| # taz.de -- Vorsorge in Apotheken: Entrüstung über Lauterbach-Vorschlag | |
| > Bundesgesundheitsminister Lauterbach will, dass Apotheken medizinische | |
| > Vorsorge übernehmen. Verbände von Ärzt:innen üben scharfe Kritik. | |
| Bild: Gesunheitsminister Lauterbach vor einer Apotheke in Berlin im August 2023 | |
| Berlin taz | Ein neuer Vorschlag des Bundesgesundheitsministers sorgt für | |
| heftige Diskussionen: Die Apotheken sollten künftig Vorsorgeuntersuchungen | |
| vor allem bei jüngeren Menschen übernehmen. Ärzt*innenverbände laufen | |
| dagegen Sturm. Der Vorschlag, den Karl Lauterbach (SPD) am Freitag | |
| medienwirksam äußerte, ist offenbar Teil eines Eckpunktepapiers aus dem | |
| Gesundheitsministerium, laut dem Apotheken künftig mehr in die | |
| gesundheitliche Vorsorge eingebunden werden sollen. | |
| So sollten die Krankenkassen ihre Versicherten im Alter von 25, 35 und 50 | |
| Jahren zu Check-ups einladen und dafür Voucher verteilen. Diese könnten | |
| dann niedrigschwellig auch in den Apotheken durchgeführt werden – um | |
| bislang gerade bei Jüngeren Volkskrankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck | |
| früher zu erkennen und um die Hausärzt*innen zu entlasten. | |
| Letztere zeigten sich allerdings wenig begeistert von dem Vorschlag, der | |
| offenbar sowohl für Ärzt*innen als auch Krankenkassen überraschend kam. | |
| Bereits am Sonntag hieß es von Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt: | |
| „Die Politik will seit Jahren systematisch medizinische Leistungen aus der | |
| ärztlichen Versorgung in die Apotheken verlagern.“ Dies seien „teure | |
| Parallelangebote, die einen Besuch beim Arzt und [1][die ärztliche | |
| Präventionsberatung] niemals ersetzen können“. Allein zahlenmäßig könnten | |
| die knapp 19.000 Apotheken im Vergleich zu rund 150.000* Haus- und | |
| Facharztpraxen nur einen geringen Beitrag zur Vorsorge leisten. | |
| ## Absurd und unausgegoren? | |
| Am Montag legte der Hausärztinnen- und Hausärzteverband nach: Die Pläne des | |
| Bundesgesundheitsministers seien vollkommen absurd und aus | |
| medizinisch-fachlicher Sicht unausgegoren, kommentierte der | |
| Bundesvorsitzende Markus Beier. Würden die Werte der Vorsorgeuntersuchungen | |
| isoliert und nicht im Zusammenhang mit der Vorgeschichte der | |
| Patient*innen betrachtet, so werde dies zu jeder Menge auffälliger | |
| Befunde führen, die die Menschen verunsicherten und das | |
| [2][Gesundheitssystem noch mehr belasteten.] | |
| Das Bundesgesundheitsministerium äußerte sich am Montag auf taz-Nachfrage | |
| nicht zu dem umstrittenen Vorschlag. Beim Spitzenverband der Gesetzlichen | |
| Krankenversicherung will man konkretere Pläne abwarten, bevor man sich | |
| positioniere. Die Apotheken selbst verlangen seit Monaten vom | |
| Bundesgesundheitsminister [3][eine Verbesserung ihrer finanziellen Lage] – | |
| erst am Freitag hatte die Präsidentin des Apothekenverbands ABDA, Gabriele | |
| Overwiening, in „intensiver Gesprächsatmosphäre“ die „strukturelle | |
| Unterversorgung“ und massenhaften Schließungen angemahnt. | |
| Über seine Idee mit den Vorsorgeleistungen in Apotheken hat der | |
| Gesundheitsminister sie in dieser Runde aber offenbar nicht unterrichtet. | |
| Auch von der ABDA hieß es, man habe erst aus den Medien davon erfahren. Man | |
| müsse sich genau anschauen, „welche Präventionsleistungen in Apotheken | |
| sinnvollerweise angeboten werden können“, so Overwiening auf taz-Anfrage. | |
| Man erwarte, „dass das Bundesgesundheitsministerium alle weiteren Schritte | |
| und Abstimmungen bei diesem Vorhaben nur gemeinsam mit der Apotheker- und | |
| Ärzteschaft vornehmen wird“. | |
| Bereits jetzt sind Vorsorgeuntersuchungen für gesetzlich Versicherte | |
| vorgesehen: Bis zum Alter von 35 Jahren können sie einmalig einen | |
| kostenlosen Gesundheits-Check-up vornehmen, ab 35 dann alle drei Jahre. | |
| Dabei werden von den Ärzt*innen unter anderem Blut- und Urinwerte, der | |
| Impfstatus und Blutdruck geprüft. Laut GKV nahmen 2021 rund 13,4 Millionen | |
| Menschen diese Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch, vor der Pandemie waren | |
| es jährlich über 15 Millionen. | |
| *Ergänzung der Redaktion: Der Präsident der Bundesärztekammer spricht in | |
| seinem Statement – und auch in unserem Text – fälschlicherweise von 150.000 | |
| Arztpraxen in Deutschland. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die | |
| die Interessen niedergelassener Ärzt*innen vertritt, zählt dagegen knapp | |
| 100.000 Arztpraxen, die (auch) gesetzlich Versicherte versorgen. Davon sind | |
| rund ein Drittel Hausarztpraxen. | |
| 16 Oct 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Manuela Heim | |
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