# taz.de -- Parteitag der Linkspartei: Zur Reha in Augsburg | |
> Auf ihrem Europaparteitag scheint sich die Linke vom schmerzhaften | |
> Rosenkrieg mit Sahra Wagenknecht zu erholen. Große Konflikte bleiben aus. | |
Bild: Bewegung ist wichtig: Seenotretterin und Klimaaktivistin Carola Rackete s… | |
AUGSBURG taz | Es ist ein ungewöhnlicher Einstieg in eine Bewerbungsrede. | |
Sie wolle am Anfang „direkt etwas klarstellen“, startet Carola Rackete. „… | |
habe ich Mist gemacht.“ Sie wisse, „dass ich damit viele Menschen verletzt | |
habe und dass ich der Geschichte und der Gegenwart der Linken nicht gerecht | |
geworden bin“. Das tue ihr leid. | |
Das sind Worte, die gut in einer Rücktrittserklärung hätten stehen können. | |
Doch im Fall von Rackete stehen sie für das Gegenteil. Es ist das Signal, | |
für die rund 430 Delegierten auf dem Europaparteitag der Linken in | |
Augsburg, dass die 35-järige parteilose Klimaaktivistin und Seenotretterin | |
die Richtige ist, um mit ihnen den Kampf für eine bessere Zukunft der Welt | |
im Allgemeinen und ihrer zerzausten Partei im Besonderen zu wagen. „Eine | |
Linke für alle, davon möchte ich Teil sein“, ruft Rackete in die Halle und | |
erntet frenetischen Beifall. | |
Anlass für Racketes Entschuldigung war ein unmittelbar vor dem Parteitag | |
veröffentlichtes [1][Interview in der Zeit], in dem sie bekundet hatte, | |
dass es aus ihrer Sicht der Linken helfen würde, „sich noch mal konsequent | |
von ihrer SED-Vergangenheit zu distanzieren und das wirklich | |
aufzuarbeiten“. Außerdem könne der Erneuerungsprozess, den die Partei jetzt | |
gerade beginne, „auch mit einer Umbenennung enden“. Gerade bei den älteren | |
ostdeutschen Genoss:innen, von denen ohnehin nicht wenige mit der jungen | |
westdeutschen Aktivistin fremdeln, hatte das für Verstörung gesorgt. | |
Doch Rackete schafft es, die Bedenken auszuräumen – auch dank der | |
Unterstützung von Stefan Hartmann, dem Landesvorsitzenden der Linken in | |
Sachsen, die sie nominiert haben. Nach Racketes Vorstellungsrede ergreift | |
er das Wort. „Manchmal muss man sehr viel, sehr schnell, sehr hart lernen“, | |
sagt er. Aber schließlich heiße es doch auf Seite 73 des Erfurter | |
Programms, der Parteibibel, die Linke verstehe sich als „lernende Partei“. | |
Das müsse dann auch für Kandidatinnen wie Rackete gelten dürfen. | |
## Der drohende Faschismus | |
Und er freue sich, dass sie nicht herumgeeiert, sondern klar gesagt habe: | |
„Ja, ist ein Fehler, und ich lerne.“ Das überzeugt offenkundig die große | |
Mehrheit der Delegierten: Mit 77,8 Prozent wird Rackete hinter dem | |
Parteivorsitzenden Martin Schirdewan (86,9 Prozent) auf Platz 2 der Liste | |
für die Europawahl im Juni 2024 gewählt. | |
Nach ihrer Wahl steht Rackete erleichtert am Hallenrand. „Ich hoffe nicht, | |
dass mir diese unbedachte Äußerung noch lange nachgetragen wird“, sagt sie | |
der taz. Manche hätten sie deswegen angerufen und angeschrieben, andere in | |
den sozialen Medien reagiert. „Ich habe deswegen viele Gespräche geführt.“ | |
Dabei will sie eigentlich lieber über anderes sprechen: dass linke | |
Klimapolitik gebraucht werde wie nie zuvor. Und dass es auch im sozialen | |
Leben Kipppunkte gebe: die Rückkehr des Faschismus drohe. Die Linke sei die | |
