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# taz.de -- Anklage gegen Ehefrau wegen Korruption: Tritt Spaniens Sánchez zur…
> Spaniens sozialistischer Regierungschef nimmt eine Auszeit – vielleicht
> für immer. Eine rechte Pseudo-Gewerkschaft hatte zuvor Vorwürfe erhoben.
Bild: Sie ist das Ziel: Sánchez’ Ehefrau Maria Begoña Gómez
Madrid taz | Der spanische Regierungschef Pedro Sánchez hat sich eine
fünftägige Auszeit genommen und alle Termine gestrichen. „Ich muss
innehalten und nachdenken“, heißt es in einem offenen Brief an die Bürger
des Landes. Sánchez, dessen Koalition aus Sozialisten und Linksalternativen
in Minderheit regiert, [1][hatte ihn am Mittwochabend auf X
veröffentlicht]. „Ich brauche dringend eine Antwort auf die Frage, ob es
sich lohnt (…), ob ich die Regierung weiter führen oder auf diese Ehre
verzichten soll“, heißt es darin weiter.
Am Montag werde er seine Entscheidung bekanntgeben. Zuvor hatte ein Gericht
die Ermittlungen gegen seine Ehefrau Begoña Gómez eingeleitet. Das Gericht
erklärte die Untersuchungen zur Verschlusssache.
Richter Juan Carlos Peinado am Amtsgericht Madrid ließ – ohne wie
eigentlich üblich die Staatsanwaltschaft hinzuzuziehen – eine Klage der
rechtsextremen Pseudogewerkschaft „Manos Limpias“ (Saubere Hände) zu. Darin
wird Gómez „Einflussnahme und Korruption im Geschäftsleben“ vorgeworfen.
Die Gruppe „Manos Limpias“ bringt seit Jahren rechte Anliegen und
Politiker, die der Rechten verhasst sind, vor Gericht. Bis auf ganz wenige
Ausnahmen scheiterten die Klagen nach mehreren Monaten. Doch derweilen
[2][nutzen rechte Talkshowteilnehmer das, um ordentlich Stimmung zu
machen].
## Die Belege: Berichte verschiedener Internetseiten
Als Belege für die Anschuldigungen gegen Gómez liefert Manos Limpias nur
Artikel aus Internetseiten. In einem Text geht es etwa um die Genehmigung
von öffentlichen Subventionen an Begoña Gómez. Und das, obwohl sich längst
herausgestellt hat, dass es sich in diesem Fall um eine völlig andere
Person in Nordspanien handelt. Weder Begoña noch Gómez sind in [3][Spanien]
wirklich exklusive Namen.
Bei der wichtigsten Anschuldigung geht es um ein Hilfspaket in Form eines
Kredites von über 600 Millionen Euro für die zweitgrößte spanische
Fluggesellschaft Air Europa. Es handle sich, so die rechte Presse – auf
deren Recherchen sich die gesamte Kampagne stützt – um einen Fall von
Einflussnahme durch Gómez auf Mann und Regierung.
Die 49-Jährige, die seit Jahren im Marketingbereich für Banken und allerlei
NGOs arbeitet, hatte tatsächlich Geschäftsverbindungen zu einer Tochter des
Reiseunternehmens Globalia, zu dem auch Air Europa gehört. Sie hatte kurz
vor der Pandemie für das Unternehmensinstitut ein Stipendienprogramm für
Studenten aus Afrika ausgehandelt. Es wurde allerdings wegen Covid nie
umgesetzt.
Der einzige Betrag, der letztlich floss, war der für zwei Flugtickets. Air
Europa zahlte für den Kredit, für den auch die rechte Opposition stimmte,
mittlerweile 66 Millionen an Zinsen und 25 Millionen an Raten.
## Klage erinnert an eine ähnliche Geschichte in Valencia
Sánchez sieht sich als Opfer „einer Strategie der Hetze und Zerstörung“
gegen ihn, seine Politik und nun auch seine Familie. Seit Monaten schießt
sich die Rechte auf seine Frau ein. Das geht so weit, dass in TV-Talkshows
davon die Rede ist, sie sei eine Trans und ihre Eltern im Bordellgewerbe
tätig.
Sánchez wirft dem Vorsitzenden der rechten [4][Partido Popular] (PP),
Alberto Núñez Feijóo, und seinem Kollegen bei der rechtsextremen VOX,
Santiago Abascal, vor, „notwendige Kollaborateure einer rechtsextremen
digitalen Galaxie und der Organisation Manos Limpias“ zu sein. Feijóo und
Abascal sprachen nach der Veröffentlichung des Briefes von einem „Theater“,
das Sánchez aufführe, um von schweren Vorwürfen abzulenken, und forderten
einmal mehr dessen Rücktritt.
Die Ermittlungen im Falle Gómez erinnern viele an eine andere Klage durch
Gruppen der extremen Rechten [5][in der Region Valencia]: Im April 2022
wurde die damalige regionale Vizeregierungschefin Mónica Oltra von der
linksalternativen Compromis beschuldigt, ihr Amt benutzt zu haben, um ihren
Ex-Ehemann, der wegen Missbrauch Minderjähriger in einem Heim, wo er
arbeitete, zu mehreren Jahren Haft verurteilt worden war, zu decken. Die
Kläger behaupteten, Oltra und 14 weitere Angeklagte hätten Beamte unter
Druck gesetzt, damit sie nicht gegen den Ex aussagen.
Nach einer zwei Jahre dauernden Untersuchung, bei der auch vor dem
E-Mail-Verkehr der Vizepräsidentin und des ihr unterstehenden regionalen
Gleichstellungsministeriums nicht Halt gemacht wurde, stellte der Richter
die Ermittlungen gegen alle ein. Er habe „keinen einzigen Hinweis gefunden,
dass von den Führungspositionen des Ministeriums aus Anordnungen oder
Anweisungen erteilt wurden, die darauf abzielten, den Sachverhalt zu
verheimlichen oder die Minderjährige zu diskreditieren“, erklärte der
Richter in seinem Schreiben.
## Wird Sánchez die Vertrauensfrage im Parlament stellen?
Doch der Schaden war nicht mehr zu beheben. Oltra war im Juni 2022
zurückgetreten. Seit den Regionalwahlen 2023 regiert eine Koalition aus PP
und VOX die Region Valencia. Diese räumt nun mit dem politischen Erben
Oltras auf. Gleichstellungsprogramme, Maßnahmen gegen
geschlechtsspezifische Gewalt und zur Sensibilisierung in Sachen LGTBI
wurden alle gestrichen.
Jetzt warten in Spanien alle gespannt auf Montag. Wird Sánchez
zurücktreten? Die Vertrauensfrage im Parlament stellen? Kommt es zu
Neuwahlen? Den Talkshows geht der Spekulationsstoff übers Wochenende sicher
nicht aus.
25 Apr 2024
## LINKS
[1] https://x.com/sanchezcastejon/status/1783181535337734409
[2] /Spaniens-Rechte/!5994623
[3] /Separatisten-feiern-Erfolg-im-Baskenland/!6003309
[4] /Konservative-Regionalchefin-Madrids/!5996576
[5] /Hitzewelle-in-Spanien/!5988192
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Schwerpunkt Korruption
Spanien
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Justiz
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