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# taz.de -- Bündnis Sahra Wagenknecht: Vorwärts immer
> Alexander King organisiert den Aufbau der Wagenknecht-Partei in Berlin.
> Auf Bezirksebene könnte das Bündnis demnächst erstmals eine Fraktion
> bilden.
Bild: „Berlin ist nicht Zwickau“: Alexander King (BSW)
Berlin taz | Alexander King ist zufrieden mit seiner neuen politischen
Heimat. 53 Mitglieder habe das ganz unbescheiden nach seiner Parteichefin
benannte „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) inzwischen in Berlin, bundesweit
sind es 450. Und es gebe „noch sehr viele mehr“, die beitreten wollen, sagt
King zur taz. Seine [1][vor weniger als drei Wochen gegründete Partei] sei
also „auf einem guten Weg“.
Der Ex-Bezirkschef der Linken Tempelhof-Schöneberg sitzt als einziger
BSWler im Abgeordnetenhaus. Aus der Linken nebst Fraktion war King im
Oktober vergangenen Jahres ausgetreten. Seither organisiert er den Aufbau
der Wagenknecht-Truppe in Berlin und ist damit schon qua Amt für das
Verbreiten von Optimismus zuständig.
Das Beschwören des eigenen guten Wegs dürfte – neben dem Beklagen der
darüber hinausgehenden politischen Großwetterlage – an diesem Samstag auch
der Sound sein auf dem BSW-Gründungsparteitag im früheren DDR-Kino „Kosmos�…
an der Karl-Marx-Allee in Friedrichshain. King selbst will auf dem ersten
Großevent der Partei keine Rede halten. Er organisiert.
Nach dem Parteitag sollen weitere Mitglieder aufgenommen werden. „Aber das
wird ein langsamer Prozess sein“, sagt King. „Wir wollen die künftigen
Mitglieder persönlich kennenlernen.“ Es gehe darum, dass das
Wagenknecht-Bündnis geschützt wird vor Leuten, „die nicht so politisch
motiviert oder vielleicht falsch motiviert sind“, wiederholt er die
offizielle Parteilinie.
## Ex-Linke beklagen Abgrenzungsaktionen
Auf der Suche nach den richtig Motivierten ist das BSW in Berlin auf
Bezirksebene vereinzelt immerhin schon fündig geworden. So zählen die
Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg je
einen Überläufer von der Linken zum Wagenknecht-Bündnis. In
Tempelhof-Schöneberg verließen zwei Verordnete die Linksfraktion und bilden
nun eine BSW-Gruppe in der BVV. Für mehr reicht es hier derzeit nicht. Um
auf Bezirksebene eine Fraktion bilden zu können, müssen sich mindestens
drei Verordnete zusammenschließen.
Demnächst freilich dürfte es auch das erstmals geben. Denn wie erst jetzt
bekannt wurde, hatten in der BVV Lichtenberg schon vor Wochen
Co-Fraktionschef Norman Wolf und zwei weitere Verordnete der Linken
erklärt, die Partei zu verlassen.
In einem der taz vorliegenden Schreiben an die Lichtenberger Linksfraktion
beklagen sich Wolf und die beiden anderen Ex-Linken darüber, dass sich
Mitglieder des Bezirksverbands „an den Abgrenzungsaktionen unter dem
politischen Kampfbegriff ‚Linkskonservatismus‘ intensiv beteiligt“ hätte…
Man selbst habe „in Partei und Fraktion über Jahre immer wieder Wege
gesucht, die unterschiedlichen Positionen in Partei und Fraktion zu
versöhnen und zu einen“.
Das sei dann doch eine recht eigenwillige Lesart der Ereignisse, heißt es
hierzu auf Nachfrage aus der Linken Lichtenberg. Vielmehr sei es genau
umgekehrt. Gesprächsangebote an die drei Wagenknecht-Anhänger seien von
diesen nicht angenommen worden. Was stimmt, lässt sich nicht nachprüfen.
