# taz.de -- Rechte Unterwanderung der Bauernproteste: Nur sauer oder rechtsextr… | |
> Der Bauernverband distanziert sich offiziell von rechten Versuchen, den | |
> Protest zu instrumentalisieren. Doch es sind extremistische Töne zu | |
> hören. | |
Bild: Bauernprotest in Berlin an der Siegessäule – hier mit Pegida-Flair | |
BERLIN taz | Es ist die AfD, die beim Bauernprotest vor dem Brandenburger | |
Tor in Berlin am Montag Anschluss sucht. Mehrere Bundestagsabgeordnete sind | |
gekommen, auch der Vorsitzende der als rechtsextrem eingestuften | |
Parteijugend, Hannes Gnauck, wird gesichtet. Flyer werden verteilt, an | |
einem Kleinbus mit AfD-Logo auch geschmierte Stullen. Man stehe an der | |
Seite der Landwirte, beteuert die Partei. „Der Hof brennt, die Ampel | |
pennt.“ | |
Auch andere versuchen am Montag nochmal [1][an den Bauernprotest | |
anzudocken], der mit der Großkundgebung sein vorläufiges Finale findet. Die | |
rechtsextreme Kleinpartei „Freie Sachsen“ macht vor Ort Videos. Auch die | |
Coronaprotestpartei „Die Basis“ hat ein Tischchen aufgestellt. Dazu sind | |
diverse rechte Medienaktivist*innen da. | |
Schon zu Beginn der Bauernprotestwoche hatte [2][die rechtsextreme Szene | |
geballt mitmobilisiert] und ihre Chance gewittert – von den „Freien | |
Sachsen“ über den „III. Weg“ bis zum Identitären-Anführer Martin Selln… | |
Ausgerufen wurde ein „Tag des Widerstands“, verbunden mit Hoffnungen auf | |
einen Generalstreik und Umsturzfantasien. | |
Und auch die AfD stellte sich früh hinter den Protest, nutzte diesen für | |
ihre Attacken gegen die Ampel. „Wir sehen uns auf der Straße“, erklärte | |
AfD-Strippenzieher Björn Höcke – obwohl seine Partei im Grundsatzprogramm | |
erklärt, sie lehne „Subventionen generell ab“, also auch die für | |
Landwirtschaft. | |
## Rukwied sieht Proteste „in rechte Ecke gedrängt“ | |
Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied hatte sich bereits [3][zu Beginn | |
der Protestwoche von Rechtsextremen distanziert]. Am Montag beklagt er nun | |
auf der Bühne, es sei versucht worden, den Protest „in die rechte Ecke zu | |
drängen“, um ihn zu „delegitimieren“. „Das ist nicht gelungen, weil wir | |
Bauern und Bäuerinnen aufrechte Demokraten sind.“ | |
In Berlin aber säen einige Banner und Sprüche Zweifel an dieser | |
Demokratietreue. Der Streit um Agrarsubventionen wird dort kaum noch | |
thematisiert, stattdessen die Ampel und die Politik generell brachial | |
attackiert. „Stoppt den Regierungswahnsinn“ oder „Grüne Welle brechen“, | |
heißt es da. Auf einem anderen sind Bilder der Grünen Ricarda Lang und Cem | |
Özdemir sowie Kanzler Olaf Scholz abgebildet, die als „Ratten“ bezeichnet | |
werden, die man „loswerden“ müsse. | |
Dazu mischen sich Töne, die man etwa von Pegida-Protesten kennt. | |
„Deutschland zuerst“, heißt es auf einer Fahne. „Unser Land, unsere | |
Bauern“, auf einem Schild. „Wir sind das Volk“ skandieren die Teilnehmend… | |
immer wieder. Etliche Deutschlandfahnen wehen. Beklagt wird, dass für | |
Geflüchtete oder Waffenlieferungen an die Ukraine Geld da sei. Klar wird: | |
Es sind nicht nur Landwirte, die sich dem Protest anschließen. | |
## AfD-Mann durfte in Stuttgart sprechen | |
Zu Beginn der Proteste waren auch [4][Galgen oder Flaggen der | |
Landvolkbewegung] gezeigt worden, die in den 1920er Jahren Anschläge auf | |
Ämter verübte – auch dagegen hatte sich der Bauernverband verwahrt. Wie | |
