# taz.de -- Kinotipps für Berlin: Letzte Chance auf beste Filme | |
> Das Freiluftkino Kreuzberg zeigt „200 Meters“, die „Dokfilmwoche“ ist… | |
> fsk zu Gast und im Delphi Lux läuft noch „Frühling in Paris“. | |
Bild: Eröffnete das Arabische Filmfestival ALFILM: „200 Meters“ | |
Das Arabische Filmfestival ALFILM konnte in seiner 12. Ausgabe im April | |
dieses Jahres nur online stattfinden. Nun holt man den damaligen | |
Eröffnungsfilm „200 Meters“, der beim Festival von Venedig bereits den | |
Publikumspreis gewann, aber doch noch einmal ins Kino. | |
Der Film erzählt von einer absurden Situation, in der die Hauptfigur | |
Mustafa das Gefühl bekommt, dass ihm das Leben entgleitet. Dass er | |
überhaupt nicht mehr eingebunden ist in die Entscheidungen, die seine Frau | |
und die drei Kinder treffen. Seine Frau Salwa aber will keine Vorwürfe | |
hören: Sie hat genug zu tun mit ihrer Arbeit, den Kindern und dem Führen | |
von zwei Haushalten. | |
Denn die Familie lebt räumlich getrennt: Salwa und die Kinder sind in | |
Israel, Mustafa nur 200 Meter entfernt in seinem Haus in der | |
palästinensischen Westbank. Dazwischen steht die von Israel errichtete | |
Mauer. Da Frau und Kinder in Israel leben, hätte Mustafa eigentlich ein | |
Anrecht auf eine Aufenthaltsgenehmigung und die entsprechende permanente | |
Arbeitserlaubnis. Doch das lehnt er grundsätzlich ab. | |
Mit Mustafas Entscheidung, sich einem Schleuser anzuvertrauen, der ihn über | |
die Grenze bringen soll, als sein Sohn nach einem Unfall in einem | |
israelischen Hospital landet, entwickelt sich Ameen Nayfehs Debütspielfilm | |
vom mit großer Leichtigkeit und Überzeugungskraft hingeworfenen | |
Familiendrama zu einem Road Movie mit etwas exemplarischeren Figuren – | |
gleichwohl stets zusammengehalten von der souveränen Leistung des | |
Hauptdarstellers Ali Suliman (14. 7., 21.30 Uhr, [1][Freiluftkino | |
Kreuzberg]). | |
Dokumentarfilmen mit besonderer Herangehensweise widmete sich in den | |
vergangenen Jahren stets die „Dokfilmwoche“ im fsk-Kino. Nun hat man das | |
Festival quasi „entzerrt“ und in die Veranstaltung „Dok-Termin“ überf�… | |
12 Dokumentarfilme sollen jetzt an jeweils zwei Terminen (einmal im | |
fsk-Kino und in einem weiteren Kino der Indiekino-Gruppe) über das Jahr | |
verteilt laufen und werden dabei durch Einführungen, Diskussionen und | |
Gespräche mit den Filmemacher:innen ergänzt. | |
[2][Los geht es am 11.Juli] mit „Le chant du rossignol“ (1978), dem | |
Debütfilm der belgischen Regiebrüder Jean-Pierre und Luc Dardenne. Ihre | |
knapp einstündige Dokumentation, die in Deutschland bislang nicht im Kino | |
zu sehen war, beschäftigt sich mit dem Widerstandkampf gegen die deutsche | |
Besatzung im Zweiten Weltkrieg in der Gegend rund um Liège (Lüttich) und | |
lässt sieben Protagonist:innen von Deportationen nach Buchenwald, von | |
Streiks in den Fabriken, von Kurierdiensten und Sabotageakten erzählen. | |
Wichtig ist den Dardennes dabei aber auch ein Bezug zur Gegenwart und | |
insbesondere zu der Frage, inwieweit die Erfahrungen der Solidarität, des | |
gewerkschaftlichen Engagements und eines revolutionären Geistes ins Hier | |
und Jetzt hineinreichen. Eine Einführung zum Film gibt Marcus Seibert, der | |
Mitherausgeber der Filmzeitschrift Revolver (11. 7., 18 Uhr, fsk-Kino, | |
[3][12. 7., 18.30, Sputnik Südstern]). | |
[4][Der Verleih wollte den Film] – aus dem vergangenen Jahr verschobenen – | |
unbedingt noch im Frühjahr ins Kino bringen und setzte einen Starttermin | |
vor der allgemeinen Kinowiederöffnung am 1. Juli an – jetzt ist der schöne | |
Debütspielfilm „Frühling in Paris“ von Suzanne Lindon fast schon wieder a… | |
den Kinos verschwunden. Die heute einundzwanzigjährige Tochter von Sandrine | |
Kiberlaine und Vincent Lindon schrieb das Drehbuch zu ihrem Film mit | |
Fünfzehn und realisierte ihn mit Neunzehn. | |
Darin erzählt sie von der sechzehnjährigen Suzanne (gespielt von Lindon | |
selbst), die sich in einen Theaterschauspieler Mitte Dreißig verliebt. Doch | |
„Frühling in Paris“ ist weder ein Lolita-Film noch eine charmante | |
Liebeskomödie: Was Lindon interessiert, ist der Ausdruck des Gefühls von | |
Verliebtheit, eines Einklangs zweier Menschen, die sich zuvor in ihrer | |
Umgebung fremd gefühlt haben. | |
Dafür findet sie schöne Stilisierungen, wie die kleine | |
Quasi-Tanzperformance bei einer Szene im Café, bei die Verliebten zu den | |
Klängen eines Musikstücks von Vivaldi ihre Arme und Hände expressiv bewegen | |
und der innere Einklang seinen Ausdruck in körperlicher Synchronität findet | |
(8.-14. 7., 13.30 Uhr, [5][Delphi Lux]). | |
8 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] http://www.freiluftkino-kreuzberg.de/ | |
[2] https://fsk-kino.peripherfilm.de/events/event/dok-termin-le-chant-du-rossig… | |
[3] https://www.sputnik-kino.com/program/movie/2063 | |
[4] https://yorck.de/filme/fruehling-in-paris | |
[5] https://yorck.de/kinos/delphi-lux | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
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