# taz.de -- Volt in Hamburger Bezirksparlamenten: „Durchaus ein Gesprächspar… | |
> Volt zog in fünf Hamburger Bezirksversammlungen ein und ist in dreien | |
> möglicher Koalitionspartner. Die Partei wirkt wie die kleine Schwester | |
> der Grünen. | |
Bild: Erfolgreicher Wahlkampf: Plakat der Volt-Partei an der Hamburger Binnenal… | |
HAMBURG taz | Sie hätten nicht gedacht, dass sie in Hamburgs Bezirken so | |
gut ankommen, sagt Kira Junge, die Landesvorsitzende der Volt-Partei. „Wir | |
haben in allen Bezirken unsere gesetzten Ziele übertroffen.“ Der 2019 | |
gegründete Landesverband [1][der europaweiten Partei] hatte vor Kurzem in | |
Hamburg noch unter 200 Mitglieder. Dort, wo es Ortsgruppen gab, um ein | |
Programm und eine Liste [2][für die Bezirkswahl am 9. Juni] aufzustellen, | |
sei das geschehen. Mit Erfolg: In Eimsbüttel, Nord, Altona, Harburg und | |
Mitte kam die Partei über fünf Prozent. | |
Das ist spannend, weil nun [3][gleich in fünf Bezirksparlamenten] neben | |
SPD, CDU, Grünen, Linken, FDP und AfD eine siebte Partei sitzt und die | |
Mehrheitsbildung komplizierter wird. In Nord und Eimsbüttel reicht es von | |
den Sitzen her für Rot-Grün, in Mitte, Harburg und Altona nicht. | |
In Mitte zum Beispiel bildeten zuletzt SPD, CDU und FDP eine Koalition, die | |
nun zu wenig Sitze hat. Denkbar wäre nun ein rot-grünes Bündnis mit Volt. | |
Die kleine Partei hat mit drei Sitzen auch den für eine | |
Regierungsbeteiligung nötigen Fraktionsstatus. „Der Ball liegt hier bei der | |
SPD als Wahlsiegerin in Mitte“, sagt die grüne Kreischefin Lena Zagst, | |
„aber für uns ist Volt durchaus ein Gesprächspartner.“ | |
Volt sei keine Abkürzung, sagt Kira Junge. Die Partei trage den Namen, weil | |
man einen suchte, der in allen EU-Sprachen gesprochen werden kann und „noch | |
politisch unbesetzt ist“. Das Motto sei „pragmatisch, progressiv und | |
paneuropäisch“. Und da die Partei pragmatisch-konstruktiv sei, sei sie auch | |
offen für Gespräche mit den anderen Parteien, die sich „in verschiedenen | |
Stadi“ befänden. | |
In Nord seien es mehr Kennenlerngespräche, da es ja für Rot-Grün reiche. In | |
Mitte müsse man viel sortieren, um eine Lösung zu finden. Und in Altona sei | |
es der Bezirk gewöhnt, mit wechselnden Mehrheiten zu arbeiten. Da wären | |
Vereinbarungen zu Themen denkbar wie Radverkehr. | |
Im Europaparlament trat Volt der grünen Fraktion Freie Europäische Allianz | |
(EFA) bei. Zur Frage, wie sie sich von den Grünen unterscheiden, sagt | |
Junge: „Wir setzen uns noch stärker für ambitionierte Ziele bei Klimaschutz | |
und Umweltschutz ein.“ Den [4][Vorwurf der Abgehobenheit] weist sie zurück. | |
Sie selbst sei Ingenieurin und komme aus einer Arbeiterfamilie. Die Partei | |
habe viele IT-Spezialisten, repräsentiere aber ansonsten mit [5][Berufen | |
wie Lehrer], Sozialarbeiter oder Gastronom den Durchschnitt der Menschen. | |
Ein Ziel sei, mit Hilfe der Digitalisierung schneller die Bürokratie | |
abzubauen und die Mitbestimmung zu verbessern. Die Partei treffe klarere | |
Aussagen zur Migrationspolitik als die Grünen, sei für eine menschliche | |
Behandlung aller Menschen. Gegenüber der Linkspartei unterscheide sie sich | |
in der Haltung zum Ukraine-Krieg: „Wie bekennen uns klar zur Nato und | |
Waffenlieferung an die Ukraine.“ Bei der Höhe des Mindestlohns sei die | |
Linke „deutlich ambitionierter“. Laut Website distanziert sich die Partei | |
von Rechtsextremismus und Linksextremismus. | |
In Hamburg fordert Volt eine [6][City-Maut für Autos], mehr Fahrrad-Routen | |
wie in Kopenhagen, den Rückbau von Parkplätzen und Superblocks als | |
verkehrsberuhigte Zonen. Vieles wirkt so, als melde sich die kleine | |
Schwester der Grünen zu Wort. Beim Thema Nahverkehr bemängelt sie den zu | |
langsamen Ausbau von U- und S-Bahn und bringt die Prüfung einer Alternative | |
ins Spiel. | |
## Kleingärten sollen bleiben | |
Auf das [7][Thema Straßenbahn] angesprochen, sagt Junge: „Wir sind | |
technologieoffen.“ Explizit erwähnt wird aber eine Ring-S-Bahn im Norden | |
Hamburgs auf der Strecke der heutigen Güterbahn. | |
In den Programmen gibt es örtliche Spezifika. Im Bezirk Harburg etwa sollen | |
keine weiteren Kleingärten zu Industriegebiet werden und der Stadtteil | |
Moorburg soll endlich nicht mehr als Hafenerweiterungsgebiet gelten. In | |
Eimsbüttel soll zwar Wohnungsbau durch größere Projekte wie die „Neue Mitte | |
Stellingen“ gefördert werden. | |
## Flughafen soll leiser werden | |
Zugleich solle aber auf Bedenken wegen als zu stark empfundener Verdichtung | |
durch „Rücksichtnahme und überzeugende Beteiligungsverfahren“ eingegangen | |
werden. An anderer Stelle ist von „Dominanz der Oberbaudirektion“ die Rede, | |
die verringert werden soll. | |
Im Bezirk Nord soll der Flughafen schneller leise und ein „Forschungs-Hub | |
für emissionsfreies und geräuscharmes Fliegen“ werden. In Altona macht sich | |
Volt für den Ausbau von Velorouten stark und für Fahrradbrücken nach | |
Vorbild von Kopenhagens Cykelslangen. | |
Landeschefin Junge, die der Partei im Duo mit Jacob Schoo vorsteht, führt | |
den Erfolg darauf zurück, dass es mit diesen Programmen gelungen sei, | |
[8][den Nerv zu treffen]. Zwar ist die Zustimmung mit neun Prozent bei den | |
Jungwählern am höchsten, doch an den Wahlständen hätten sich auch Ältere | |
interessiert. Eine Analyse [9][der Wählerströme] gibt es im September. | |
27 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Volt-holt-drei-Sitze-bei-EU-Wahl/!6016753 | |
[2] /Bezirkswahl-in-Hamburg/!6013270 | |
[3] https://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Wahlen/Hamburg/Bezirksver… | |
[4] /Volt-bei-der-Europawahl/!6015110 | |
[5] /Volt-Spitzenkandidatin-Nela-Riehl/!6008558 | |
[6] /Autoverkehr-in-Hamburg/!6019959 | |
[7] /Studienautor-ueber-Hamburger-Nahverkehr/!5876752 | |
[8] /Gruende-fuer-Erfolge-bei-der-EU-Wahl/!6015067 | |
[9] /Die-Gruenen-nach-der-Europawahl/!6015050 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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