# taz.de -- Terrorunterstützer in Deutschland: Hamas-Freunde verbieten? | |
> In Berlin, München oder Duisburg relativieren propalästinensische Gruppen | |
> den Terror gegen Israel. Verbotsforderungen werden lauter. | |
Bild: Demonstration von Pro-palästinensischen Aktivisten in Duisburg-Hochfeld,… | |
Berlin taz | Bereits am Montagabend standen Sympathisierende mit den | |
Hamas-Angriffen auf Israel in München und Duisburg auf der Straße. Am | |
Mittwoch sollte eine weitere Demonstration in Berlin „für ein freies | |
Palästina“ folgen. Organisiert werden die Proteste von Gruppen wie | |
[1][Samidoun] oder „Palästina Spricht“. Nun werden Stimmen immer lauter, | |
schärfer gegen diese Gruppen vorzugehen – bis hin zum Verbot. | |
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) drohte am Dienstag Menschen, | |
welche die „grausamen Taten“ der Hamas auf deutschen Straßen feierten, „… | |
strafrechtlichen Konsequenzen oder sogar einer Ausweisung“. Man stehe „fest | |
und entschlossen an der Seite Israels“. | |
Auch eine Sprecherin von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) | |
verurteilte „die unerträglichen und widerwärtigen Solidaritätskundgebungen | |
mit dem Terror der Hamas gegen Israel scharf“. Gegen jegliche Unterstützung | |
des Terrors der Hamas müsse „mit allen rechtsstaatlichen Mitteln | |
vorgegangen werden“. Dies gelte für das Versammlungsrecht, ebenso wie für | |
eine konsequente Verfolgung jeder dort begangener Straftaten. | |
[2][Felix Klein], der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, sagte | |
der taz, Samidoun habe bereits „mehrfach Demonstrationen organisiert, auf | |
denen antisemitische Parolen skandiert wurden und von denen Gewalt gegen | |
die Polizei ausging“. „Das Feiern der hundertfachen Morde an Jüdinnen und | |
Juden in Israel durch die Gruppe ist ein neuer Tiefpunkt“, kritisierte | |
Klein. „Gegen Samidoun sollte ein Betätigungsverbot rasch geprüft werden.“ | |
Auch [3][Josef Schuster], der Präsident des Zentralrats der Juden, hatte | |
gefordert, alle Vereine, die mit der Hamas oder Fatah verbunden seien oder | |
sich mit ihnen solidarisierten, müssten „überprüft und, wenn nötig, | |
verboten werden“. Auch für alle Menschen, die nun das Ermorden von Israelis | |
auf deutschen Straßen bejubelten, müsse der Rechtsstaat Konsequenzen | |
prüfen. | |
Gleiche Forderungen kommen auch aus der Ampel. Der FDP-Innenpolitiker | |
Manuel Höferlin nannte es „unfassbar, dass auf den Straßen Deutschland | |
offen die brutalen Attacken auf Israel gefeiert und terroristische Angriffe | |
hierzulande bejubelt werden“. | |
Es brauche international wie national „schnellstmöglich Sanktionen gegen | |
die Unterstützergruppierungen“, sagte Höferlin zur taz. | |
[4][Bundesinnenministerin Faeser] müsse daher „ein Verbot von | |
Organisationen, die in Deutschland ihre Unterstützung und ihren Jubel über | |
die brutalen Attacken öffentlich zur Schau stellen, prüfen“. Zugleich müsse | |
eine Finanzierung von propalästinensichen Terrororganisationen unterbunden | |
werden. | |
Auch die Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic nannte es | |
„abscheulich, Hass und Terror gegen Jüdinnen und Juden auf deutschen | |
Straßen zu feiern“. Das Innenministerium müsse „konsequent gegen die Hamas | |
und ihr Unterstützerumfeld sowie gegen die PFLP und Vorfeldorganisationen | |
wie Samidoun vorgehen“. | |
Die SPD äußerte sich vorsichtiger. Verbote müssten gut vorbereitet sein, | |
sagte SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler der taz. Er habe da „vollstes | |
Vertrauen“ in die Behörden. „Rufe aus dem politischen Raum von der | |
Seitenlinie helfen da gar nicht. Im Zweifel schaden sie nur.“ | |
## Baklava und antisemitische Töne | |
Samidoun hatte bereits kurz nach Beginn der Hamas-Angriffe auf Israel in | |
Berlin-Neukölln [5][Baklava an Passanten verschenkt] – und dies auf | |
Social-Media-Kanälen als „Feier des Sieges des Widerstands“ begründet. Am | |
Abend folgte auch eine kleine Kundgebung in Berlin. Die Terrorattacken der | |
Hamas bejubelte die Gruppe: „Der Widerstand erhebt sich“. Auf Protesten | |
ertönte immer wieder die Parole: [6][„From the river to the sea“]. | |
Samidoun unterstützt palästinensische Gefangene in israelischen | |
Gefängnissen. Auf Kundgebungen wurde aber wiederholt auch die Beseitigung | |
Israels gefordert. Das Netzwerk ist mit der Volksfront für die Befreiung | |
Palästinas (PFLP) verbandelt, die von Sicherheitsbehörden als terroristisch | |
