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# taz.de -- Protestwoche gegen die AfD: Polarisiert euch!
> Wie man die Spaltung der Gesellschaft überwindet? Indem man sich einfach
> mal auf die richtige Seite stellt. Schließlich geht es hier um Werte.
Bild: Auf die Straße gegen die AfD: Eine Demonstration in Berlin im Januar 2014
Die [1][Polarisierung der Gesellschaft schreitet nahezu unaufhaltsam
voran]. Landauf, landab wird ihre Spaltung als fast schon größtes Problem
der Bundesrepublik gesehen. Da sind nicht nur die latent rechtsoffenen
[2][Proteste der Bauern], die mit ihren Treckern am liebsten jede Ampel
umnieten würden, nur um ein Zeichen gegen die Regierung zu setzen. Da ist
vor allem der seit Monaten unaufhaltsam scheinende Aufwind für die
rechtsextreme AfD, die laut Umfragen keineswegs nur im Osten extremen
Zuspruch bekommt. Die dort aber, das kann längst nicht mehr ausgeschlossen
werden, bei den Landtagswahlen im Spätsommer [3][sogar an die Macht kommen
könnte]. Und das nicht trotz, sondern wegen ihrer keineswegs geheimen,
sondern sehr offenen rassistischen und antihumanen Politik.
Ja, das stellt die Kuscheligkeit der Konsensrepublik Deutschland infrage.
Das Sicherheit gebende Gefühl, dass sich alle politischen Lager trotz
heftigster Dispute am Ende gegenseitig Raum zum Leben geben, scheint perdu.
Zwar gibt es Stimmen, die behaupten, dass der Graben noch längst nicht so
tief ist, wie es in den erhitzten Debatten den Anschein hat. So hatte
[4][der Soziologe Steffen Mau zusammen mit Kollegen im Herbst eine viel
diskutierte Studie vorgelegt], laut der es zwar eine „zerklüftete
Konfliktlandschaft“ gebe. Doch in Deutschland sei anders als etwa in den
trumpisierten USA die Gesellschaft noch nicht unüberwindbar gespalten.
Nur, klingt das tatsächlich noch beruhigend? Nein. Denn angesichts der
grenzenlosen Radikalität der Rechtsextremen kann es nicht mehr darum gehen,
einzelne durch kluge Argumentation zurückzugewinnen. Es geht um die Frage,
auf welcher Seite man steht.
## Ums Ganze
Die Spaltung kommt ja nicht aus der Mitte der Gesellschaft. Es geht nicht
um Debatten wie pro oder kontra Atomkraft, pro oder kontra Verkehrswende,
pro oder kontra 3 Cent mehr für Bürgergeldempfänger:innen, über die
man sich leidenschaftlich zerfetzen kann und muss. Es geht ums Ganze. Die
Rechtsextremen haben die Axt an die Grundfesten der Gesellschaft angelegt.
Nicht um sie zu verändern, sondern um sie und die ihr innewohnende
Humanität zu zerstören. Da gibt es keinen Kompromiss mehr. Da gilt nur noch
eins: Polarisiert euch!
Die [5][Enthüllungen der Rechercheplattform Correctiv], laut denen AfDler,
Werteunion-Mitglieder und Rechtsidentitäre ganz offen von Deportation der
ihnen nicht deutsch genug erscheinenden Menschen reden, haben zum Glück bei
vielen das Fass zum Überlaufen gebracht. Seit letztem Wochenende gab es
keinen Abend mehr, an dem nicht irgendwo Hunderte, Tausende oder wie in
[6][Berlin, Potsdam] und [7][Köln] sogar Zehntausende auf die Straßen
strömten, um gegen die AfD zu demonstrieren. Und die Protestwelle [8][wird
in den kommenden Tagen weiterrollen]. Der [9][von verschiedenen
Initiativen geplanten Großdemo am 3. Februar in Berlin] kann man nur
eine überwältigende Teilnehmer:innenzahl wünschen.
Bei diesen Protesten geht es nicht mehr ums Überzeugen der anderen, sondern
um Überzeugung. Es geht nicht darum, die am rechten Rand verirrten Schafe
wieder einzusammeln, sondern Grenzen zu setzen. Kein Fußbreit! Nie wieder!
## Verteidigung der Kuscheligkeit
Vor allem geht es um die Selbstvergewisserung einer hoffentlich sehr großen
Mehrheit, dass sie genau das ist: eine sehr große, eine starke Mehrheit,
die die demokratische Gesellschaft mit ihrer Kuscheligkeit verteidigen
will.
Deshalb ist es auch kein Widerspruch, dass die Verteidiger der offenen
Gesellschaft ernsthaft über die Anwendung der härtesten Mittel diskutieren.
Ein [10][Verbot der AfD hat im Bundestag Befürworter aus allen seriösen
Parteien]. Und fast 1,5 Millionen Menschen haben mittlerweile [11][eine
Petition] unterzeichnet, laut der dem Nazi Björn Höcke Grundrechte wie das
passive Wahlrecht entzogen werden sollen.
Solche Möglichkeiten sind kein [12][autoritäres Überbleibsel] aus unseligen
Zeiten. [13][Im Gegenteil]. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben
sie angesichts unserer faschistischen Vergangenheit in die Verfassung
geschrieben. Als Auftrag für Zeiten wie die heutigen.
In [14][diesem Grundgesetz] stehen trotz aller Änderungen auch immer noch
die Werte, um die es jetzt geht: Die Würde des Menschen ist unantastbar!
Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse,
seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner
religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt
werden! Politisch Verfolgte genießen Asylrecht!
Mit der entsprechenden Verve vorgetragen, klingen diese Artikel wie
Kampfparolen. Wie ein Aufruf zur Polarisierung.
19 Jan 2024
## LINKS
[1] /Verhaeltnis-von-Union-und-AfD/!5985238
[2] /Bauernprotest/!t5985152
[3] /AfD-im-Osten/!5982629
[4] /Spaltung-der-deutschen-Gesellschaft/!5964064
[5] /Geheimtreffen-mit-Rechtsextremen/!5984871
[6] /Proteste-gegen-Rechtsextreme/!5985256
[7] /Anti-AfD-Demo/!5986360
[8] /Auf-die-Strasse-gegen-rechts/!5986650
[9] /Demonstration-gegen-AfD/!5982950
[10] /49-Abgeordnete-fuer-Pruefung/!5986396
[11] https://aktion.campact.de/weact/hocke-stoppen/teilnehmen?utm_medium=adword…
[12] /Petition-zur-Verwirkung-von-Grundrechten/!5983032
[13] /AfD-Verbot-und-Hoecke-Petition/!5986524
[14] https://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html
## AUTOREN
Gereon Asmuth
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