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# taz.de -- Spanien und Katalonien: Einigung auf Amnestiegesetz
> Das Gesetz befreit Kataloniens Unabhängigkeitsbefürworter vom Vorwurf des
> Terrors und des Hochverrats. Rechte wollen vors Verfassungsgericht
> ziehen.
Bild: Neben Carles Puigdemont profitieren vom Amnestiegesetz auch Polizisten, d…
Madrid taz | Der zweite Anlauf ist erfolgreich. Das Amnestiegesetz für
mehrere hundert Aktivisten und Politiker, die der Vorbereitung und
Durchführung des von Madrid untersagten Unabhängigkeitsreferendums im
nordöstlichen Katalonien am 1. Oktober 2017 beschuldigt werden, steht.
Am Donnerstag haben sich auf den neuen Entwurf die Sozialdemokraten von
Regierungschef Pedro Sánchez und die Parteien der katalanischen
Unabhängigkeitsbefürworter geeinigt. Letztere sind die in Barcelona
regierenden Republikanischen Linken (ERC) und die Partei Gemeinsam für
Katalonien (JxCat) des im Brüsseler Exil lebenden katalanischen
Ex-Präsidenten Carles Puigdemont. Das Gesetz dürfte angesichts der
Mehrheitsverhältnisse sowohl im Justizausschuss wie im Parlament gebilligt
werden.
Sánchez hatte die Amnestie versprochen, um die im letzten Herbst zur
Regierungsbildung nötige Parlamentsmehrheit zu bekommen. Das jetzt dem
Ausschuss vorgelegte Gesetz wird mehr als 400 Menschen betreffen, darunter
auch mehrere dutzend Polizisten. Sie waren am Tag des Referendums in
Katalonien im Einsatz und werden der Gewalt gegen friedliche Wähler und
Wählerinnen beschuldigt.
Auf einer der kommenden Plenarsitzungen wird das Gesetz dann endgültig
verabschiedet. Es wird anders als vor fünf Wochen eine Mehrheit bekommen.
[1][Damals hatte JxCat dagegen gestimmt, um Nachverhandlungen zu
erzwingen.]
## Für rechte Richter ist Puigdemont ein rotes Tuch
Dabei ging es vor allem um die Delikte Terrorismus und Hochverrat.
Entsprechende Ermittlungen wurden just parallel zu den Verhandlungen um die
Amnestie von Ermittlungsrichtern wieder aktiviert. Die dazu ermittelnden
Richter stehen Spaniens rechter Opposition nahe. Ihnen geht es um
Puigdemont. Der soll, so die spanische Justiz, Massenproteste des
sogenannten „Demokratischen Tsunami“ vom Exil aus organisiert haben.
Bei den Protesten im Oktober 2019 gegen die Verurteilung von neun
Unabhängigkeitspolitikern und -aktivisten bis zu 13 Jahren Haft wegen
„Aufstand“ wurde der Flughafen von Barcelona blockiert. In der Innenstadt
kam es an mehreren Tagen zu Ausschreitungen und Auseinandersetzungen mit
der Polizei. Dies sei Terrorismus gewesen, so der Vorwurf.
In einem anderen Verfahren wird Puigdemont Zusammenarbeit mit Russland
vorgeworfen, um Spanien und der Europäischen Union zu schaden. „Lass nicht
zu, dass die Realität eine gute Anschuldigung verdirbt“, sagte Puigdemont
ironisch zu den Ermittlungen. „Es fehlt jetzt nur noch ein geheimes
Bankkonto in Panama“, fügte er zynisch hinzu.
Die jetzt vereinbarte Version des Amnestiegesetztes nimmt Terrorismus und
Hochverrat nicht grundsätzlich von Bestrafung aus. Doch die angewandte
Definition begünstigt Puigdemont. Als Grundlage für zu amnestierende
Delikte im Bereich vom Terror und Hochverrat dienen jetzt internationale
Definitionen und nicht die spanische Rechtslage oder die Interpretation
einzelner Richter.
Terrorismus ist nur dann von der Amnestie ausgenommen, wenn es entsprechend
europäischer Richtlinien um vorsätzlich schwere Menschenrechtsverletzungen
geht. Dies ist im Falle der damaligen massiven Proteste wohl kaum der Fall.
Ähnlich beim Hochverrat. Der ist im Sinne der UN-Charta nur bei einer
„wirksamen Anwendung von Gewalt gegen die territoriale Integrität oder
politische Unabhängigkeit Spaniens“ strafbar. Auch das war nicht der Fall.
## „Vollständige Amnestie, die niemanden zurücklässt“
„Mit diesem Gesetz schließen wir eine Etappe der Konfrontation und
Spannungen und öffnen eine Etappe des Dialogs“, sagte Justizminister Félix
Bolaños vor dem Ausschuss. „Wir hatten uns verpflichtet, eine vollständige
Amnestie zu erreichen, die niemanden zurücklässt, und wir werden eine
vollständige Amnestie, die niemanden zurücklässt, beschließen“, bewertet
JxCat die Einigung.
Die rechten Oppositionsparteien, die konservative Partido Popular (PP) und
die rechtsextreme VOX, kündigten erneut an, im Senat die Verabschiedung der
Amnestie hinauszuzögern und später vor das Verfassungsgericht zu ziehen. In
der zweiten Parlamentskammer haben die Rechten die Mehrheit. Eine
aufschiebende Wirkung wird dies Vorgehen aber nicht haben. Denn das Gesetz
sieht die unmittelbare Umsetzung vor, sobald das Parlament es verabschiedet
hat und es im Amtsblatt veröffentlicht wurde.
7 Mar 2024
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[1] /Konflikt-von-Spanien-und-Katalonien/!5989535
## AUTOREN
Reiner Wandler
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