eingestuft wird. Samidoun wurde 2011 in den USA gegründet, hat | |
international Ableger und gilt zumindest in Israel ebenfalls als | |
terroristisch. | |
Die Pro-Palästina-Demo am Montagabend in Duisburg war ebenso von Samidoun | |
beworben worden. Die Polizei sprach von rund 100 Teilnehmenden, von denen | |
zwei in Gewahrsam genommen worden seien. Der Kundgebung hätten rund 70 | |
Gegenprotestierende gegenübergestanden. | |
Die Kundgebung in München hatte die Gruppe „Palästina Spricht“ beworben. … | |
einem Aufruf wandte diese sich „gegen die israelische Brutalität“, welche | |
Menschen „in Gaza niedermetzelt“. Die Hamas-Terrorangriffe feierte | |
„Palästina Spricht“ zugleich als einen „revolutionären Tag“ gegen die | |
„Apartheid“, auf den man „stolz sein könne“. „Wir sind überwältigt… | |
## Bundesinnenministerium gibt sich wortkarg | |
Faesers Bundesinnenministerium äußert sich zu Verbotsforderungen generell | |
nicht. Ein Sprecher sagte nur, dass alle Sicherheitsbehörden, insbesondere | |
der Verfassungsschutz, seit dem Ausbruch der Angriffe auf Israel am Samstag | |
„stark sensibilisiert“ seien, um Solidarisierungen mit der Hamas in | |
Deutschland zu erkennen und möglichst zu unterbinden. | |
Im Fall Samidoun wäre ein Verbot indes nicht ganz trivial – denn die Gruppe | |
ist nicht fest als Verein organisiert. Der Antisemitismusbeauftragte Klein | |
verweist aber auf das [7][Hisbollah-Verbot in Deutschland] im Jahr 2020. Da | |
es sich um eine ausländische Gruppe handelt, konnte kein Vereinigungsverbot | |
erteilt werden – wohl aber ein Betätigungsverbot hierzulande. | |
In den Fokus gerät nun auch wieder das [8][Islamische Zentrum in Hamburg | |
(IZH)]. Dieses betreibt in der Hansestadt die schiitische „Imam | |
Ali-Moschee“ und gilt als verlängerter Arm des Iran – der die Hamas | |
offensiv unterstützt. Der Verfassungsschutz hat das IZH schon seit Jahren | |
unter Beobachtung und als extremistisch eingestuft. Bereits im November | |
2022 hatte der Bundestag einen Ampel-Antrag beschlossen, in dem gefordert | |
wurde, eine Schließung des IZH „als Drehscheibe der Operationen des | |
iranischen Regimes in Deutschland“ zu prüfen. | |
Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) tritt auch beim IZH für ein Verbot | |
ein. Der Verein sei „eine extremistisch ausgerichtete islamistische | |
Organisation“, sagte seine Sprecherin der taz. „Der Senat würde ein | |
Verbotsvorhaben ausdrücklich begrüßen.“ Ein Verbot müsste aber über Faes… | |
Bundesinnenministerium erfolgen. „Wir gehen davon aus, dass das | |
Bundesinnenministerium die gesetzlichen Spielräume hier voll ausschöpfen | |
wird“, so die Sprecherin. | |
Der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein sieht das ähnlich. Das IZH in | |
Hamburg müsse „von Polizei und Verfassungsschutz intensiv beobachtet und | |
gegebenenfalls mit Vereins- oder Betätigungsverboten belegt werden“, sagte | |
Klein der taz. Gleiches gelte für andere islamistische Strukturen in | |
Deutschland, von denen judenfeindliche Hetze ausgehe. „Wir können die | |
Verherrlichung mörderischen Judenhasses auf deutschen Straßen nicht | |
folgenlos geschehen lassen.“ | |
Auch die Grüne Mihalic erklärte, ein Verbot des IZH müsse „dringend in | |
Betracht gezogen werden“, ebenso wie ein Betätigungsverbot der iranischen | |
Revolutionsgarden. Faesers Ministerium äußerte sich jedoch auch zur | |
Verbotsforderung gegen das IZH nicht. | |
Den Samidoun-Protest am Mittwoch in Berlin unterband derweil die Polizei am | |
Dienstagabend: Sie verbot die Versammlung, wegen Erfahrungen aus den | |
früheren Protesten. Zudem hatte die Polizei bereits am Montag einen | |
Samidoun-Aktivisten in Gewahrsam genommen, der in Neukölln trotz | |
politischen Betätigungsverbots propalästinensische Sticker auf Stirn und | |
Brust trug und sich weigerte, diese abzulegen. Laut Polizei ist der | |
26-Jährige ein „polizeibekannter Rädelsführer“. | |
Aktualisiert am 10. Oktober 2023 um 18.10 Uhr | |
10 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Hamas-Unterstuetzer-in-Berlin/!5962283 | |
[2] /Nach-Hamas-Angriff-auf-Israel/!5965544 | |
[3] /Hamas-Angriff-auf-Israel/!5965689 | |
[4] /SPD-Wahlniederlage-in-Hessen/!5962362 | |
[5] /Hamas-Unterstuetzer-in-Berlin/!5962283 | |
[6] https://www.fr.de/politik/erinnerung-muss-empathie-wecken-90841156.html | |
[7] /Verbot-der-Hisbollah-in-Deutschland/!5682314 | |
[8] /IZH-darf-islamistisch-genannt-werden/!5944419 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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