schwierig aber die Abgrenzung im Konkreten ist, zeigte sich etwa in | |
Stuttgart. Dort durfte AfD-Mann Dirk Spaniel auf einer Bühne des | |
Bauernverbands sprechen – als Privatmann, wie die Veranstalter betonten. | |
Spaniel pries sodann den „Widerstand gegen die Regierung“ und verbreitete | |
den Auftritt mit AfD-Logo auf Social Media Kanälen. Dennoch dankte auch | |
Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Montag dem Bauernverband für | |
seine Distanzierung von Rechtsextremen. | |
Die aber versuchten, die Proteste auch für eigene Aktionen zu nutzen. Zu | |
der Blockade der Urlaubsfähre von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) in | |
Schlüttsiel [5][mobilisierten auch Rechtsextreme mit.] In Gera | |
organisierten sie einen Protestzug, in Cottbus war es die AfD, in | |
Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen waren es frühere | |
Coronaprotestler. Und in Wittstock ging der [6][„III. Weg“] mit einer | |
eigenen Demo für den „Bauernstand“ und gegen das „BRD-System“ auf die | |
Straße. In Hilchenbach (NRW) stellte die Partei einen Galgen mit einem | |
Protestschild auf den Balkon ihres Parteibüros. | |
In Dresden schafften es die „Freien Sachsen“ gar auf einer Demonstration | |
Tausende zu versammeln. Einer ihrer Redner erklärte dabei offen, es gehe | |
schon lange nicht mehr um Agrarsubventionen, sondern darum, „endlich diese | |
Politik zu beenden“. Von Bauern war dort wenig zu sehen, dafür reihten sich | |
etliche Handwerker ein. Bei einer Demonstration des Bauernverbands in | |
Dresden, zwei Tage später, [7][wurden Rechtsextreme indes abgedrängt] – was | |
die „Freien Sachsen“ als „Eklat“ bezeichneten. Und auch Höcke beklagte… | |
„Spalten“ des Protests. | |
Der Identitäre Sellner hatte dagegen appelliert, sich erstmal strategisch | |
im Hintergrund zu halten, um dem Eindruck entgegenzuwirken, man missbrauche | |
die Proteste. Dass es ihm aber um mehr als die Bauern geht, macht auch er | |
am Montag nochmal klar. „Heute demonstriert das Volk“, es gehe um dessen | |
Zukunft, erklärte er in einem Posting über die Berlin-Demonstration. Die | |
Proteste seien „massiv“ und die Bauern hätten „noch viel auf Lager“. | |
## Verfassungsschutz sieht nur „Trittbrettfahrer“ | |
Der sächsische Verfassungsschutz konstatierte zuletzt, die Bauernproteste | |
hätten „ganz überwiegend nicht-extremistischen Charakter“ aufgewiesen. Au… | |
in Dresden hätten etliche Teilnehmende den Protest verlassen, als | |
Rechtsextremisten das Wort ergriffen. Auch der Verfassungsschutz NRW teilte | |
am Montag der taz mit, Extremisten hätten an den Protesten nur „vereinzelt | |
als Trittbrettfahrer“ teilgenommen. Es gebe keine Hinweise, dass die Bauern | |
„positiv auf die extremistische Unterstützung reagieren“. Für eine | |
Radikalisierung der Proteste gebe es „aktuell keine Anzeichen“. | |
Nicht nur am Montag wurde aber auch ersichtlich, dass einige Landwirte für | |
weit rechte Parolen empfänglich sind. Und die organisierten Rechtsextremen | |
halten an dem Thema fest. Schon jetzt bewirbt das rechtsextreme | |
Compact-Magazin einen „Bauern-Aschermittwoch“ für Mitte Februar in Gera. | |
Und auch die „Freien Sachsen“ verkündeten: „Wir lassen nicht nach.“ Der | |
Bauernprotest sei „der Anfang einer neuen Protestwelle“. Es ist allerdings | |
eine Ansage, die die Rechtsextremen schon öfter kundtaten. | |
15 Jan 2024 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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