# taz.de -- Gesundheit und Digitalisierung: Abschied vom Papierrezept | |
> Das E-Rezept soll seit dem 1. Juli die Zahl der Arztbesuche verringern. | |
> Die Reaktionen von Ärzten auf die Digitalisierung sind gemischt. | |
Bild: Mit dem Rezept vom Arzt in die Apotheke, in Zukunft per Krankenkassenkarte | |
BERLIN taz | Der junge Mann ist beruflich sehr eingespannt, braucht aber | |
regelmäßig seine rezeptpflichtigen Medikamente. Die Lösung: Das | |
elektronische Rezept. „Der Patient ist sehr froh, dass er nicht mehr jedes | |
Mal persönlich in der Praxis vorbeikommen muss, um ein neues Rezept | |
abzuholen“, sagt Moritz Eckert, Allgemeinarzt in Herzberg am Harz in | |
Niedersachsen. | |
Eckert stellt schon seit Januar 2022 elektronische Rezepte, sogenannte | |
E-Rezepte aus. Für Folgerezepte reicht dabei ein Anruf des Patienten in der | |
Praxis und die neue Verschreibung wird dort digital auf einen Server | |
geladen. In der Apotheke müssen diese Daten nur abgerufen werden und schon | |
steht das Medikament bereit. „Das E-Rezept bietet Vorteile, aber nur, wenn | |
die Software schnell genug ist und die Ärztinnen und Ärzte in der Bedienung | |
dieser Software geschult sind“, sagt Eckert der taz. | |
Am Mittwoch stellte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in | |
Berlin die [1][E-Rezepte] vor. Die bisherigen Erfahrungen seien „sehr | |
positiv“ sagte Lauterbach. Bisher schon seien 2,6 Millionen E-Rezepte | |
ausgestellt worden. Seit 1. Juli können Patient:innen von ihrer | |
Arztpraxis ein solches Rezept bekommen, dass sie dann in der Apotheke nur | |
noch einlösen, indem sie dort ihre Versichertenkarte einlesen lassen. Die | |
Versichertenkarte muss beim Arzt aber immer noch einmal im Quartal | |
vorgelegt werden. | |
In der Vergangenheit konnte man zwar schon E-Rezepte bekommen, brauchte | |
aber eine App auf dem Smartphone oder einen ausgedruckten QR-Code, um sie | |
nutzen zu können. | |
## Software muss funktionieren | |
Während die meisten Apotheken bis Ende August über Möglichkeiten verfügen | |
sollen, Rezepte über die Versichertenkarte einzulösen, sind keineswegs alle | |
Arztpraxen dafür bereit. „Da sollte man die Erwartungen nicht zu hoch | |
schrauben“, sagt Eckert. | |
Die Praxen seien zwar in der Regel schon an die [2][Telematikinfrastruktur] | |
angeschlossen, die sie mit den Krankenkassen, Krankenhäusern und Apotheken | |
verbindet, aber oftmals dauere es zu lang, die Daten einzugeben, auf | |
Antwort zu warten und die E-Rezepte elektronisch zu unterschreiben. „Nur | |
wenn die Software funktioniert, bleiben die Praxen dabei“, sagt Eckert. | |
In seiner Praxis in Berlin-Dahlem zum Beispiel werde die Rezeptausstellung | |
noch „händisch“ gemacht, sagt Wolfgang Kreischer, Vorsitzender des | |
Hausärzteverbandes Berlin und Brandenburg (BDA), der taz. „Wir werden das | |
E-Rezept auch erst mal nicht einführen, denn es ist keine Erleichterung für | |
uns.“ | |
Zwar sei seine Praxis an die Telematikinfrastruktur angeschlossen, „die | |
Anschlüsse funktionieren aber oft nicht“, so Kreischer. Das zeige sich auch | |
bei der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die schon seit | |
Beginn dieses Jahres möglich ist. „Das dauert 30 Sekunden, die | |
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die Kassen zu schicken“, rügt der | |
Allgemeinarzt. | |
Wenn es bei E-Rezepten ähnlich lange dauert, könnte sich die zusätzliche | |
Arbeitszeit in einer Praxis auf bis zu 50 Minuten am Tag belaufen. | |
## Auch die E-Akte kommt | |
Rezepte können künftig weiterhin per Ausdruck eingelöst werden oder per | |
Versichertenkarte oder per E-Rezept-App. Der Ausdruck ist allerdings | |
künftig weiß. Die rosafarbenen Papiere sind also Geschichte. Für | |
Ärzt:innen soll es vom 1.Januar 2024 an zur Pflicht werden, | |
Verschreibungen auch elektronisch auszustellen. Sanktionen gegen unwillige | |
Ärzt:innen solle es aber nicht geben, sagte Lauterbach, „wenn die Technik | |
nicht funktioniert, kann der Arzt nichts dafür“. | |
Bis Anfang 2025 soll dann auch die [3][elektronische Patientenakte] kommen, | |
außer, einE Patient:in lehnt dies ab. Dabei handelt es sich um einen | |
persönlichen Datenspeicher für Befunde, Röntgenbilder und Medikamente. Ein | |
Gesetzentwurf zur E-Akte soll Ende August vorgestellt werden, sagte | |
Lauterbach. In der Digitalisierung des Gesundheitssystems brauche | |
Deutschland „eine Aufholjagd. Da sind wir Entwicklungsland.“ | |
9 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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