# taz.de -- Propalästinensische Demos am Wochenende: Freiheit der Andersdenken… | |
> Das Demonstrationsrecht ist ein Wert an sich. Auch Parolen, die die | |
> Mehrheit unerträglich findet, sind geschützt – gut so. | |
Bild: Demonstration in Berlin am 04.11.2023 | |
In ganz Deutschland sind [1][am Wochenende Palästinenser:innen und | |
Unterstützer:innen auf die Straße gegangen], um gegen die israelische | |
Militäroperation in Gaza und für ein freies Palästina zu demonstrieren. | |
Unabhängig vom Inhalt ist es gut, dass diese Demonstrationen stattfinden | |
konnten. Kurz nach den Hamas-Massakern vom 7. Oktober sah das noch anders | |
aus. [2][Damals wurden in vielen deutschen Städten propalästinensische | |
Kundgebungen weitgehend verboten]. | |
Das Demonstrationsrecht ist ein Recht der Minderheiten, daran muss immer | |
wieder erinnert werden. Seine Garantie ist dort relevant, wo die | |
Mehrheitsgesellschaft von „unerträglichen Parolen“ redet und Verbote | |
fordert. Das Demonstrationsrecht schützt nicht nur nützliche Anliegen – wer | |
soll das auch entscheiden? –, sondern ist in einer freiheitlichen | |
Gesellschaft ein Wert an sich. Zivilgesellschaft, das sind nicht nur die | |
„Guten“. | |
Natürlich führt ein liberales Demonstrationsrecht dazu, dass vor dem | |
Brandenburger Tor oder dem Berliner Fernsehturm Parolen gerufen werden, die | |
der deutschen Regierungspolitik diametral gegenüberstehen. Solche Bilder | |
schwächen aber nicht die deutsche Staatsräson, die völlig zu Recht zum | |
Schutz für Israel steht. Sie stärken vielmehr Deutschlands Glaubwürdigkeit | |
im weltweiten Eintreten für Grundrechte. | |
Es ist doch peinlich, dass Außenministerin Annalena Baerbock vorige Woche | |
in Aserbaidschan den Journalist:innen erklären musste, warum in | |
Deutschland so viele Demonstrationen verboten werden, um anschließend | |
wieder zu kritisieren, dass Aserbaidschan Oppositionelle unterdrückt. | |
## Die Grenze ist das Strafrecht | |
Die Grenze für die Demonstrationsfreiheit markiert das Strafrecht. Das | |
Rufen strafbarer volksverhetzender Parolen wie „Tod den Juden“ ist | |
natürlich auch auf Versammlungen verboten. [3][Wenn die Berliner Polizei | |
aber bereits alle „israelfeindlichen“ Parolen] verbietet, geht das zu weit. | |
Bei Meinungsäußerungen ist das Strafrecht ohnehin stets eng auszulegen. | |
Wichtig ist auch, dass bei den Prognosen, ob es zu Straftaten kommen wird, | |
mit Augenmaß gehandelt wird. Es kann für ein Verbot nicht genügen, dass in | |
der Vergangenheit bei einem anderen Veranstalter in einer anderen Stadt | |
strafbare Parolen skandiert wurden. | |
Demonstrationen müssen in Deutschland nicht genehmigt werden, sie sind per | |
se erlaubt. Verbote sind die absolute Ausnahme; in der Regel genügen | |
Auflagen. Wenn hiergegen verstoßen wird, kann die Polizei ein | |
volksverhetzendes Plakat beschlagnahmen und muss nicht gleich die ganze | |
Kundgebung auflösen. So wurde an diesem Wochenende auch weithin in | |
Deutschland verfahren. Ganz unabhängig vom Inhalt der Kundgebungen ist das | |
ein Erfolg. | |
5 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Pro-Palaestinensische-Demo-in-Berlin/!5970809 | |
[2] /Umgang-mit-propalaestinensischen-Demos/!5965168 | |
[3] https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-11/demo-berlin-duesseld… | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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