einzige Partei, die ökologische und soziale Fragen verbinde. | |
Als Kapitänin eines Rettungsschiffs, das Flüchtlinge aus dem Mittelmeer | |
zog, wurde Rackete weithin bekannt. Weniger bekannt ist ihr Engagement für | |
die Klima- und Agrarpolitik. „Ich bin auf dem Land aufgewachsen. Meine | |
Eltern sind die Ersten, die in ihren Familien studiert haben“, sagt sie. | |
„In Niedersachsen ist die Landwirtschaft sehr wichtig, die Agrarindustrie | |
und die großen Hühnerhöfe.“ Deshalb beschäftigt sie die Frage: Wie kann m… | |
den ökologischen Wandel sozial gerecht gestalten? „Leute verschulden sich, | |
weil sie in Ställe investiert haben.“ | |
## Junge Leute für Europa | |
Ökologische Fragen müsse man aber auch europäisch betrachten: „Die | |
[2][Wasserknappheit in der Lausitz] ist auch in Polen und Tschechien ein | |
Problem.“ Darum will sie ins EU-Parlament. Es sei gut, dass jetzt viele | |
junge Leute in die Linkspartei eintreten würden, sagt Rackete. „Ich glaube, | |
dass das Klarheit schafft.“ | |
Zu diesen n[3][euen Mitgliedern gehört Cansin Köktürk]. Die 30-Jährige ist | |
zum ersten Mal auf einem Parteitag bei der Linken. Die Sozialarbeiterin und | |
Buchautorin aus Bochum hat die Grünen verlassen, nun gibt sie der | |
angestrebten Erneuerung der Linkspartei ein Gesicht. „Ich fühle mich da zu | |
Hause, wo soziale Gerechtigkeit ernst genommen wird und nicht nur ein | |
Wahlkampfslogan ist“, sagt sie der taz. Bei den Grünen habe sie damit zu | |
wenig Gehör gefunden. | |
Aber warum ist sie dann nicht schon vor drei Jahren in die Linkspartei | |
eingetreten? „Damals herrschte bei den Grünen eine Aufbruchstimmung“, sagt | |
Köktürk. „Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit standen stark im | |
Vordergrund, und damit konnte ich mich identifizieren.“ Mit den Positionen | |
von Sahra Wagenknecht habe sie immer ein Problem gehabt, dennoch habe sie | |
die Entwicklungen bei den Linken interessiert verfolgt. | |
„Die Linke ist bunter und aktiver geworden“, findet sie. Dass sie weniger | |
politischen Einfluss hat als die Grünen, stört sie nicht. „Wenn man ehrlich | |
und authentisch Politik macht, kann man Mehrheiten gewinnen“, sagt sie. | |
Aber sie weiß auch: „Das ist Überzeugungsarbeit.“ | |
## Verletzungen sitzen tief | |
Tja, die Überzeugungsarbeit. Um die war es allzu lange bei der Linken nicht | |
gerade gut bestellt. Stattdessen zerfleischte sich die Partei in einem | |
jahrelangen innerparteilichen Machtkampf. In der vermeintlichen Partei der | |
Solidarität herrschten Umgangsformen aus der Hölle. Statt Mehrheiten zu | |
gewinnen, bugsierte der selbstzerstörerische [4][Streit mit und um Sahra | |
Wagenknecht] sie hart an den Abgrund. Auf ihrem Höhepunkt 2009 hatte die | |
Linke noch mehr als 78.000 Mitglieder, inzwischen sind es wohl deutlich | |
weniger als 50.000. | |
Mit dem Austritt Wagenknechts und ihrer Anhänger:innenschaft Ende | |
Oktober ist dieses destruktive Kapitel zwar beendet. Die große | |
Erleichterung darüber ist an allen Ecken und Enden des Augsburger | |
Parteitags zu spüren. Aber trotz aller demonstrativen Aufbruchstimmung ist | |
es eine mehr als offene Frage, ob sich die Linke noch einmal erholen kann. | |
Die erlittenen Verletzungen sind tief. | |
