# taz.de -- Taser für die Berliner Polizei: Waffenkauf ohne Evaluation | |
> Allen Geldsorgen zum Trotz hat SPD-Innensenatorin Iris Spranger die | |
> angekündigte Beschaffung von 250 Tasern für die Polizei bereits | |
> abgeschlossen. | |
Bild: Innensenatorin Iris Spranger (SPD) inspiziert die Hauptstadt-Polizei | |
BERLIN taz | Auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) muss angesichts der | |
Haushaltslage sparen. Bei der Erneuerung des Fuhrparks der Polizei müsse | |
sie den Rotstift ansetzen, und die Bodycams würden auch nicht in dem Umfang | |
kommen wie geplant, [1][kündigte Spranger jetzt an]. Nur über die | |
versprochene Anschaffung von 250 Elektroschockgeräten für den | |
flächendeckenden Einsatz durch die Polizei verlor sie dabei | |
auffälligerweise kein klagendes Wort. | |
Aus gutem Grund, denn die von Spranger seit Langem mit Nachdruck beworbene | |
Großinvestition in sogenannte Taser ist längst abgeschlossen. Das geht aus | |
einer Antwort der Innenverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des | |
Grünen-Abgeordneten Vasili Franco hervor, die der taz exklusiv vorliegt. | |
Demnach waren Ende April von den 700.000 Euro, die für Taser im | |
Doppelhaushalt 2024/25 zur Verfügung stehen, schon rund 645.000 ausgegeben. | |
Zugleich heißt es für die Polizei vorerst weiter: Warten auf die Waffen. | |
Angekommen sind die 250 Taser jedenfalls nach Angaben der Innenverwaltung | |
noch nicht. | |
Nach wie vor beschränkt sich die Verfügbarkeit somit auf jene 25 Taser, die | |
auch schon zuvor bei ausgewählten Dienstabschnitten und der Brennpunkt- und | |
Präsenzeinheit im Einsatz waren. Oder eben nicht im Einsatz waren. | |
Denn auch das zeigt die Antwort aus Sprangers Haus: Seit Anfang 2023 gab es | |
lediglich drei Polizeieinsätze, bei denen ein Taser ausgelöst wurde, bei | |
einem weiteren Einsatz wurde damit gedroht. Zwischendrin blieben die schwer | |
kritisierten Geräte über ein halbes Jahr lang ungenutzt. Aber das will die | |
schwarz-rote Koalition schließlich ändern. Ende vergangenen Jahres wurde | |
von CDU und SPD auch für eine stadtweite Ausweitung des | |
Elektroschocker-Einsatzes [2][das entsprechende Allgemeine Sicherheits- und | |
Ordnungsgesetz (Asog) novelliert]. | |
## Grünen kritisieren substanzlose Taser-Faszination | |
Damals wie heute wurmt den Abgeordneten Franco, dass die Innenverwaltung | |
eine zugesagte Evaluation des Taser-Einsatzes auf die lange Bank schiebt. | |
Weder liege eine Bewertung vor, noch sei sie in Arbeit, kritisiert der | |
Innenexperte der Grünen-Fraktion. Die „Taser-Faszination“ der Koalition | |
entpuppe sich damit, so Franco, „als ein sicherheitspolitisches Vorhaben | |
ohne Substanz“. | |
Tatsächlich verweist die Innenverwaltung darauf, dass eine Evaluation „auf | |
einer breiteren Datengrundlage“ noch aussteht. Eine Bewertung des | |
Einsatzmittels Taser sei aber immerhin „im Rahmen der laufenden | |
Erprobungsphase auf Grundlage einer statistischen Wirksamkeitsbeobachtung“ | |
erfolgt. | |
Das sei extrem dünn, findet Franco. Zumal die geringe Zahl der | |
Tasereinsätze in der Vergangenheit kaum valide Aussagen zur vermeintlichen | |
Wirksamkeit zuließen. Für Franco steht daher fest: „Ohne jegliche | |
wissenschaftliche Grundlage wurde der Taser für die Berliner Polizei zur | |
absoluten Notwendigkeit erklärt.“ Dass es sich „um potenziell tödliche | |
Waffen“ handele, werde bewusst ignoriert, sagt Franco zur taz. | |
Die Innensenatorin will davon freilich nichts wissen. Taser seien „keine | |
Waffen“, wiederholt Spranger am Mittwoch bei der [3][Vorstellung des | |
Sicherheitskonzepts für die Fußball-EM] noch einmal ihren eigenen Merksatz. | |
Schon vor der Asog-Novelle hatte sie Hinweise von Polizeiexpert:innen | |
auf die in den USA registrierten jährlich über 50 Todesfälle nach einem | |
Tasereinsatz vehement abgebügelt. In den USA, [4][so Spranger im | |
vergangenen Herbst], würden Polizist:innen ja auch anders ausgebildet | |
als in Deutschland: „Da vergleiche ich mich doch nicht mit Amerika.“ | |
16 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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