# taz.de -- EU-Parlament stimmt über Asylreform ab: Langsamer rein, schneller … | |
> Das EU-Parlament stimmt am Mittwoch über Asylverfahren schon an den | |
> Außengrenzen und schnellere Abschiebungen ab. Menschenrechtler:innen | |
> stöhnen. | |
Bild: Höhere Hürden bei der Einreise, Düsenantrieb bei Abschiebungen: die EU… | |
BRÜSSEL/BERLIN afp/epd | Vor dem entscheidenden Votum über die neuen Asyl- | |
und Migrationsregeln der [1][Europäischen Union] haben Europaabgeordnete | |
Mängel eingeräumt. Das Paket sei nicht perfekt – aber das Beste, was in | |
jahrelangen Verhandlungen habe erzielt werden können, sagten Parlamentarier | |
vor der Abstimmung am Mittwochnachmittag in Brüssel. | |
Am Mittwoch will das EU-Parlament in Brüssel über das [2][Gesetzespaket zur | |
EU-Asylreform] abstimmen. Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen | |
sehen das Asylrecht in Gefahr, wenn die Pläne durchgehen. | |
Bundesinnenministerin [3][Nancy Faeser] (SPD) hat vor der Abstimmung an die | |
Abgeordneten appelliert, der Neuregelung zuzustimmen. Es sei von größter | |
Bedeutung, dass das Europäische Parlament dem neuen Gemeinsamen | |
Europäischen Asylsystem zustimme, sagte Faeser dem Redaktionsnetzwerk | |
Deutschland. Man dürfe dieses Thema nicht den Rechtspopulisten überlassen, | |
die Menschen in Not für ihre Stimmungsmache missbrauchten. | |
## Asylverfahren schon an den EU-Außengrenzen | |
Mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (Geas) will die EU | |
die Lehren aus den Jahren 2015 und 2016 ziehen, als mehr als eine Million | |
Menschen allein nach Deutschland kamen. Auf die Grundzüge hatten sich das | |
Europaparlament und die 27 Mitgliedsländer bereits im Dezember geeinigt: | |
Asylverfahren erstmals direkt an Europas Außengrenzen, beschleunigte | |
Rückführungen auch in „sichere“ Drittländer und einen | |
Solidaritätsmechanismus zur Entlastung von Hauptankunftsländern wie Italien | |
und Griechenland. | |
Es gebe viele kritische Punkte in dem Gesetzespaket, sagt die | |
SPD-Politikerin Birgit Sippel, die die neuen Regeln für das Parlament mit | |
ausgehandelt hat. Zur Fachkräfteeinwanderung etwa sei nichts vorgesehen. | |
„Wir haben aber die Chance auf ein gemeinsames System, und das ist gut“, | |
betont Sippel. | |
Zum Jubeln sei ihr nicht zumute, räumt auch die niederländische Liberale | |
Sophie in 't Veld ein. Es sei allerdings eine „völlige Illusion“ zu | |
glauben, die Regeln könnten später noch nachgebessert werden, mahnt sie | |
unter Anspielung auf den erwarteten Rechtsruck bei den Europawahlen Anfang | |
Juni. | |
## Menschenrechtsorganisationen warnen | |
Ein breites Bündnis aus mehr als 160 europäischen Menschenrechts- und | |
Flüchtlingsorganisationen warnt, die neuen Regeln könnten „die Grundrechte | |
aushöhlen“. Zudem gäben sie keine Antwort auf zentrale Probleme wie den Tod | |
von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer, heißt es in einem Brandbrief, den | |
unter anderem Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen und Pro Asyl | |
unterzeichnet haben. | |
Positiv wertet die CDU-Europaabgeordnete Lena Düpont, dass der Asylpakt | |
„das Hangeln von Notlösung zu Notlösung“ in Europas Asylpolitik seit 2016 | |
beendet. „Kurzfristige Lösungen“ böten die Regeln allerdings nicht, sagt | |
Düpont. Ihre bis 2026 geplante Umsetzung werde noch „eine Mammutaufgabe für | |
die Europäische Union“. Denn an den Außengrenzen müssen zehntausende neue | |
Aufnahmeplätze geschaffen werden. Kritiker befürchten haftähnliche | |
Bedingungen. | |
Von einem „Pakt der Schande“ spricht Cornelia Ernst von der Linkspartei. | |
Sogar Familien mit Kindern würden „in Grenzverfahren eingesperrt, um dann | |
in sogenannte ‚sichere Drittstaaten‘ abgeschoben zu werden“, klagt sie. | |
„Damit ist das individuelle Recht auf Asyl in der EU de facto tot.“ | |
Parteien am linken wie am rechten Rand wollen gegen den Asylpakt stimmen, | |
auch bei den Grünen gibt es viel Kritik. Fallen einzelne der Gesetzestexte | |
durch, hätte das Parlament ein Problem, denn es hatte auf einer Paketlösung | |
bestanden. | |
## Rechten ist das alles viel zu lasch | |
Vor allem im rechten politischen Lager glaubt kaum jemand, dass der | |
Asylpakt zu einem deutlichen Rückgang der Migrantenzahlen führt. Im | |
vergangenen Jahr hatte die EU-Asylagentur gut 1,1 Millionen Anträge | |
verzeichnet, den höchsten Wert seit 2016. Mit gut 330.000 entfielen ein | |
Drittel davon auf Deutschland als größtes Mitgliedsland. | |
Nicht eingerechnet sind die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die einen | |
besonderen Schutz in Europa genießen. Von ihnen haben mehr als eine Million | |
in Deutschland Zuflucht gefunden, vier Millionen sind es in der ganzen EU. | |
10 Apr 2024 | |
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