# taz.de -- Engpässe bei Kindermedizin: Bitte jede*r nur eine Flasche | |
> Vergangenen Herbst waren Kinderarznei knapp und Kinderkliniken am Limit. | |
> Wird es dieses Jahr besser? Karl Lauterbach appelliert an die Eltern. | |
Bild: War letzten Winter knapp: Fiebersaft für Kinder | |
taz | Berlin Es ist nicht lange her, da eskalierte die Versorgungssituation | |
bei einfachen Kindermedikamenten wie Fieber- und Hustensaft, aber auch bei | |
speziellen Kinderantibiotika. Mit Vertreter*innen der Kinder- und | |
Jugendmedizin, Apotheken und Pharmaindustrie verständigte sich | |
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Donnerstag auf einen | |
5-Punkte-Plan zur Sicherung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln. Derweil | |
warnen Kinder- und Jugendmediziner*innen: An den Kinderkliniken bleibt | |
die Lage kritisch. | |
Die Versorgungslage sieht laut Lauterbach heute grundsätzlich besser aus. | |
Zu Engpässen könne es dennoch kommen, wenn die Krankheitswelle zu groß | |
werde und wenn Eltern Vorräte horteten. Die Ursachen für den Mangel an | |
(Kinder-)Medikamenten sind vielfältig: die Finanzierungssystematik im | |
deutschen Arzneimittelmarkt, der Rückzug deutscher und europäischer | |
Hersteller aus der Wirkstoffproduktion, die Anfälligkeit globaler | |
Lieferketten. Im vergangenen Herbst und Winter verschärften Hamsterkäufe | |
die Situation bei den Kindermedikamenten. | |
Um die Versorgung mit besonders knapper Medizin zu verbessern, hatte das | |
Bundesgesundheitsministerium bereits im Sommer [1][ein Gesetz vorgestellt]. | |
Es enthielt vor allem Vorschriften zur Bevorratung bei den | |
Pharmaunternehmen und ein befristetes Aufheben der Festbeträge, die die | |
Hersteller bis dato für Kinderarznei mit den Kassen abrechnen konnten. | |
Damit sollten Pharmaunternehmen zu neuen Investitionen motiviert werden. | |
## Nur ein kleiner Hausvorrat | |
Dass das nicht reichen werde, hatte Lauterbach schon im Sommer prophezeit. | |
Der nun vorgelegte 5-Punkte-Plan enthält neben bereits bekannten Maßnahmen | |
wie dem Aussetzen der Festbeträge vor allem Appelle: Kinderärzt*innen | |
sollten Antibiotika sparsam und nur wenn absolut nötig verschreiben – so | |
würden auch die gefürchteten Resistenzen gegen Antibiotika-Wirkstoffe | |
verringert. Vor allem aber sollten Eltern keine freiverkäuflichen | |
Medikamente horten – insbesondere die Apotheken sollten entsprechend | |
beraten. | |
Ein kleiner Hausvorrat sei gut, damit kranke Kinder nicht bei jedem Infekt | |
in die Praxis müssten und die Eltern Nächte oder Wochenenden überbrücken | |
könnten, sagte auch Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der | |
Kinder- und Jugendärzt*innen. Aber eine 100-ml-Flasche Fiebersaft pro | |
Haushalt reiche dafür völlig aus. | |
Der 5-Punkte-Plan sieht außerdem vor, dass Apotheker*innen bei | |
Engpässen auch ohne Rücksprache mit verschreibender Ärzt*in und ohne neues | |
Rezept auf alternative Dosierungen und Darreichungsformen ausweichen | |
können. | |
Laut dem Sprecher des Verbands Pro Generika, Andreas Burkhardt, würden die | |
Hersteller indes auf Hochlast produzieren, zum Teil 100 Prozent mehr als im | |
vergangenen Jahr. Neue Anbieter hätten sich aber trotz der Aussetzung der | |
Festbeträge nicht angesiedelt. Die Erhöhung der abrechenbaren Preise hätte | |
gerade gereicht, um die Inflation auszugleichen. Ausgestanden ist die Not | |
in der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen auch mit den | |
zusätzlichen Maßnahmen nicht – darin waren sich Vertreter*innen der | |
Ärzteschaft, Apotheken und Industrie einig. | |
Sollten sich wie in den vergangenen zwei Jahren verschiedene | |
Erkältungserkrankungen zu einer großen Welle auftürmen, dann könnten nicht | |
nur die Medikamente in Apotheken wieder knapp werden. | |
In den Kinderkliniken gebe es im Vergleich zum Vorjahr keine wesentlichen | |
Verbesserungen bei den belegbaren Betten und beim Personal, sagte der | |
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und | |
Direktor der Kinderklinik am Universitätskrankenhaus Köln, Jörg Dötsch, der | |
taz. Bei einer großen Krankheitswelle drohten daher [2][ähnlich dramatische | |
Engpässe] wie im vergangenen Herbst und Winter. | |
14 Sep 2023 | |
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[1] /Fiebersaft-Knappheit-in-Apotheken/!5942709 | |
[2] /Erkaeltungswelle-in-Deutschland/!5895546 | |
## AUTOREN | |
Manuela Heim | |
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