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# taz.de -- Schärfere EU-Asylregeln beschlossen: Drittstaaten und Außengrenzen
> Einen Monat nach dem EU-Parlament nimmt auch der EU-Ministerrat die
> umstrittenen Asylrechtsverschärfungen an. Damit können sie jetzt in Kraft
> treten.
Bild: In der Nähe eines Camps für Geflüchtete an der griechisch-mazedonische…
Brüssel dpa | Nach Jahren des Streits haben die EU-Mitgliedstaaten
endgültig [1][schärfere Vorschriften im Asylrecht] gebilligt. Der
Ministerrat nahm am Dienstag in Brüssel die Reformpläne an. Kernelemente
sind unter anderem schnelle Asylverfahren an den Außengrenzen und
Unterstützung für die EU-Staaten, in denen besonders viele Migranten
ankommen.
Die Bestätigung durch den Rat der Europäischen Union war der letzte
notwendige Schritt für die Reform. Vorgeschrieben sind nun unter anderem
einheitliche Verfahren an den Außengrenzen, damit rasch festgestellt wird,
ob Asylanträge unbegründet sind und geflüchtete Menschen dann schneller und
direkt von der Außengrenze abgeschoben werden können. So sollen Asylgesuche
von Menschen aus Herkunftsstaaten mit einer EU-weiten Anerkennungsquote von
weniger als 20 Prozent bereits in Auffanglagern an den Außengrenzen geprüft
werden. Das könnte etwa für Migranten aus Marokko, Tunesien oder
Bangladesch gelten.
An einer Asylreform wird bereits seit 2015 und 2016 intensiv gearbeitet.
Damals waren Länder im Süden Europas wie [2][Griechenland] mit einer
Vielzahl von ankommenden Menschen aus Ländern wie Syrien überfordert.
Hunderttausende kamen unregistriert in andere EU-Staaten. Dies hätte
eigentlich nicht passieren dürfen, denn nach der sogenannten
Dublin-Verordnung sollen Asylbewerber da ihr Verfahren durchlaufen, wo sie
die Europäische Union zuerst betreten haben.
Die Reform leitet insbesondere einen deutlich härteren Umgang mit Menschen
aus Ländern ein, die als relativ sicher gelten. Ein Drittstaat darf nur
dann als sicher eingestuft werden, wenn eine strikte Liste von Kriterien
erfüllt ist. So müssen zum Beispiel das Leben und die Freiheit des
Antragstellers garantiert werden.
## Kritik an der Drittstaatenregelung
Auch die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten wird mit einem
„[3][Solidaritätsmechanismus]“ neu geregelt. Damit sollen jene Länder, in
denen viele Geflüchtete ankommen, entlastet werden – also beispielsweise
Italien, Griechenland oder Spanien. Geplant ist, dass pro Jahr mindestens
30.000 Geflüchtete aus diesen Ländern in andere EU-Staaten umverteilt
werden. Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie
Unterstützung leisten, zum Beispiel in Form von Geldzahlungen.
Zuvor hatte es massive Kritik an der Reform gegeben, unter anderem, weil
auch Familien mit Kindern in die streng kontrollierten Auffanglager kommen
könnten. Die Bundesregierung und das Europaparlament hatten versucht, dies
zu verhindern, scheiterten in den Schlussverhandlungen allerdings am
Widerstand von Ländern wie Italien.
Für Kritik sorgte auch, dass abgelehnte Asylbewerber künftig leichter in
sichere Drittstaaten abgeschoben werden können. Denn mit der Einigung
können jetzt mehr Drittstaaten als sicher eingestuft werden, dies gilt auch
für bloße Teilgebiete von Staaten. Grundlage dafür können auch nationale
Einschätzungen sein.
Zuvor hatte bereits [4][das Europaparlament die Reformpläne gebilligt].
Nach der Bestätigung der EU-Länder werden sie nun im Amtsblatt
veröffentlicht und treten 20 Tage später in Kraft. Die Mitgliedstaaten
haben den Angaben zufolge nach dem Inkrafttreten zwei Jahre Zeit, sie in
nationales Recht umzusetzen. Das soll den Ländern an den Außengrenzen
genügend Zeit geben, entsprechende Einrichtungen zur Unterbringung von
Menschen aus Staaten mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent
zu schaffen.
## Polizeigewerkschaft fordert konsequente Zurückweisung
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte vor Wochen an, dass
Deutschland die notwendigen Anpassungen „sehr viel schneller vornehmen“
werde. Die SPD-Politikerin hofft, dass die Reform die deutschen Grenzen und
damit auch die Kommunen hierzulande entlasten wird. Europaweit werden in
Deutschland die meisten Asylanträge gestellt.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einer „wirklich historischen Einigung
der EU. „Wir haben nun in der EU eine deutlich bessere Grundlage: Für eine
humane Begrenzung von irregulärer Migration. Für verlässliche
Registrierungen an den Grenzen. Für einen solidarischen Ansatz, der auch
Länder wie Deutschland und Schweden entlasten wird.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft ist dagegen skeptisch. „Der
Migrationsdruck nach Europa und insbesondere nach Deutschland wird nach wie
vor hoch bleiben“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Heiko Teggatz,
auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. „Solange insbesondere Deutschland
die Anreize nach Deutschland zu migrieren nicht umgehend reduziert
beziehungsweise abschafft, werden die Menschen weiterhin versuchen, illegal
nach Deutschland einzureisen.“
Seiner Aussage nach braucht es konsequente Zurückweisungen an den
EU-Außengrenzen. Die Bundespolizei müsse diese Kontrollen sonst an den
deutschen Grenzen nachholen. „Die Grenzkontrollen jetzt einzustellen, wäre
sicherheitspolitisch ein fataler Fehler“, ergänzte Teggatz.
14 May 2024
## LINKS
[1] /Reform-des-EU-Asylsystems/!6000276
[2] /Fluechtlinge-auf-Lesbos/!5247590
[3] /EU-einig-ueber-Asylrecht/!5980960
[4] /Abstimmung-in-Bruessel/!6003964
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