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# taz.de -- Geschichte der Bauernproteste: Wütend seit 500 Jahren
> Im Jahr 1524 begann der deutsche Bauernkrieg. Im Gegensatz zu den
> heutigen Protesten hatten die Agrar-Revoluzzer damals wenig Erfolg.
Bild: Dicke Luft – damals wie heute
Dieses Jahr gibt es in Deutschland mal wieder eine gescheiterte Revolution
zu feiern. 1524, vor 500 Jahren begannen in Schwaben der Bauernkrieg, der
sich im Laufe der darauffolgenden zwei Jahre über weite Teile Südwest- und
Mitteldeutschlands ausbreitete.
Manchmal auch „Revolution des gemeinen Mannes“ genannt, begehrten hierbei
die Untersten in der Nahrungskette auf gegen Geistlichkeit und Adel. Zum
ersten Mal in der deutschen Geschichte wurden universale Freiheitsrechte
gefordert. Am Ende war die Bilanz aber ernüchternd: über 70.000 tote Bauern
und nur punktuell eine Veränderung der Lebensumstände.
Gegen diese hatten die Bauern sich erhoben. Als die ersten Aufstände
losgingen, galt für viele Bauern noch die Leibeigenschaft. Sie durften ohne
die Erlaubnis ihrer Adelsherren weder umziehen noch heiraten und mussten
einen Großteil ihres Ertrags abgeben. Politische Teilhabe der Bauern?
Völlig undenkbar!
Doch dann kam die Reformation: Martin Luther und andere predigten die
Freiheit aller Christen von Unterdrückung. Die Aufständischen fühlten sich
davon inspiriert und veröffentlichten 1525 die „Zwölf Artikel“, in denen
sie Freiheitsrechte wie das Recht auf Jagd und Fischfang und eine
Abschaffung der Leibeigenschaft einforderten. Während Thomas Müntzer,
Reformator und Schüler Luthers, die Bauern unterstützte und dafür
schließlich hingerichtet wurde, distanzierte sich Luther nach den ersten
Gewalttaten von ihnen und forderte, den Aufstand gewaltsam
niederzuschlagen.
## Mit Mistgabeln gegen Kanonen
Der Bauernkrieg konnte nie richtig an Fahrt aufnehmen, es blieb bei
zerstückelten Aufständen, die so für die Obrigkeit leicht zu unterdrücken
waren. Außerdem zogen die Bauern mit Mistgabeln und Dreschflegeln in den
Krieg gegen Schwerter und Kanonen. So wurden schließlich 1526 die letzten
Aufständischen besiegt. In der DDR wurden die Kriege dennoch als
„frühbürgerliche Revolution“ gefeiert, etwa vom Maler Werner Tübke. Ernst
Bloch philosophierte im Westen über Müntzer als „Theologen der Revolution�…
Dass der Bauernkrieg nun wieder Thema ist, liegt nicht nur an den vielen
Ausstellungen zum 500. Jubiläum, [1][etwa in Baden-Württemberg]. Auch
einige der seit Dezember protestierenden Bauern beziehen sich in sozialen
Medien und auf Plakaten positiv auf Vorbilder aus dem 16. Jahrhundert.
Offenbar fühlen sie sich von der Ampelregierung in ähnlichem Maße
unterdrückt. Einen großen Unterschied aber gibt es: Schon jetzt sind die
Bauern von heute erfolgreicher als die Bauern von damals. Als Antwort auf
die Proteste [2][nahm die Regierung einige der geplanten
Subventionskürzungen schnell wieder zurück]. Ob man sich in 500 Jahren
daran noch erinnern wird?
10 Jan 2024
## LINKS
[1] https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/gr…
[2] /Agrarpolitik-der-Bundesregierung/!5980053
## AUTOREN
Lorenzo Gavarini
## TAGS
Landwirtschaft
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