# taz.de -- Erster Parteitag beim BSW: Wohlfühl-Oase für Altlinke | |
> Das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ setzt programmatisch auf Nostalgie und | |
> ignoriert Probleme wie die Klimakrise. Trotzdem ist es gut, dass es die | |
> neue Partei gibt. | |
Bild: Endlich angekommen: Wagenknecht und Lafontaine auf ihrem Parteitag | |
Weder „links“ noch „rechts“ will Wagenknechts neue Partei sein, und erst | |
recht keine „Linke 2.0.“, sagt [1][deren Namensgeberin und Spitzenfrau]. | |
Doch wie ihr erster Parteitag in Berlin jetzt gezeigt hat, ist das neue | |
„Bündnis Sahra Wagenknecht“ genau das: „eine Linke 2.0.“. Oder besser:… | |
Nostalgie-Linke, die sich nicht mit neumodischem Gender-, Migrations- oder | |
Klima-Kram beschäftigen will. Das zeigt sich an ihrem Kernpersonal, das | |
bisher ganz überwiegend aus ehemaligen Mitgliedern der Linkspartei besteht. | |
Das zeigte sich auch an den Themen, die auf dem straff organisierten | |
Parteitag im Zentrum standen. Und es zeigte sich auch daran, wie | |
diszipliniert strittige Fragen, Widersprüche und Differenzen ausgeklammert | |
wurden. Es war eine Wohlfühl-Oase für ergraute Altlinke. | |
So sympathisch die Sehnsucht nach der sozialdemokratischen Friedens- und | |
Sozialpolitik der 70er-Jahre ist, auf die sich Oskar Lafontaine | |
ausdrücklich beruft – es ist fraglich, ob das reicht, um den | |
Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen. Und so verständlich der | |
[2][Wunsch nach einer Rückkehr zur Übersichtlichkeit des Nationalstaats] | |
ist – er hilft nicht, sich in einer globalen Welt zurechtzufinden. Wie soll | |
Deutschland zwischen Russland und den USA eine eigenständige Rolle finden, | |
wenn die EU zu Gunsten starker Einzelstaaten mit je eigenen nationalen | |
Interessen geschwächt wird? Kann es Deutschland auch alleine? Unklar ist | |
auch, wie man dem Arbeitskräftemangel begegnen und den Sozialstaat | |
finanzieren will, wenn die Migration begrenzt werden soll. Die Erderwärmung | |
mit ihren dramatischen Folgen wird schlicht verdrängt: Der Verbrennermotor | |
läuft einfach weiter und die Gasheizung bleibt drin. | |
Im Kampf gegen Rechts folgt das Wagenknecht-Bündnis einer falschen Analyse. | |
Es glaubt, die Wählerinnen und Wähler würden von den Rechtsextremisten | |
lediglich verführt. Ihre Wut habe berechtigte ökonomische Gründe, weshalb | |
man ihr mit „Brot-und-Butter-Themen“ begegnen will. Dahinter steht die | |
marxistische Idee vom „falschen Bewusstsein“. Sie verkennt, dass Menschen | |
auch bewusst gegen ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen votieren, wenn | |
sie sich von einer Idee angesprochen fühlen. Die rechte Idee, | |
Alteingesessene gegenüber Einwanderern zu bevorzugen, ist für viele | |
autochthone Deutsche attraktiv. Viele von ihnen wollen Migranten und | |
anderen Minderheiten schlicht nicht auf Augenhöhe begegnen und gleiche | |
Rechte einräumen. Für diese Ideologie der Ungleichheit steht die AfD. Aber | |
für Rassismus-Theorien interessiert sich Wagenknecht nicht. | |
Es ist unwahrscheinlich, dass ihr Bündnis die AfD mit diesem Ansatz | |
schwächen wird. Vielmehr wird es vor allem enttäuschte Linke- und | |
SPD-Wähler anziehen. Dennoch ist es gut, dass es die neue Partei gibt. Sie | |
stellt einige berechtigte Fragen – auch wenn sie wenig zeitgemäße Antworten | |
hat. | |
28 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Parteitag-vom-Buendnis-Sahra-Wagenknecht/!5985345 | |
[2] /Wagenknecht-Ansprache-in-Wettbergen/!5984257 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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