Den Namen Wagenknecht nimmt die Parteivorsitzende Janine Wissler in ihrer | |
halbstündigen Rede am Samstagvormittag nicht einmal in den Mund. „Ein | |
kleiner Teil unserer Partei hat sich entschieden, den gemeinsamen Weg, auf | |
den wir uns 2007 mit der Gründung der Linken gemacht haben, zu verlassen“, | |
sagt sie stattdessen nüchtern. | |
Aber auch sie lässt keinen Zweifel daran, dass sie den Abtrünnigen keine | |
Träne nachweint. Die Konflikte mit ihnen hätten die Partei „zunehmend | |
gelähmt und waren nicht mehr aufzulösen“. Das Profil der Linken sei immer | |
weniger erkennbar gewesen, „obwohl wir Entscheidungen mit deutlichen | |
Mehrheiten getroffen haben“. | |
## Über Defizite „schonungslos“ reden | |
Aber Wissler warnt auch: „Unsere Probleme sind nicht einfach alle gelöst, | |
weil ein zentraler Streit nun ein Ende gefunden hat.“ Jetzt bestünde jedoch | |
„eine echte Chance, Probleme selbstkritisch anzugehen, die Lähmung hinter | |
uns zu lassen und gemeinsam anzupacken“. Und sie appelliert: „Lasst uns | |
offen, schonungslos und vor allem solidarisch über unsere Defizite reden, | |
nicht mit dem Ziel innerparteilicher Geländegewinne, sondern mit dem | |
gemeinsamen Ziel, die Linke wieder stark zu machen.“ | |
Genau das ist das Signal, das von dem Event ausgehen soll: die Linke ist | |
noch da – will aber nicht einfach so weitermachen wie bisher, sondern | |
tatsächlich zu der lernenden Partei werden, die sie laut Grundsatzprogramm | |
immer schon sein wollte. Erneuerung bedeute auch, „dass wir unsere | |
innerparteiliche Kultur verändern müssen“, fordert Wissler. In der Partei | |
müsse „sorgsamer miteinander“ umgegangen werden: „Lasst uns auch | |
untereinander wieder Vertrauen fassen.“ | |
Zumindest auf dem Parteitag scheinen das viele beherzigen zu wollen. Die | |
Beratungen über das Europawahlprogramm dauern zwar wie üblich mehrere | |
Stunden, unzählige Änderungsanträge zur Vorstandsvorlage werden verhandelt | |
– und bis auf ganz wenige Ausnahmen allesamt abgelehnt. Aber die Diskussion | |
verläuft in einer für Linken-Verhältnisse äußerst zivilisierten Form. Kein | |
Gebrüll, keine Beschimpfungen, keine bösartigen Unterstellungen, die zu | |
früheren Zeiten bei inhaltlichen Differenzen allzu oft allzu schnell bei | |
der Hand waren. | |
Schließlich wird das Programm ohne größeren Streit von einer großen | |
Mehrheit beschlossen. „Unser Europa ist das Europa der Streikenden in | |
Frankreich, der Frauen in Polen, die für das Recht auf | |
Schwangerschaftsabbruch kämpfen, der europäischen Klimabewegung, der | |
Menschen, die für Selbstbestimmung und gleiche Rechte kämpfen“, fasst | |
Wissler plakativ dessen Botschaft zusammen. „Wir wollen nicht zuschauen, | |
wie die viel beschworenen europäischen Werte täglich im Mittelmeer | |
ertrinken.“ | |
## Sicherheitsdienst beendete Störmanöver | |
Auch die Listenaufstellung verläuft ohne größere Verwerfungen. Das vom | |
Parteivorstand bereits im Juli vorgeschlagene Spitzenquartett passiert | |
problemlos den Parteitag. Nur bei der Kandidatur von Wisslers | |
Co-Parteivorsitzendem [5][Martin Schirdewan] kommt es zu einem kurzen | |
Störmanöver. | |
Der Hamburger Bijan Tavassoli, der in der Vergangenheit bereits öfter durch | |
