte | |
Zugeständnisse ein. Es gehe jetzt um Solidarität und Zusammenhalt, | |
appellierte Scholz im Nieselregen an die SPD-Linken. Er führte das Beispiel | |
Niederlande an: „Dort hat eine Regierung die Nerven verloren. Man dachte, | |
man wählt neu und kommt dann wieder zusammen. Und jetzt führen die | |
Rechtspopulisten die Koalition.“ Ein Wink mit dem Zaunpfahl an alle | |
Zweifler:innen in den eigenen Reihen, die einen Bruch der Ampel einem | |
brutalen Kürzungshaushalt vorziehen. | |
Parteilinke befürchten das Schlimmste. Ein erfahrener Genosse ist da | |
entspannter: Er rechne zurzeit eher mit einer Haushaltseinigung als mit | |
einem Sieg der DFB-Elf am Freitagabend gegen Spanien. | |
3 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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