# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Nicht abschrecken lassen | |
> Im Zeughaus laufen Filme für das Wochenende, im Kant Kino ein Erklärfilm | |
> über Alkoholismus und im Babylon Mitte die Geschichte eines schrägen | |
> Mannes. | |
Bild: „Ein Mann namens Ove“ (2016), Regie: Hannes Holm | |
In der Realität würde man Ove möglicherweise lieber nicht kennen lernen, | |
ist der Endfünfziger doch ein zwanghafter Ordnungsfanatiker mit | |
Blockwartcharakter. Jeden Morgen zur gleichen Zeit begibt er sich auf einen | |
Kontrollgang durch die kleine Siedlung, in der er wohnt, inspiziert | |
Mülltonnen und beschimpft Anwohner, weil sie sich nicht an die Regeln | |
halten. | |
Der schwedische Autor Fredrik Backman hat die Figur des verbitterten | |
Frührentners für seinen auch international erfolgreichen Bestseller „Ein | |
Mann namens Ove“ entworfen; in der gleichnamigen Verfilmung (2016) von | |
Hannes Holm gibt ihm Rolf Lassgård ein Gesicht. Und es ist schon ein | |
Ereignis, wie Lassgård einem diesen Typen ans Herz wachsen lässt, wie man | |
erkennt, dass hinter dessen steifer Haltung ein zwar unsicherer, aber | |
eigentlich hilfsbereiter Mann steckt. | |
Denn die neu ins Viertel gezogene Familie der hochschwangeren Iranerin | |
Parvaneh (Bahar Pars) lässt sich von Oves Gehabe nicht abschrecken: Ganz | |
selbstverständlich wird er als Babysitter, Handwerker und Fahrlehrer in | |
Beschlag genommen. | |
Die Gegenwartsszenen mischen gekonnt Dramatik, staubtrockenem Humor und | |
kleine Running Gags, und der Rückblick auf die Beziehung Oves zu seiner | |
inzwischen verstorbenen Frau, die sich an seinem leichten Autismus nicht | |
störte, ist im besten Sinn rührend (11. 1., 20 Uhr, [1][Babylon Mitte]). | |
Ein Film, der es grandios geschafft hat, sich zwischen allen Stühlen zu | |
positionieren: „One for the Road“ ist deutsches Mainstreamkino; ein Film | |
mit Stars (Frederick Lau, Nora Tschirner), beworben als Komödie mit Herz. | |
Zugleich ist es ein Film über Alkoholiker. Nun ist die Kombination aus | |
Komödie und Alkoholismus zwar nicht unmöglich (bestes Beispiel: der | |
dänische Publikumshit „Der Rausch“ mit Mads Mikkelsen), aber doch zumindest | |
ziemlich herausfordernd. | |
Und irgendwie war man hier offenbar nicht bereit, den ganzen Weg zu gehen: | |
weder den der richtig schwarzen Komödie noch den eines abgründigen Dramas, | |
das ganz tief im Dreck wühlt. Dafür ist dieser (wohlgemerkt auch nicht | |
schlechte) Film ein schönes Beispiel für das deutsche Erklärkino, denn | |
einen Psychologen, der den Hauptfiguren, die sich ihre Probleme partout | |
nicht eingestehen wollen, den Alkoholismus in allen Facetten erläutert, | |
gibt es hier auch (14. 1., 13.15 Uhr, [2][Kant Kino]). | |
„Schönes Wochenende“, so heißt eine bis Ende Februar laufende Reihe im | |
Zeughauskino, die sich Filmen widmet, die sich mit jenen höchst | |
unterschiedlichen Dingen beschäftigen, die Menschen an ihren Wochenenden so | |
tun. Die große Bandbreite reicht dabei von Freizeit bis Arbeitswelt, von | |
der Komödie bis zum Sozialdrama. | |
Eröffnet wird die Reihe berlinerisch-standesgemäß mit „Menschen am | |
Sonntag“, jenem Filmklassiker rund um einen sonntäglichen Ausflug an den | |
Wannsee, den Robert Siodmak und Edgar Ulmer 1929 mit Laiendarstellern in | |
Berlin inszenierten. | |
Das Drehbuch schrieb Billy Wilder, dessen Sinn für Ironie in der kleinen | |
Geschichte um Liebe und Eifersüchteleien am sommerlichen See für einen | |
zartbitteren Unterton sorgt (13. 1., 19 Uhr, [3][Zeughauskino]). | |
11 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/best-of-sweden/6590-best-of-swe… | |
[2] https://www.yorck.de/filme/one-for-the-road?sort=Popularity&date=2024-0… | |
[3] https://www.dhm.de/zeughauskino/vorfuehrung/menschen-am-sonntag-10811/ | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
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