eigentümliche Provoaktionen aufgefallen war, nutzte die Möglichkeit einer | |
Spontankandidatur, um in einer fünfminütigen „Bewerbungsrede“ die Linke | |
aufs Übelste zu beschimpfen, eine Lobrede auf Sahra Wagenknecht zu halten | |
und dann seinen Austritt aus der Partei zu erklären. Am Ende wurde er von | |
Sicherheitsleuten aus der Halle geführt. | |
Der schließlich mit 86,9 Prozent der Stimmen gewählte Schirdewan, der mit | |
stoischer Ruhe das Schauspiel neben ihm auf der Bühne ertragen hatte, | |
spricht anschließend von einem „unschönen Zwischenfall“. Zu den rockigen | |
Beats von „Schüsse in die Luft“ von Kraftklub lässt er sich gemeinsam mit | |
Rackete auf der Bühne mit Blumensträußen feiern. | |
Einer ernsthafteren Gegenkandidatin muss sich die Kölner Europaabgeordnete | |
Özlem Demirel auf Platz 3 erwehren, gegen die Didem Aydurmuş, eine Berliner | |
Klimapolitikwissenschaftlerin, antritt. Doch Parteivorstandsmitglied | |
Aydurmuş bleibt mit 28,6 Prozent chancenlos gegen die Gewerkschafterin | |
Demirel, die mit 62 Prozent klar gewählt wird. | |
## Einigung zum Gazakonflikt | |
Das mit Abstand beste Ergebnis erzielt allerdings der Mainzer | |
Sozialmediziner [6][Gerhard Trabert]. Mit 97 Prozent erzielt der parteilose | |
Trabert, der bereits im vergangenen Jahr für die Linke als | |
Bundespräsidentenkandidat angetreten war, ein Traumergebnis. Er trete an | |
„für ein Europa der Menschlichkeit und der Menschenrechte“, sagte er. | |
Dass es tatsächlich ein Parteitag ohne dramatischere Zwischenfälle werden | |
würde, war von vornherein nicht absehbar. Doch selbst die Diskussion über | |
den Gazakrieg verlief weniger explosiv als erwartet. Am späten Freitagabend | |
stand er auf der Tagesordnung. Die Linke fordere einen sofortigen | |
Waffenstillstand in Gaza, die Freilassung aller Geiseln und die Ächtung von | |
Antisemitismus und Rassismus – so steht es in dem Antrag, der kurz vor | |
Mitternacht mit breiter Mehrheit angenommen wird. Und unmissverständlich | |
heißt es in dem Beschluss: „Wir verurteilen die Gräueltaten der Hamas vom | |
7. Oktober.“ | |
Das klingt konsensfähig und ist es letztlich auch. Doch zuvor traten in | |
einem kurzen, aber hoch emotionalen Schlagabtausch noch einmal die Fronten | |
offen zu Tage. [7][Klaus Lederer], ehemaliger Kultursenator in Berlin, | |
sprach von einer „eliminatorischen Enthemmung“ und „genozidalen | |
Gewaltorgie“ der Hamas und nannte den 7.Oktober eine „Zäsur“, die man als | |
solche klar benennen müsse. | |
Auf der anderen Seite sprach der Offenbacher Linken-Politiker [8][Nick | |
Papak Amoozegar] von der „Hamas und anderen Gruppen des palästinensischen | |
Widerstands“, deren Angriff „keinen Völkermord“ rechtfertigen würde, den | |
Israels Regierung im Gazastreifen begehe. „Das ist ein Genozid“, sagt er – | |
und erntet empörte Pfui-Rufe. | |
## Zuhören statt Parolen grölen | |
Der Konflikt lasse niemanden kalt, bemühte sich der Tagungsleiter, der | |
Berliner Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser, die Wogen zu glätten. Er | |
bitte alle, die „Tonalität“ herunterzufahren und auf die eigene Wortwahl zu | |
achten. „Sind wir in der Lage, diese Debatte sensibel zu führen?“, fragt er | |
