| # taz.de -- Depressionen: Berliner Traurigkeit | |
| > Einer neuen Studie zufolge sind Berliner:innen überdurchschnittlich | |
| > depressiv. Aber woran liegt das? Forschung könnte Antworten liefern. | |
| Bild: Frauen leiden häufiger an Depressionen – in Berlin ist es jede sechste | |
| Berlin taz | Schlafstörungen, Niedergeschlagenheit, Antriebsschwierigkeit, | |
| Lebensüberdruss: Depressionen sind mittlerweile eine Volkskrankheit. In | |
| Berlin wurde 2022 beinahe jede siebte Person mit Depressionen | |
| diagnostiziert, das entspricht insgesamt 445.000 Berliner:innen. Diese Zahl | |
| geht aus dem [1][AOK-Gesundheitsatlas für Berlin] hervor, der pünktlich zum | |
| Welttag für mentale Gesundheit am Donnerstag erschienen ist. | |
| Der Report offenbart: Im Deutschlandweiten Vergleich ist Berlin | |
| überdurchschnittlich häufig depressiv. Ebenso im Vergleich zu seinem | |
| direkten Nachbarn Brandenburg. Dort war 2022 nur jede:r Neunte von | |
| Depressionen betroffen. | |
| Tatsächlich überrascht dieser Unterschied zwischen Metropol- und | |
| Landbevölkerung mit Blick auf bisherige Forschung nicht besonders. Was ist | |
| es also, das die Städter:innen und insbesondere die Berliner:innen | |
| so depressiv macht? Auch wenn der Gesundheitsatlas keine konkreten | |
| Antworten darauf geben kann, liefert die Forschung zumindest Hinweise. | |
| ## Prekäre Lebensumstände | |
| Da ist der Verkehrslärm und die Enge der Großstädte, die belasten. Aber | |
| auch chronischer Stress sowie prekäre Lebens- und Arbeitsumstände könnten | |
| eine Rolle spielen. Verkäufer:innen sind berlinweit dreimal häufiger | |
| krankgeschrieben als der Durchschnitt. Auch Menschen, die in der Heilpflege | |
| und Sonderpädagogik arbeiten oder Busse und Bahnen fahren, fallen häufiger | |
| wegen Depressionen aus. | |
| Mitautor des Gesundheitsatlas, der Soziologe Helmut Schröder, führt einen | |
| weiteren Grund für den Unterschied zwischen Berlin und Brandenburg auf. | |
| „Die Versorgung in Berlin ist eine andere als in der Uckermark“, sagt er | |
| der taz. Es wäre also auch denkbar, dass in Berlin schlichtweg mehr | |
| Diagnosen gestellt werden. Sowieso ist von einer Dunkelziffer auszugehen, | |
| weil Depressionen weiterhin stigmatisiert – und als Folge dessen | |
| unbehandelt bleiben. | |
| Das wissenschaftliche Institut der AOK, dessen Leiter Schröder ist, hat für | |
| den Gesundheitsatlas mit der Universität Trier kooperiert. Gemeinsam haben | |
| sie ein Hochrechnungsverfahren entwickelt, mit dem sie die | |
| Krankenkassendaten von rund 705.000 Berliner:innen auf die | |
| Gesamtbevölkerung hochrechnen können. Weil die meisten Ärzt:innen und | |
| Psychotherapeut:innen selbstständig arbeiten und darum stark | |
| zeitversetzt abrechnen, stammen die AOK-Zahlen von 2022. | |
| ## Isolation während der Corona-Pandemie | |
| Helmut Schröder betont darum, dass die Daten deutlich von den Nachbeben der | |
| Coronapandemie eingefärbt seien. Ihm zufolge wirkten die Folgen der | |
| sozialen Isolation deutlich nach, seien aber nicht „der alleinige Trigger“. | |
| Eine Vielzahl von Krisensituationen werde auch weiterhin zu mehr | |
| Depressionen führen, prognostiziert er. | |
| Der Gesundheitsatlas bestätigt bisherige Forschungsergebnisse in puncto | |
| Alter und Geschlecht. Ältere Menschen sind häufiger depressiv als jüngere. | |
| Bei den hochbetagten Berliner:innen zwischen 80 und 84 ist es jede:r | |
| Vierte – versus jede:r 15. zwischen 30 und 34. Unabhängig vom Alter werden | |
| Frauen häufiger mit Depressionen diagnostiziert als [2][Männer.] Jede | |
| sechste Berlinerin ist betroffen, aber nur jeder zehnte Berliner. | |
| Zeitgleich nehmen Männer weniger Hilfsangebote in Anspruch, was ein Grund | |
| für ihre [3][höhere Suizidrate] sein könnte. | |
| ## Mehr Angebote für Betroffene | |
| Der Krisenchat, ein psychosoziales Online-Beratungsangebot bei psychischen | |
| Krisen, fordert zum Welttag der mentalen Gesundheit, mehr niederschwellige | |
| und digitale Angebote zu schaffen. Betroffene können sich per Messenger | |
| oder SMS beraten lassen. Außerdem macht sich die Organisation für mehr | |
| Prävention stark. Sie bemängeln, dass der Zugang zur psychischen | |
| Gesundheitsversorgung immer schwieriger werde. | |
| 10 Oct 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.gesundheitsatlas-deutschland.de/data/Atlanten/ATLAS_DEPRESSIONE… | |
| [2] /Depression-bei-Jugendlichen/!5882655 | |
| [3] /Suizidzahlen-2023/!6032586 | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Wulff | |
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