## Beinharte Machtkämpfe in Lichtenberg
Klar ist: Die Gräben zwischen den Wagenknecht-Anhänger:innen und
-Gegner:innen sind in der Lichtenberger Linken seit Langem tief. Wobei
beinharte Machtkämpfe und persönliche Animositäten in der [2][einstigen
Hochburg der Linken] fast schon zum Markenkern des Bezirksverbands gehören.
Doch Hochburg war einmal, auch wenn die Linke mit ihren 14 Verordneten in
der BVV bislang noch gut dastand.
In der Linksfraktion sorgt aber letztlich weniger der als unvermeidlich
beschriebene Abgang der drei Wagenknecht-Fans für Unmut, sondern ein
durchaus skurriler anderer Punkt. Denn die BSWler wollen vorerst gar keine
eigene Fraktion bilden, sondern in der Linksfraktion bleiben, wenigstens
bis zur Teilwiederholung der Bundestagswahl am 11. Februar – „um alle
Konzentration auf den Wahlkampf richten zu können und Unruhe vom Bezirk
fernzuhalten“, wie sie schreiben.
„Das ist äußerst verwunderlich“, versucht es die Lichtenberger
Linken-Verordnete Claudia Engelmann freundlich zu formulieren. Schließlich
hätten sich die drei sehr bewusst für den Austritt aus der Partei
entschieden. „Und sie sagen ja selbst, dass sie unsere Positionen nicht
mehr vertreten können. Ich habe da kein Vertrauen mehr für eine weitere
Zusammenarbeit“, sagt Engelmann zur taz.
BSW-Organisator Alexander King gibt auch in dieser Frage den
Parteioptimisten. Im Moment sei das Verhältnis zur Linken sicher schwierig
– „wie es nach einer Trennung nun mal ist“, sagt er. Aber: „Natürlich …
es Politikfelder geben wie die Wohnungspolitik, wo wir auf einer Linie
sind.“ Da wäre eine Zusammenarbeit ja wohl naheliegend.
## Berliner Linke verzeichnet insgesamt starken Zulauf
Auf Seiten der Linken zuckt man bei solchen Worten auch auf Landesebene
eher gleichgültig mit den Schultern. „Die sind für uns erst einmal weg“,
sagt Landesgeschäftsführer Sebastian Koch zur taz. Zur Wahrheit gehört: Im
[3][wagenknechtkritischen Landesvorstand] der Berliner Linken hält sich
das Bedauern über den Bruch nach den jahrelangen innerparteilichen
Auseinandersetzungen ohnehin schwer in Grenzen.
Der Trennungsschmerz wiegt umso schwächer, als der Hauptstadt-Linken die
Abspaltung offenkundig nicht geschadet hat, „rein von den Zahlen her“, wie
Koch sagt. So hat die Linke in Berlin nach eigenen Angaben – Stand
Donnerstag – 7.299 Mitglieder, fast 130 mehr als noch zu Anfang des Monats.
Seit der Ankündigung der BSW-Gründung Mitte Oktober zählt die Berliner
Linke sogar über 900 Neuzugänge. „Die Leute rennen uns die Bude ein“, sagt
der Landesgeschäftsführer.
Das beansprucht letztlich auch Alexander King für seine Wagenknecht-Truppe.
„Die strategische Ausrichtung der Linken, die wir falsch finden, geht in
einer Stadt wie Berlin mit ihrem aktivistischen Milieu natürlich besser auf
als anderswo“, sagt King. Trotzdem mangele es auch in der Hauptstadt nicht
an Leuten, die sich „von unserem Angebot“ angesprochen fühlten. „Anders
gesagt: Berlin ist nicht Zwickau, aber Berlin ist auch nicht nur
Kreuzberg.“
Im Stadtparlament des sächsischen Zwickau war vor kurzem über die Hälfte
der Linksfraktion von der Fahne gegangen und zum BSW gewechselt. Von
solchen Absetzbewegungen kann in Berlin nicht einmal ansatzweise die Rede
sein.
26 Jan 2024
## LINKS
[1] /Wagenknecht-Partei-gegruendet/!5982170
[2] /Buergermeisterstreit-in-Lichtenberg/!5806147
[3] /Wagenknecht-kandidiert-nicht-mehr-fuer-Linke/!5919757
## AUTOREN
Rainer Rutz
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