# taz.de -- Aus den Filmarchiven: Die Sache mit der Hauptfigur | |
> Fritz Lang ist von seiner Hollywood-Seite zu sehen, der Venedig-Gewinner | |
> „200 Meters“ läuft im Lichtblick und Dokumentarfilm geht auch anders. | |
Bild: Das Zeughauskino zeigt Fritz Langs „Fury“ (USA 1936) in der Reihe „… | |
Sein erster Film in Hollywood: Mit „Fury“ ließ Fritz Lang die epischen und | |
abenteuerlichen Stoffe hinter sich, deren Inszenierung ihm einst den Status | |
des gefeierten Regie-Stars der Ufa verschafft hatte, und erhob den | |
Durchschnittsbürger zur Hauptfigur. Doch der grundanständige Joe Wilson | |
(Spencer Tracy) erlebt anstelle des „Amerikanischen Traumes“ vom sozialen | |
Aufstieg einen Albtraum: In einem kleinen Provinznest wird er mit einem | |
Kidnapper verwechselt und ins Gefängnis geworfen, das von einem Lynchmob | |
niedergebrannt wird. | |
Joe, der nur durch einen Zufall dem Tode entrinnt, lanciert in der Folge | |
gefälschte Beweise, die zur Verurteilung seiner Peiniger wegen Mordes | |
führen. Zwar besinnt er sich schließlich eines Besseren, doch sein Glaube | |
an Gerechtigkeit und Menschlichkeit ist für immer verloren. Einerseits | |
repräsentiert der Film Fritz Langs düsteres Universum von Schuld und Rache | |
in all seinen Facetten, zugleich erkennt man aber auch das Interesse des | |
Regisseurs an sozialen Themen. Das Zeughauskino spielt „Fury“ in seiner | |
Reihe „Das andere Amerika“, das die Rezeption von tatsächlich oder | |
vermeintlich amerikakritischen Filmen in der DDR erkundet (19.1., 19 Uhr, | |
[1][Zeughauskino]). | |
Zu einem Zeitpunkt, an dem sich das Verhältnis von Israel und den | |
Palästinensern einmal mehr am absoluten Nullpunkt befindet, zeigt das | |
Lichtblick Kino noch einmal den interessanten Film „200 Meters“, der 2020 | |
beim Festival von Venedig den Publikumspreis gewann und 2021 in Berlin auf | |
dem Arabischen Filmfestival ALFILM zu sehen war. Regisseur Ameen Nayfeh | |
erzählt in seinem zwischen Familiendrama und Road Movie oszillierenden | |
Debütspielfilm von einer absurden Situation: Während die Hauptfigur Mustafa | |
in der palästinensischen Westbank lebt, wohnen seine Frau Salwa und die | |
Kinder nur 200 Meter entfernt in Israel – dazwischen steht eine Mauer. | |
Sein Anrecht auf eine Aufenthaltsgenehmigung und eine permanente | |
Arbeitserlaubnis in Israel lehnt Mustafa grundsätzlich ab, also muss er mit | |
einem Schleuser über die Grenze, als sein Sohn nach einem Unfall in einem | |
israelischen Krankenhaus liegt. Der Film erkundet die häuslichen Probleme, | |
die sich aus der Situation ergeben, wirft aber auch ein Licht auf die | |
Probleme von Menschen, die – meist zur täglichen Arbeit – legal oder | |
illegal die Grenze passieren müssen. Im Anschluss an die Vorführung gibt es | |
eine Diskussion mit der in Berlin lebenden palästinensischen Autorin und | |
Philosophin Yasmeen Daher (22.1., 19.30 Uhr, [2][Lichtblick Kino]). | |
Bedauerlicherweise hat das Fernsehen eine Form historischer Dokumentationen | |
geprägt, die eine ganz besonders dumme Form des Re-enactments in den | |
Mittelpunkt stellen: Man steckt irgendwelche Komparsen in Kostüme, lässt | |
sie an historischen Stätten (oder in entsprechenden Dekorationen) ein wenig | |
auf und ab gehen, legt eine Kommentarstimme darüber – und fertig ist eine | |
Doku, in die so wenig Überlegung wie nur irgend möglich gesteckt wird. Denn | |
das Publikum hält man sowieso grundsätzlich für zu blöd, etwas anderes zu | |
begreifen als die simpelste Form der Doppelung von Bild- und Tonebene. | |
Natürlich war das auch einmal anders, und daran erinnert das Filmmuseum | |
Potsdam in seiner lose fortgeführten Reihe „Museumsfilme“ mit zwei Werken | |
des deutschen Dokumentarfilmers Curt Oertel: „Die steinernen Wunder von | |
Naumburg“ (1932, über die berühmte Gruppe der Stifterfiguren im Dom) und | |
„Michelangelo“ (1940) erzählen von ihren Themen ausschließlich über die | |
fotografische und szenische Inszenierung von Kunstwerken. Eine Einführung | |
hält Prof. Chris Wahl von der Filmuniversität Potsdam (23.1., 19 Uhr, | |
[3][Filmmuseum Potsdam]). | |
18 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihe/das-andere-amerika/ | |
[2] https://lichtblick-kino.org/ | |
[3] https://www.filmmuseum-potsdam.de/ | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
## TAGS | |
taz Plan | |
Kolumne Frisch gesichtet | |
DDR | |
Dokumentation | |
Filmmuseum | |
Filmreihe | |
taz Plan | |
taz Plan | |
taz Plan | |
taz Plan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kinoempfehlungen für Berlin: Der große Knall | |
„Babylon“ erzählt vom Alltagsrassismus der Thatcher-Ära. „Space Cowboys… | |
von alten Männern im Weltall. Und „Raus aus dem Teich“ von taffen Tieren. | |
Kinotipp der Woche: Schneller zur Sache | |
Body Horror mit Speckanteil, Lachse wie Menschen und verirrte | |
Papageientaucher: Das British Shorts Filmfestival zeigt Kurzfilme mit Biss. | |
Kinoempfehlungen für Berlin: Nicht abschrecken lassen | |
Im Zeughaus laufen Filme für das Wochenende, im Kant Kino ein Erklärfilm | |
über Alkoholismus und im Babylon Mitte die Geschichte eines schrägen | |
Mannes. | |
Kinotipps für Berlin: Letzte Chance auf beste Filme | |
Das Freiluftkino Kreuzberg zeigt „200 Meters“, die „Dokfilmwoche“ ist im | |
fsk zu Gast und im Delphi Lux läuft noch „Frühling in Paris“. |