# taz.de -- Angriffe auf Politiker:innen: Festnahme nach Attacke auf Giffey | |
> Tage nach dem Angriff auf SPD-Europapolitiker Ecke in Sachsen wird die | |
> Berliner Senatorin Giffey attackiert. Ein 74-Jähriger wird festgenommen. | |
Bild: Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) | |
BERLIN taz/dpa/epd | Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey ist am | |
Dienstagnachmittag bei einem Diensttermin in einer Bibliothek im Neuköllner | |
Ortsteil Rudow von einem Mann angegriffen und leicht verletzt worden. Das | |
teilten Polizei und Staatsanwaltschaft in der Nacht zu Mittwoch mit. | |
Demnach sei die SPD-Politikerin in der Bibliothek „von hinten mit einem | |
Beutel, gefüllt mit hartem Inhalt, attackiert und am Kopf sowie am Nacken | |
getroffen“ worden. Giffey sei im Anschluss wegen Kopf- sowie | |
Nackenschmerzen ambulant im Krankenhaus behandelt worden. | |
Ein 74-jähriger Mann wurde als Tatverdächtiger vorläufig festgenommen. Die | |
Ermittlungen zum Motiv des mutmaßlichen Täters dauerten an, wie die | |
Berliner Staatsanwaltschaft am Mittwochmittag mitteilte. Gegen den Mann | |
lägen bereits polizeiliche Erkenntnisse aus dem Bereich des Staatsschutzes | |
und der Hasskriminalität vor. Der Beschuldigte sollte noch am Mittwoch | |
einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Da Anhaltspunkte für eine | |
psychische Erkrankung vorlägen, prüfe die Staatsanwaltschaft die | |
Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus, hieß | |
es. Zudem sollte dessen bisheriger Aufenthaltsort durchsucht werden. | |
Die Berliner SPD verurteilte am Mittwoch den „hinterhältigen Angriff“ auf | |
die Wirtschaftssenatorin und Stellvertreterin des Regierenden | |
Bürgermeisters Kai Wegner (CDU). Auch CDU-, Linken- und | |
Grünen-Politiker:innen zeigten sich entsetzt über den tätlichen Angriff auf | |
die SPD-Spitzenpolitikerin, die bis vor einem Jahr immerhin selbst | |
Regierende Bürgermeisterin war. | |
## Erinnerungen an Überfall in Dresden | |
Der Vorfall in Giffeys Wahlkreis im Süden Berlins ereignete sich nur wenige | |
Tage nach der [1][gewalttätigen Attacke auf den sächsischen | |
SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke], der in Dresden am Freitagabend beim | |
Anbringen von Wahlplakaten von vier mutmaßlichen Rechtsextremisten brutal | |
zusammengeschlagen wurde. | |
Aufgrund dieser und ähnlicher Taten in Sachsen wurde auf einer | |
Sondersitzung der Innenminister:innenkonferenz am Dienstagabend | |
auch eine Überprüfung der Strafgesetze gefordert, um Angriffe auf politisch | |
Aktive schärfer ahnden zu können. [2][Aus den Reihen der Ampelkoalition] | |
gab es daran aber bereits Kritik: „Härtere Strafen sind schnell gefordert – | |
vor allem kurz nachdem öffentlichkeitswirksame Straftaten erfolgt sind“, | |
sagte etwa der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, | |
Konstantin Kuhle. Polizeibeamte vor Ort und eine gut ausgestattete, zügig | |
arbeitende Justiz seien aber viel wirkungsvoller. | |
Auch die Grünen-Abgeordnete Misbah Khan erklärte: „Statt härterer Strafen | |
muss das Vollstreckungsdefizit bei Haftbefehlen endlich angegangen werden.“ | |
Sie forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, Gewalt gegen Politiker | |
und Ehrenamtliche bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz ganz oben | |
auf die Tagesordnung zu setzen. | |
Anlässe dazu gibt es leider zuhauf. Am Dienstagabend waren in Dresden | |
[3][erneut Wahlkämpfer*innen der Grünen angegriffen worden]. Die | |
Dresdner Stadtratskandidatin Yvonne Mosler war mit ihrem Parteikollegen | |
Cornelius Sternkopf und zwei Medienteams unterwegs, um Plakate aufzuhängen. | |
Dabei wurde sie von zwei Personen attackiert. | |
## Grenzen der Meinungsfreiheit | |
Ein Angreifer habe die Politikerin laut Polizei beiseitegestoßen, sie | |
beleidigt und bedroht. Außerdem soll er zwei Wahlplakate heruntergerissen | |
haben. Eine zweite Angreiferin kam den Angaben zufolge hinzu und bespuckte | |
die Politikerin. Zuvor sollen sie in einer Gruppe gestanden haben, aus der | |
heraus der Hitlergruß gezeigt wurde. Die Polizei stellte die beiden in | |
unmittelbarer Nähe. | |
Giffey selbst erklärte am Mittwochvormittag, sie sei „besorgt und | |
erschüttert“ über „die sich verstärkende ‚Freiwildkultur‘“, darüb… | |
Menschen, die sich politisch engagieren, „immer häufiger vermeintlich | |
gerechtfertigten und hinzunehmenden Angriffen“ ausgesetzt seien. | |
„Wir leben in einem freien und demokratischen Land, in dem jede und jeder | |
seine Meinung frei äußern darf und kann. Dennoch gibt es eine klare | |
Grenze“, so Giffey weiter. Und diese Grenze sei „Gewalt gegen Menschen, die | |
eine andere Auffassung vertreten, aus welchen Gründen auch immer, in | |
welcher Form auch immer“. Zu ihrem eigenen Befinden nach dem Vorfall in | |
Rudow teilte sie mit: „Nach dem ersten Schreck kann ich sagen, es geht mir | |
gut.“ | |
Aktualisiert um 13.40 Uhr | |
8 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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