# taz.de -- Faeser will keine Verlängerung: Wieder Debatte um Grenzkontrollen | |
> Mit Ende der EM laufen die verschärften Grenzkontrollen wieder aus. Union | |
> und FDP aber wollen eine Verlängerung. Faeser ist dagegen. | |
Bild: Großer Personalaufwand, umstrittener Effekt: Grenzkontrollen der Polizei… | |
Berlin dpa/afp/rtr/taz | FDP und Union fordern eine Fortführung der | |
[1][Kontrollen an den deutschen Grenzen] auch nach dem Ende der | |
Fußball-Europameisterschaft. „Die Vielzahl der Fahndungstreffer und | |
Zurückweisungen innerhalb weniger Wochen im Rahmen der EM machen deutlich, | |
dass Grenzkontrollen für die innere Sicherheit und die Eindämmung illegaler | |
Migration unverzichtbar sind“, sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber der | |
Deutschen Presse-Agentur in München. Solange die EU-Außengrenzen nicht | |
ausreichend geschützt seien, brauche es die Binnengrenzkontrollen. | |
Auch die CDU-Abgeordnete Julia Klöckner forderte, die Grenzkontrollen | |
fortzusetzen. „Der Migrationsdruck auf die europäischen Außengrenzen ist | |
noch immer viel zu hoch, die Kommunen sind finanziell und organisatorisch | |
nach wie vor extrem überlastet“, erklärte sie am Sonntag. | |
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sprach sich ebenso für eine Verlängerung | |
der Kontrollen aus. Diese führten dazu, „dass wir sehr effektiv diejenigen | |
aufgreifen, die illegal ins Land kommen wollen“, sagte Dürr den Zeitungen | |
der Funke Mediengruppe. | |
Die Entscheidung darüber liegt allerdings beim Bundesinnenministerium von | |
Nancy Faeser (SPD) – und dieses wies den Vorschlag zurück. Faeser hatte bei | |
der Europäischen Union wegen der EM an allen Grenzen Kontrollen bis zum 19. | |
Juli angemeldet – danach laufen diese wieder aus. Das Turnier endet am | |
Sonntagabend mit dem Finale zwischen England und Spanien. Wie vorher schon | |
wird es danach aber weiter temporäre Kontrollen an den Grenzen zu | |
Österreich, der Schweiz, Tschechien und Polen geben. | |
## „Nur eine ultima ratio“ | |
Die Kontrollen an den deutschen Grenzen während der EM seien „nur zeitlich | |
begrenzt und als ultima ratio“ gedacht gewesen, sagte ein Sprecher des | |
Bundesinnenministeriums der „Bild am Sonntag“. Weitere bundesweite | |
Kontrollen müsste Deutschland bei der EU anmelden. Dies sei aber nicht | |
geplant. Bis zu 22.000 Bundespolizistinnen und Bundespolizisten sind laut | |
Faeser während der EM täglich im Einsatz – an den Grenzen und auch in den | |
Spielorten des Turniers. | |
Ein Sprecher des Innenministeriums hatte vor wenigen Tagen Zahlen der | |
temporären Grenzkontrollen für den Zeitraum vom 7. bis 27. Juni publik | |
gemacht. Demnach wurden rund 600 offene Haftbefehle vollstreckt und rund | |
150 Schleuser vorläufig festgenommen. In rund 3.200 Fällen habe es | |
„Einreise verhindernde Maßnahmen“ gegeben. Eine vorläufige Bilanz für den | |
gesamten EM-Zeitraum will das Ministerium am Montag ziehen. | |
Laut Bundespolizei waren rund ein Drittel der unerlaubten Einreisen an den | |
Grenzen zu Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlanden, Dänemark sowie im | |
See- und Luftverkehr festgestellt worden. Dort werde die Bundespolizei in | |
Zukunft „das Instrument der Schleierfahndung einsetzen, um mit gezielten | |
Kontrollen gegen grenzüberschreitende Kriminalität vorzugehen“, hieß es dem | |
„BamS“-Bericht zufolge aus dem Bundesinnenministerium. Die Bundespolizei | |
kann dort dann keine Zurückweisungen an der Grenze mehr vornehmen. | |
FDP-Fraktionschef Dürr hingegen empfahl die Beibehaltung der | |
Grenzkontrollen als Überbrückungsmaßnahme bis zur Umsetzung des geplanten | |
EU-Asylsystems. „Wenn wir ein System haben, das die europäischen | |
Außengrenzen komplett schützt, kann man die Kontrollen der Binnengrenzen | |
wieder abschaffen“, sagte er den Funke-Zeitungen. „Aber vorläufig ist das | |
ein sehr effektives Instrument.“ | |
Die Union lobte Dürr. Der FDP-Politiker habe „verstanden, dass die | |
Sicherheitslage es erforderlich macht, die deutschen Grenzen über die | |
Fußball-EM hinaus stärker zu kontrollieren“, erklärte der innenpolitische | |
Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm (CDU). Die Zahlen | |
der festgenommenen Schleuser und verhinderten, unerlaubten Einreisen | |
belegten „auf eindrucksvolle Weise den Wert der Grenzkontrollen“. Auch | |
kontrollierte Grenzen „bleiben ja trotzdem offene Grenzen“, fügte Throm | |
hinzu. | |
CSU-Mann Huber betonte, dass für eine Verlängerung der Grenzkontrollen die | |
Zahl der Polizeibeamten massiv erhöht werden müsse, wie es in Bayern seit | |
Jahren geschehe. „Die bayerische Grenzpolizei ist Vorbild für ganz | |
Deutschland. Dass Bundesinnenministerin Faeser die Faktenlage ignoriert und | |
Deutschlands Sicherheitslage so verschlechtert, zeigt, dass sie eine | |
Fehlbesetzung ist.“ | |
## Auch Polizei ist gegen eine Verlängerung der Kontrollen | |
Widerspruch zur Verlängerung der Grenzkontrollen kommt dagegen von der | |
Bundespolizei. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für den | |
Bereich Bundespolizei, Andreas Roßkopf, sieht dafür [2][keine personellen | |
Voraussetzungen]. „Die Grenzkontrollen haben während der EM zu 100 Prozent | |
funktioniert“, sagte Roßkopf dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es | |
sei aber „nicht auf Dauer durchhaltbar, die Grenzen in dieser Intensität zu | |
schützen“. | |
Auch der Koalitionspartner Grüne [3][lehnte den Vorstoß ab]. Bisherige | |
Erfahrungen mit Grenzkontrollen hätten gezeigt, „wie gigantisch der Aufwand | |
und wie gering der Effekt ist“, sagte der Grünen-Innenexperte Marcel | |
Emmerich dem „Tagesspiegel“. Der besondere Umstand der Fußball-EM habe die | |
Kontrollen gerechtfertigt – mehr sei aber nicht drin, sagte der | |
Grünen-Politiker. „Es ist eine Sache, mit temporären Grenzkontrollen den | |
Kontrolldruck auf Hooligans, potenzielle Terroristen und andere Kriminelle | |
zu erhöhen, und eine andere, mit stationären Kontrollen an 2000 Kilometern | |
Binnengrenze jahrelang zu versuchen, die Migration zu reduzieren.“ | |
14 Jul 2024 | |
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