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# taz.de -- Verdacht auf Steuerbetrug in Spanien: „Wir werden euch schreddern…
> Der Lebenspartner der Präsidentin der Region Madrid soll Steuerbetrug
> begangen haben. Nun werden Journalisten bedroht, eine Schmutzkampagen
> läuft an.
Bild: Mit Masken ließ sich während der Corona-Pandemie gut Geld verdienen. Di…
Madrid taz | Die Drohung erreichte ein Mitglied der Chefredaktion eines
bekannten Online-Mediums am vergangenen Dienstag um 23:07 Uhr über
Whatsapp: „Wir werden euch schreddern. Ihr werdet schließen müssen.
Idioten“. Der Absender: der Kabinettschef einer Regionalpräsidentin. „Ist
das eine Drohung?“ schrieb das Redaktionsmitglied empört zurück. „Nein,
eine Ankündigung“, so die Antwort.
[1][Russland]? Ungarn? Nein. Wir befinden uns in der von der konservativen
Partido Popular (PP) regierten spanischen Hauptstadtregion Madrid.
Spaniens wichtigste Online-Zeitung eldiario.es hatte kurz zuvor eine
Recherche veröffentlicht. Alberto González Amador – Lebenspartner der
Präsidentin der Regionalregierung der Autonomen Gemeinschaft Madrid Isabel
Díaz Ayuso – erwartet ein Prozess wegen Steuerbetrugs im großen Stil. Mit
falschen Rechnungen – ausgestellt von Unternehmen, ohne weitere Aktivitäten
– „sparte“ der Vermittler von Produkten aus dem Gesundheitswesen über
350.000 Euro Steuern für Einnahmen von zwei Millionen während der
Covid-Pandemie ein. Er kaufte zwei Luxuswohnungen in Madrid und zog dort
mit Ayuso ein. In der Garage steht ein teurer Sportwagen.
„Es ist falsch, dass er dem Finanzministerium 350.000 Euro wegen Betrugs
schuldet. Es ist das Finanzministerium, das ihm fast 600.000 Euro
schuldet“, erklärte Ayuso anschließend überraschend auf einer
Pressekonferenz. Alle Anschuldigungen seien frei erfunden. Es handle sich
um „einen zwielichtigen Fall aller Institutionen des Staates gegen einen
anonymen Bürger (…) ein Privatmann, der von der ganzen Macht eines Staates
getroffen wird, weil er mein Partner ist (…) Sie wollen mich zerstören und
zerstören ihn“. So spielt Ayuso sich zur furchtlosen Opponentin gegen die
spanische Linkskoalition unter [2][Pedro Sánchez] auf, der im Hintergrund
die Fäden ziehe würde.
## Rechte: Spanien zu einer gesetzlosen Diktatur verkommen
Doch Lügen straft ein gutes Rechercheteam sofort. eldiario.es
veröffentlichte nach der Ansprache Ayusos ein Schreiben des Anwaltes ihres
Partners. Darin gesteht dieser Steuerbetrug und Dokumentenfälschung und
bittet die Staatsanwaltschaft um eine außergerichtliche Einigung. Zu spät:
Das Gerichtsverfahren ist bereits in Vorbereitung. González Amador könnte
zu mehreren Jahren Haft verurteilt werden.
Angesichts des Scherbenhaufens werden die Methoden von Ayuso und ihrem
Kabinettschef Miguel Ángel Rodríguez – der bereits zuvor drohte,
Journalisten in den Knast zu stecken – härter. Am Mittwochmorgen lief eine
Kampagne an: In rechten Onlinemedien wurde von zwei vermummten Journalisten
von eldiario.es berichtet, die mit Gewalt versucht hätten, in die Wohnung
von Ayuso einzudringen. Außerdem hätten Reporter der größten spanischen
Tageszeitung El País Nachbarn belästigt, damit sie Aussagen zu Ayuso
machen.
Politiker aus den Reihen der [3][konservativen PP] teilten und
kommentierten: So etwas habe es in der Demokratie noch nie gegeben. Spanien
sei unter Sánchez zu einer gesetzlosen Diktatur verkommen. Nach Protesten
der betroffenen Medien und von Journalistenverbänden gab Rodríguez zu, er
habe diese Falschinformationen in die Welt gesetzt, in „privaten
Unterhaltungen“.
## Bruder der Präsidentin ist Corona-Pandemie-Gewinnler
Das Verhältnis von Ayuso zur freien Presse ist seit Langem angespannt. Der
Skandal um die Steuermoral ihres Lebenspartners ist nicht ihr erster. So
wohnte Ayuso während des Corona-Lockdowns in der Luxussuite eines Madrider
Hotels für 6.000 Euro im Monat. Wer das bezahlte? Ungeklärt.
Apropos Corona: Im April 2020 schusterte Ayuso ihrem Bruder einen Vertrag
für Atemschutzmasken zu. Über 240.000 Euro verdiente er. Ihr Vater befreite
sich von der Rückzahlung eines sechsstelligen öffentlichen Kredits, die
Mutter und ein Ex-Partner Ayusos sollen mit dubiosen Verträgen
Hunderttausende eingestrichen haben.
Ayusos Gegner leben gefährlich. Der ehemalige PP-Vorsitzende Pablo Casado
beklagte sich öffentlich über [4][den anrüchigen Maskendeal] der
Geschwister Ayuso und erfuhr den innerparteilichen Einfluss Ayusos mit
voller Wucht. Er musste wenig später seinen Hut nehmen. Zwei Beamte, die
einen Antrag auf Baugenehmigung für die beiden Luxuswohnungen von González
Amador ablehnten, wurden versetzt.
Am Mittwochabend forderten mehrere hundert Menschen vor der PP-Zentrale
Ayusos Rücktritt. Einige Straßenzüge weiter ging die Präsidentin zu Bett in
ihrer Luxus-Behausung – erkauft mit, so viel steht wohl fest, schmutzigem
Geld.
21 Mar 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
PP
Madrid
Steuerbetrug
Schwerpunkt Korruption
Rechtsruck
Spanien
Spanien
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