# taz.de -- Psychische Gesundheit: Tanzen gegen Depressionen | |
> Bewegung ist ein wirksames Mittel gegen Depressionen, zeigt nun auch eine | |
> Übersichtsstudie. Tanzen schnitt dabei besser ab als Joggen oder | |
> Schwimmen. | |
Bild: Tanzen ist Balsam für die Seele – egal ob im Club oder Verein | |
Was machst du in deinem Bett auf dem Rücken? Du solltest tanzen, ja tanzen! | |
Übersetzt man diese Zeile ins Englische und unterlegt sie mit Discobeats, | |
fangen die Hüften fast automatisch an zu kreisen. Der Song „You Should Be | |
Dancing“ von den Bee Gees ist bekannter Discoklassiker und Teil des | |
„Saturday Night Fever“-Soundtracks, der wie andere Filme der 1970er- und | |
1980er-Jahre eine sehr simple Antwort auf etwaige Lebens- und | |
Identitätskrisen gab: tanzen! Dass man damit gar nicht mal falsch lag, | |
[1][zeigt eine Studie], die Mitte Februar im British Medical Journal | |
veröffentlicht wurde. | |
## Die Studie | |
Der Psychologe Michael Noetel von der Queensland Universität in Australien | |
und sein Team verglichen in einer Metastudie klinische und nichtklinische | |
Behandlungsmethoden für Depressionen. Das Team analysierte die Ergebnisse | |
aus 218 zufällig ausgewählten Studien mit insgesamt 14.170 Teilnehmenden. | |
Alle ausgewählten Studien befassten sich entweder mit der Wirksamkeit | |
verschiedener Bewegungsformen, der Einnahme von Antidepressiva in Form | |
selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) oder [2][kognitiver | |
Verhaltenstherapie]. | |
Die Metastudie bestätigt, dass körperliche Aktivität einen bedeutenden | |
Einfluss auf depressive Symptome haben kann. Insbesondere sogenanntes | |
aerobes Training, also solches, wo die Muskeln mit Sauerstoff versorgt | |
werden, soll helfen: Dazu gehören Ausdauersportarten wie Joggen, Walken, | |
Fahrradfahren, Schwimmen oder eben Tanzen. In der Studie von Noetel und | |
seinem Team schafft es Tanzen auf Platz eins, dicht gefolgt von Joggen und | |
Walken auf Platz zwei. Kognitive Verhaltenstherapie landet „nur“ auf Platz | |
drei, auf Platz fünf findet sich eine Kombination aus Bewegung und | |
[3][Medikamenten]. | |
Nun könnte der Eindruck entstehen, Depressionen ließen sich durch bloße | |
Bewegung wegtanzen oder weglaufen. Das stimmt so nicht. Als Reaktion auf | |
die Noetel-Studie gaben Psychiater*innen und Psycholog*innen | |
gegenüber dem Londoner Science Media Center zu bedenken, dass es | |
Betroffenen je nach Schweregrad der Depression schwerfällt, überhaupt in | |
Bewegung zu kommen. | |
## Was bringt’s | |
Dass Bewegung besonders bei leichten bis mittelschweren Depressionen helfen | |
kann, ist zwar keine neue Erkenntnis. Denn neben den körperlichen Vorteilen | |
stärkt sportliche Betätigung vor allem Selbstwirksamkeit und Selbstwert der | |
Betroffenen. Ein Behandlungsmodell, das Sport für an Depressionen Erkrankte | |
vorsieht, wurde hier in Deutschland aber erst in den vergangenen Jahren | |
erarbeitet: Sporttherapie bei Depressionen wird mittlerweile von einigen | |
Betriebskrankenkassen übernommen und soll künftig zur Regelleistung werden. | |
Die Erkenntnisse der Metastudie bestätigen einmal mehr, dass das aus | |
wissenschaftlicher Sicht der richtige Weg ist. | |
1 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bmj.com/content/384/bmj-2023-075847 | |
[2] /Stellenwert-von-psychischer-Gesundheit/!5833887 | |
[3] /Psychotherapeutische-Behandlung/!5858163 | |
## AUTOREN | |
Sophia Zessnik | |
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