# taz.de -- Promis für die Linkspartei: Zeichen eines Neuanfangs | |
> Gute Nachrichten für die Linke: Die Grüne Cansin Köktürk wechselt in die | |
> Partei, der Sozialpolitiker Ulrich Schneider nähert sich wieder an. | |
Bild: Prominenter Neueintritt: die Sozialarbeiterin und Buchautorin Cansin Kök… | |
BERLIN taz | Noch vor ihrem Parteitag kann die Linkspartei positive | |
Nachrichten vermelden: [1][Ulrich Schneider], der Geschäftsführer des | |
Paritätischen Wohlfahrtsverbands und eine der prominentesten Stimmen in | |
Sachen soziale Gerechtigkeit in Deutschland, nähert sich wieder seiner | |
alten Partei an. 2022 war er [2][nach sechs Jahren Mitgliedschaft aus der | |
Linkspartei ausgetreten], weil er die pro-russischen Reden von Sahra | |
Wagenknecht nicht mehr ertrug. Nun wird Schneider Teil einer | |
Erneuerungskampagne, mit der die Linkspartei prominente Personen aus dem | |
sozialen Bereich als Mitstreiter präsentieren will. | |
Entwickelt wurde die Kampagne mit Vertretern von Gewerkschaften, sozialen | |
Bewegungen und der Linkspartei. Ihre Partei brauche starke Bündnispartner, | |
um in Zeiten sozialer Spaltung eine laute Stimme zu sein, erklärten die | |
Linken-Vorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler dazu. | |
Auf ihrem Parteitag, der am Freitag in Augsburg beginnt, möchte die | |
Linkspartei Aufbruchstimmung verbreiten. Von nun an wird nach vorne | |
geschaut, lautet die Botschaft. | |
Die Querelen mit dem Wagenknecht-Lager sind seit deren Austritt aus der | |
Partei im Oktober endgültig vorbei. Die Fraktion im Bundestag ist durch | |
diesen Abgang [3][seit dieser Woche Geschichte]. Tatsächlich stürzt der | |
Abschied von Wagenknecht die Partei bisher nicht in eine Krise, ganz im | |
Gegenteil. Viele empfinden ihn als befreiend, weil dadurch das Profil der | |
Partei wieder klarer wird. Das strahlt auch auf das Umfeld der Partei aus. | |
## „Die Grünen haben ihre Werte verraten“ | |
Zwei bis drei Mal so viele Neueintritte wie Abgänge könne die Linkspartei | |
seit der überfälligen Trennung von Wagenknecht und Co verbuchen, rechnete | |
Janine Wissler am Montag in Berlin vor. Eine genaue Zahl will sie auf dem | |
Parteitag bekannt geben. | |
Ein prominenter Neueintritt wurde bereits am Donnerstag bekannt: die | |
[4][Sozialarbeiterin und Buchautorin Cansin Köktürk] aus Bochum wechselt | |
von den Grünen zur Linkspartei. Die 30-Jährige war Heimleiterin in einer | |
Notunterkunft für Geflüchtete, obdachlose und suchterkrankte Menschen und | |
2020 den Grünen beigetreten. In den vergangenen Monaten machte sie als | |
scharfe Kritikerin der Ampel medial auf sich aufmerksam. | |
„Ich gehöre keiner Partei mehr an, die einer menschenverachtenden | |
Asylreform zustimmt und Lützerath mitträgt“, schrieb Köktürk am Donnerstag | |
auf X (ehemals Twitter). „Ich gehöre ab nun an einer Partei an, die bei der | |
Menschenwürde keine Kompromisse macht.“ | |
Die Grünen hätten ihre Werte verraten, sagte sie dem Spiegel in einem | |
Interview, das am gleichen Tag erschien. „Bei Menschenrechten wie beim | |
Asylkompromiss oder auch bei der Kindergrundsicherung sollte es keine | |
Kompromisse geben.“ Sie habe sich entschieden, in die Linkspartei | |
einzutreten, weil diese „am klarsten für radikalen und zugleich sozialen | |
Klimaschutz sowie für die Bekämpfung von Armut durch Umverteilung nach | |
unten“ stehe. Zudem stelle sie sich dem Rechtsruck bei der Migrationsfrage | |
unmissverständlich entgegen, sagte sie. | |
Ebenfalls auf X verkündete die Campaignerin und Politikwissenschaftlerin | |
Liza Pflaum am Donnerstag, dass sie in die Linke eingetreten sei. „Nie | |
zuvor war ich so fassungslos über die politische Lage“, schieb die | |
Mitbegründerin der Bewegung „Seebrücke“ zur Begründung. | |
## Neues Parteilogo | |
Den Neuanfang der Linkspartei untermalen soll auch ein neues Logo, das auf | |
dem Parteitag vorgestellt werden soll. Es ist die erste Logo-Reform seit | |
Gründung der Linkspartei vor 15 Jahren, als sie aus der Vereinigung von | |
Linkspartei PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus) und der WASG | |
(Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit) hervorging. Die Farbe Rot | |
soll weiter den Auftritt der Linken prägen und die Hauptfarbe bleiben, soll | |
aber durch andere Farben ergänzt werden. | |
„Unser Rot sagt Achtung und verneigt sich vor denen, die in der | |
Vergangenheit für die Menschenwürde und Gerechtigkeit gekämpft haben“, | |
sagte Parteichef Janine Wissler der taz. Rot sei „weltweit die Farbe der | |
sozialistischen Bewegungen“ und bleibe daher die Farbe der Linkspartei. | |
Das kräftige Schwarz wird dafür weitgehend aus dem neuen Corporate Design | |
verbannt, das die Agentur Brüder Creative Cooperative entworfen hat. Der | |
kleine Keil auf dem i im Wort Linke bleibt dafür erhalten, allerdings | |
dezent jetzt in Weiß oder Rot wie die Schrift. Er zitiert den berühmten | |
roten Keil des russischen Avantgarde-Künstlers Eliezer „El“ Lissitzky aus | |
dem Jahr 1919, einen Wegbereiter des Konstruktivismus. Anders als bisher | |
weist der Winkel aber nun von links unten nach rechts oben. | |
Das neue Erscheinungsbild sei „auch eine Weichenstellung für die kommende | |
Europawahl und die Wahlen in Ost-Deutschland“, sagt Parteichef Schirdewan. | |
Mit anderen Worten: Es soll wieder aufwärts gehen. | |
16 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Krise-der-Linkspartei/!5956900 | |
[2] /Nach-Wagenknecht-Rede-im-Bundestag/!5881326 | |
[3] /Aufloesung-der-Linksfraktion/!5969650 | |
[4] /Gruene-ueber-Kritik-an-der-Ampel/!5810787 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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