– und antwortet selbst: „Wir können das, aber wir müssen es auch wollen.�… | |
Eine breite Mehrheit wollte das tatsächlich. Nach der Mahnung Meisers trat | |
Özlem Demirel ans Redepult. „Es gibt keinen Menschen in unserer Partei, der | |
die Toten in Israel nicht bedauert, und es gibt keinen Menschen in unserer | |
Partei, der die Toten in Gaza nicht bedauert“, sagte sie unter starkem | |
Beifall. Das sei der linke „Grundsatz, auf den wir uns bitte einigen“. | |
Zum Nahost-Konflikt kennt die Bundestagsabgeordnete Clara Bünger beide | |
Perspektiven. „Ich habe in Israel gelebt und gearbeitet und auf den | |
griechischen Inseln, wo palästinensische Geflüchtete ankommen“, sagt die | |
Juristin der taz. „Deswegen bin ich immer bedacht.“ Am 7. Oktober habe sie | |
zuallererst versucht, ihre Freund:innen in Israel zu erreichen. „Die Frau | |
eines guten Freundes ist Palästinenserin. Ein anderer hat eine Cousine | |
verloren, die bei dem Terrorangriff der Hamas getötet wurde.“ | |
Zuhören und verstehen sei in solchen Situationen wichtiger als politische | |
Parolen. Ihre Partei müsse eigene Antworten finden und unterschiedliche | |
Perspektiven mitdenken. „Das ist nicht einfach – und in einer | |
pluralistischen Partei erst recht nicht“, sagt Bünger. „Aber am Ende des | |
Tages muss jeder von uns hier rausgehen und das vertreten, was wir hier | |
beschlossen haben.“ | |
## Noch mehr Wackelkandidat:innen | |
Mit dem Verlauf des Parteitags ist Bünger zufrieden. Die Stimmung auf dem | |
Parteitag sei gut und ein „wichtiges Signal für einen Aufbruch“. Gerade hat | |
sich ihre Fraktion aufgelöst, aber sie ist trotzdem zuversichtlich. „Dass | |
wir in der Asylfrage stabil geblieben sind, während andere einknicken, ist | |
ein zentraler Grund dafür, warum Leute jetzt zu uns kommen“, ist die | |
37-Jährige überzeugt. Das sei eine große Chance. | |
[9][Am 6. Dezember löst sich die Linksfraktion offiziell auf.] Dass sie | |
jetzt schon de facto nicht mehr existiert, zeigte sich am Donnerstag bei | |
der Abstimmung über die Einstufung von Georgien und Moldau als „sichere | |
Herkunftsstaaten“. Bünger hielt eine engagierte Rede dagegen. Wagenknecht & | |
Co. stimmten mit der großen Mehrheit des Parlaments dafür. „Lieber einig | |
mit 28 MdB als zerstritten mit 38, das ist dann die bessere Alternative“, | |
sagt Dietmar Bartsch in seiner Parteitagsrede am Samstagmorgen. | |
Allerdings ist derzeit noch offen, ob es wirklich 28 bleiben werden, die | |
nun versuchen, als Gruppe im Bundestag anerkannt zu werden. Denn hinter | |
vorgehaltener Hand heißt es, dass bis zu drei Abgeordneten noch als | |
Wackelkandidat:innen gelten, die möglicherweise auch noch die | |
Linkspartei im Januar, wenn Wagenknecht ihre neue Partei gründet, verlassen | |
könnten. | |
Zu denen, die jetzt für sich die Linke neu entdeckt haben, gehört die | |
[10][Campaignerin Liza Pflaum]. Die Mitbegründerin der „Seebrücke“ stellt | |
die Erneuerungskampagne auf der Bühne vor. Sie selbst sei in der | |
vergangenen Woche in die Partei eingetreten, und ihr würden über 100 | |
Menschen aus ihrem Bekanntenkreis folgen. | |
## Trommeln für Neumitglieder | |
Zu den Neumitgliedern gehört auch die Pflegerin Stella Merendino, die sich | |
in der Krankenhausinitiative „Notaufnahme retten“ engagiert. Die Linke sei | |
