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# taz.de -- Kinotipp der Woche: Schneller zur Sache
> Body Horror mit Speckanteil, Lachse wie Menschen und verirrte
> Papageientaucher: Das British Shorts Filmfestival zeigt Kurzfilme mit
> Biss.
Bild: Warten auf Papageientaucher: Jessica Bishopps „Puffling“
Jess wacht am Morgen auf und hat schon wieder so eine nervige Rötung auf
der Schulter, die so übel juckt. Auf keinen Fall kratzen, dadurch wird es
bloß noch schlimmer, bekommt sie von ihrer Mutter mit auf den Weg zur
Schule, sogar per SMS wird der Ratschlag wiederholt. Und dann passiert
genau das, was in solchen Bodyhorrorstreifen, wie „Dead Skin“ von Lilli
O'Rourke einer ist, natürlich immer passiert.
Der Juckreiz nimmt zu, die roten Stellen auch, ist ja auch logisch bei der
übergriffigen Mutter, der öden Schule und den stumpfen Mitschülerinnen, die
davon träumen, so auszusehen wie Models in Hochglanzmagazinen, auch wenn
ihre Körper so wenig zur Schönheitsindustrie passen wollen wie der von
Jess. Und die fängt dann halt an zu kratzen und weil sich das so gut
anfühlt, kratzt sie immer stärker. Die Haut löst sich, bald ist da nur noch
Fleisch und Knochen und die Chancen beim Model-Contest dürften bei dem
neuen Look eher gesunken sein. Aber Jess fühlt sich endlich richtig gut.
Und da „Dead Skin“ ein britischer Kurzfilm ist, der im Rahmen der neuen
Ausgabe des [1][Filmfestivals „British Shorts“] gezeigt wird, gibt es noch
ein Extra an echtem britischen Humor obendrauf. Der Speck, der da nämlich
in der Pfanne für das nächste Frühstück brutzelt, nachdem Jess ihren neuen
Wohlfühkörper für sich entdeckt hat, der ähnelt dem, was sich Jess da
gerade vom eigenen Leib gerubbelt hat.
„Dead Skin“ wird bei den „British Shorts“ zwar in der Unterrubrik „Mi…
Movies“ gezeigt, also in der Sektion mit den Horrorfilmen, demonstriert
aber exemplarisch ganz gut, was man so bei diesem Kurzfilmfestival zu sehen
bekommt. Nämlich Shorties, die in ein paar Minuten eine Geschichte erzählen
müssen, die vielleicht nicht unbedingt weltbewegend ist, die dafür aber
schneller zur Sache kommen. Und wenn es mit der Pointe mal nicht so
hinhauen sollte, macht es eigentlich auch nichts. Denn dann kommt schon der
nächste Kurzfilm, der es hoffentlich besser macht.
Vom 18. bis zum 24. Januar werden die „British Shorts“ in mehreren Berliner
Kinos gezeigt. Dabei sind das Sputnik Kino, City Kino Wedding, Intimes und
andere. Genre-mäßig wird alles vom Dokumentar- bis hin zum Animationsfilm
gezeigt. Sogar Star-Power gibt es bei den Kurzen. Die große Marianne
Faithfull etwa erzählt in „Wild Summon“ von Karni und Saul, der im
diesjährigen Rennen um die Oscars in der Kategorie Kurzfilm mit dabei ist,
von Lachsen. Der Witz in diesem Shortie ist, dass die Lachse Dank Animation
so aussehen wie menschliche Taucher. Diese durchschwimmen die Flüsse und
Meere, um dann mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit von Menschen gefischt
zu werden. So ein süßer Taucher im Miniaturformat, der dann unter den
Seziermessern der Lachsfischer landet, das sieht so aus, als wäre „Wild
Summon“ auch ein Fall für die Mitternachtsfilme. Was der Film und Marianne
Faithfull jedenfalls sagen wollen: Esst weniger Lachs!
Dass Kurzfilme manchmal auch gerne viel länger gehen dürften als bloß ein
paar Minuten, dafür ist „Puffling“ von Jessica Bishopp ein gutes Beispiel.
Die britische Regisseurin begleitet in ihrer Dokumentation zwei Mädchen,
die auf einer zu Island gehörenden Insel leben, in ihrem Alltag. Dort, wo
sie wohnen, gibt es nichts, was junge Menschen begeistern könnte. Nur eine
karge, schöne Landschaft, die Touristen in Funktionskleidung anzieht. Aber
die Mädchen lieben es hier und nachts, wenn die Jugendlichen in London oder
Reykjavik in die Clubs gehen, sammeln sie junge Papageienvögel ein, die
noch nicht richtig fliegen können und ihre Orientierung verloren haben. Sie
peppeln die Vögel auf und lassen sie davon fliegen, irgendwohin, in die
große weite Welt.
Andreas Hartmann
17 Jan 2024
## LINKS
[1] https://www.britishshorts.de/
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
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Filmfestival
Kurzfilm
Großbritannien
Horrorfilm
Körper
Vögel
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Deutscher Comic
Lachs
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