# taz.de -- Rückkehrpflicht für ukrainische Männer: Unpopuläre Mobilisierun… | |
> Ukrainer dürfen wegen des Krieges ihr Land nicht verlassen. Viele | |
> versuchen es trotzdem. Kyjiw verhandelt mit EU-Ländern über Rücksendung. | |
Bild: Ukrainische Grenzstation zur Republik Moldau im Mai 2024 | |
MÖNCHENGLADBACH taz | „Die Verhandlungen zwischen der Ukraine und der EU | |
über eine Rückführung von Ukrainern, die die Grenze illegal überquert | |
haben, werden weiter fortgeführt“, titeln die führenden ukrainischen | |
Portale Berichte über ein Interview des ukrainischen Innenministers Ihor | |
Klymenko gegenüber dem vom US-Kongress finanzierten Radio Svoboda am | |
Donnerstag. Jeden Tag nehme man Dutzende Männer im grenznahen Bereich fest, | |
die offensichtlich die Ukraine verlassen wollten, so der Minister in dem | |
Interview über die anhaltende Fluchtbewegung. | |
Allein nach Rumänien, so Radio Svoboda unter Berufung auf die rumänische | |
Grenzpolizei, seien nach Beginn der russischen Großinvasion in die Ukraine | |
12.700 ukrainische Männer geflohen. Und Rumänien täte gut daran, so | |
Klymenko, diese wieder an die Ukraine auszuliefern. Gleichzeitig räumt er | |
ein, dass „die meisten“ europäischen Länder illegal eingereiste Ukrainer | |
nicht zurückschicken. Direkt an den Grenzen und an den Checkpoints in | |
Grenznähe nehme man täglich Dutzende Männer fest. „Mal 10, mal 20, mal 30�… | |
Bedauerlicherweise, so Klymenko, seien die Grenzen zu Rumänien, der | |
Slowakei, Polen, Moldau und Ungarn auf ukrainischer Seite nur „minimal | |
geschützt“, da die erforderliche Technik nicht ausreiche. Es sei schwierig, | |
genügend Polizisten und Grenzschützer dort einzusetzen, um die Grenze zur | |
EU für die zu schließen, die das Land illegal verlassen wollten. | |
## Dutzende Flüchtlinge allein an der Grenze zu Rumänien | |
Möglicherweise liegt die Zahl derer, die fliehen, weil sie nicht an die | |
Front wollen, über den von Klymenko genannten Zahlen. Die internationale | |
Wochenzeit The Economist zitiert am 29. Mai dieses Jahres einen | |
Fluchthelfer, der an der rumänisch-ukrainischen Grenze lebt. Dieser spricht | |
von 30 bis 40 Männern, die er täglich auf die andere Seite des Flusses | |
bringe. Man kann davon ausgehen, dass er nicht der einzige Fluchthelfer an | |
dieser Grenze ist. Was wiederum bedeutet, dass wahrscheinlich deutlich mehr | |
als 40 Ukrainer pro Tag aus dem Land fliehen. | |
Derzeit leben in Deutschland 256.000 männliche Ukrainer zwischen 18 und 60 | |
Jahren, berichtet die Wochenzeitung Die Zeit unter Berufung auf das | |
Ausländerzentralregister. Zwei von ihnen sind Artem und Maxim Fomenko, die | |
vor mehr als einem Jahr nach Mönchengladbach gekommen sind und in wenigen | |
Monaten 18 Jahre werden. Sie wollen dem Rückkehrruf ihres Ministers nicht | |
folgen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. | |
„[1][Mobilisiert werden kann man doch erst mit 25 Jahren]“, so Artem zur | |
taz. „Warum also jetzt schon zurückreisen?“ Wenn er das Alter von 25 Jahren | |
erreicht habe, werde er zurückkehren, davon ist er überzeugt. Und schiebt | |
nach: „Aber dann ist der Krieg sicherlich schon vorbei.“ Sein | |
Zwillingsbruder Maxim hat für die Rückkehrrufe kein Verständnis. Er lasse | |
sich doch nicht vom Staat vorschreiben, wo er zu leben habe. | |
## Registrierungspflicht bei ukrainischer Wehrbehörde | |
Auch der 30-jährige Stanislaw, der in einer anderen deutschen Stadt lebt, | |
denkt weder an eine Rückkehr noch eine Online-Registrierung bei den | |
ukrainischen Wehrbehörden TZK. Er hat jetzt erst einmal das ganze Geld von | |
seinem Konto abgehoben. „Ab dem 16. Juli können die Behörden die Konten | |
derer sperren, die sich nicht bei der Wehrbehörde TZK gemeldet hatten“, | |
begründet Stanislaw der taz gegenüber seine Entscheidung. | |
Unterdessen gehen die unpopulären Mobilisierungsmaßnahmen weiter. So | |
berichtete das im westukrainischen Galizien erscheinende Portal | |
Varto–Haliyzki Novyny am Donnerstag [2][von einer spontanen einstündigen | |
Straßenblockade durch aufgebrachte Passagiere eines Busses], nachdem der | |
Busfahrer direkt von seinem Steuer von der Wehrbehörde TZK und der Polizei | |
abgeführt worden ist. | |
47 Männer wurden am Freitag unweit der ukrainisch-moldauischen Grenze beim | |
Versuch, die Grenze zu überqueren, festgenommen. Dies berichtet das | |
[3][ukrainische Portal censor.net] unter Berufung auf den Journalisten | |
Vitali Glagola. | |
## Arbeitskräftemangel durch Mobilisierung | |
Die verschärfte Mobilisierung wirkt sich auf viele Bereiche aus: | |
Taxiunternehmen, Verkehrsbetriebe, Fabriken und Dienstleistungsfirmen | |
suchen Hände ringend nach Arbeitskräften. Bei der Kyjiwer Metro | |
beispielsweise sind 7 Prozent der Mitarbeiter an die Front abgezogen. Die | |
Metro hat derzeit 83 offene Stellen. Wegen des Personalmangels fahren die | |
Züge seltener. | |
Auch in Deutschland gibt es Stimmen, die einer Rückführung der geflohenen | |
Ukrainer das Wort reden. Nach Ansicht des CDU-Verteidigungspolitikers | |
Roderich Kiesewetter sollte Deutschland die ukrainischen Bemühungen | |
unterstützen, in Deutschland lebende Ukrainer für den Kriegsdienst zu | |
rekrutieren. Deutschland könnte das Bürgergeld für diese Gruppe aussetzen | |
und bei der Erfassung und Zustellung von Bescheiden mithelfen, so | |
Kiesewetter gegenüber der Zeit. | |
22 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Wehrpflicht-in-der-Ukraine/!5999204 | |
[2] https://vartonews.com.ua/2024/06/21/tck-vruchili-povistku-vodiyu-avtobusa45… | |
[3] https://censor.net/ru/photo_news/3496027/grupa_iz_47_uhylyantiv_zatrymana_n… | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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