„die einzige Partei, die für junge Menschen wie mich eine Perspektive | |
bedeutet“, sagt sie. Und: „Wir müssen links und stolz sein.“ | |
[11][Der Berliner Ferat Koçak] ist ein weiteres Gesicht der Erneuerung – | |
obwohl er schon länger dabei ist. Der kurdische Aktivist mit dem markanten, | |
rot gefärbten Bart stammt aus dem Berliner Bezirk Neukölln, ist seit sieben | |
Jahren Mitglied der Linkspartei und vertritt sie seit zwei Jahren im | |
Abgeordnetenhaus der Stadt. | |
Nun tritt der 34-Jährige im Imagevideo zur Kampagne „Eine Linke für alle“ | |
auf, mit dem seine Partei um neue Mitglieder werben will. „Wir gehen an die | |
Basis und zu den sozialen Bewegungen“, sagt Kocak. Viele Menschen mit | |
Rassismuserfahrung würden sich nicht in Parteien engagieren, weil sie sich | |
dort nicht repräsentiert fühlen. Das gelte auch für die Linke. Aber, sagt | |
er: schon ab Montag würden zahlreiche weitere Aktivisten in die Partei | |
eintreten. Dafür habe er getrommelt. | |
Es ist der Versuch eines Neuanfangs. Ob er gelingen wird? „Wir wollen die | |
sozialistische Tradition, die Tradition von Rosa Luxemburg und Karl | |
Liebknecht, weitertragen“, ruft Wissler am Samstag unter heftigem Applaus | |
in die große Kongresshalle. Aber die dürfe nicht konserviert, sondern müsse | |
weiterentwickelt werden, um eine Zukunft zu haben. „Nicht die Asche | |
bewahren, sondern die Flamme weitergeben, liebe Genossinnen und Genossen!“ | |
## Gratis-Wasser und ein Pfeil nach rechts | |
Schon jetzt ist bei der Linkspartei für jede und jeden etwas dabei. Als | |
Catering gibt es regionale Spezialitäten wie Leberkäse und „Käsespatzen“, | |
aber auch ein veganes und subventioniertes Gericht und Gratis-Wasser für | |
alle. | |
Zum Neuanfang hat sich die Partei aber auch ein neues Logo verpasst. Rot | |
bleibt weiter prägend, aber andere Farben kommen dazu: sie sollen die | |
Anschlussfähigkeit der Partei an neue Themen symbolisieren. Das Dreieck auf | |
dem i-Punkt im Wort „Linke“ weist nun nach rechts oben, dorthin, wo der | |
Gegner sitzt. | |
Das neue Logo ist auf dem Parteitag allgegenwärtig, es hat sich aber noch | |
nicht flächendeckend durchgesetzt. Die Ordner:innen im Saal tragen | |
Jacken mit dem alten Logo, es prangt auch auf Jutetaschen und Plakaten, die | |
an den Ständen in der Nebenhalle ausliegen. Auf dem alten Logo zeigt das | |
Dreieck nach links, auf dem neuen Logo nach rechts. Es geht kreuz und quer. | |
Das wird bis auf Weiteres auch bei der Linkspartei so bleiben. | |
19 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Linksparteitag-in-Augsburg/!5974433 | |
[2] /Nach-dem-Ende-des-Braunkohleabbaus/!5938711 | |
[3] /Promis-fuer-die-Linkspartei/!5973576 | |
[4] /Spaltung-der-Linkspartei-vollzogen/!5968643 | |
[5] /Schirdewan-zur-Linken-und-Wagenknecht/!5966539 | |
[6] /Jahresauftakt-der-Linkspartei/!5828441 | |
[7] https://www.youtube.com/watch?v=s7nxZ_B4lk4 | |
[8] https://x.com/Freddy2805/status/1726171374970982455?s=20 | |
[9] /Aufloesung-der-Linksfraktion/!5969650 | |
[10] /Eine-letzte-Chance-fuer-die-Linkspartei/!5944927 | |
[11] /Linken-Abgeordneter-Ferat-Kocak/!5809397 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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