| # taz.de -- Kritik an Agrarminister wegen Gentechnik: Umweltschützer rüffeln … | |
| > Die EU-Regeln für Gentechnik lockern? Dagegen sollte sich der | |
| > Agrarminister aussprechen, verlangen Naturschutzbund und BUND. | |
| Bild: Hier wächst er schon: Gentech-Weizen in Einbeck in Niedersachsen | |
| Berlin taz | Umweltschützer fordern von Bundesagrarminister Cem Özdemir | |
| (Grüne), eine Lockerung der Regeln für die neue [1][Gentechnik] eindeutig | |
| abzulehnen. „Ich wünsche mir, dass ein grüner Agrarminister da klarere | |
| Kante zeigt, weil eine Deregulierung von gentechnisch veränderten | |
| Organismen jeder Form von grüner Politik widerspricht“, sagt Daniela | |
| Wannemacher, Referentin für Gentechnikpolitik des Bunds für Umwelt und | |
| Naturschutz Deutschland (BUND), zur taz. | |
| Bei der Ablehnung von Patenten für Pflanzen von [2][neuen | |
| Gentechnikmethoden] wie Crispr/Cas und dem Schutz des gentechnikfreien | |
| Anbaus solle Özdemir „keine Kompromisse machen, und in dieser Hinsicht | |
| sollte er die Position seines Ministeriums und auch der Grünen klarer | |
| vertreten“, ergänzt Vivienne Huwe, Referentin für Bioökonomie bei | |
| Deutschlands größtem Umweltverband, dem Naturschutzbund (Nabu). | |
| Die [3][EU-Kommission hatte Anfang Juli vorgeschlagen], die | |
| Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel aus vielen Pflanzen aufzuheben, die | |
| durch die neue Gentechnik geschaffen wurden. Auch Tests auf | |
| Gesundheitsrisiken sollen weitgehend wegfallen. Das soll der neuen | |
| Gentechnik zum Durchbruch verhelfen. Die EU-Kommission verspricht sich | |
| davon zum Beispiel mehr Getreide, das besser mit der Klimakrise klarkommt. | |
| Kritiker weisen darauf hin, dass bisher keine klimawandelresistenten | |
| Pflanzen der neuen Gentechnik auf dem Markt sind, auch nicht in Ländern wie | |
| den USA, wo sie weitgehend freigegeben ist. Umweltschützer befürchten, dass | |
| es vor allem Sorten geben werde, die beispielsweise noch mehr | |
| Pestizideinsätze ermöglichen und durch Patente die Macht von Konzernen | |
| erweitern. | |
| ## Unsicherer Kantonist Özdemir | |
| Özdemir gilt den Verbänden in Sachen Gentechnik als unsicherer Kantonist. | |
| „Es wirkt, als würde er da nicht so fest stehen. Er ist kein grüner | |
| Vertreter, der klar gegen die Abschaffung der Regulierung gentechnisch | |
| veränderter Organismen ist“, kritisiert BUND-Expertin Wannemacher. „Cem | |
| Özdemir äußert sich offener denn je zu den neuen Gentechniken“, so Huwe. | |
| Gleichzeitig wolle er Patente auf solche Pflanzen verhindern und die | |
| Koexistenz von Landwirtschaft mit und ohne Gentechnikpflanzen bewahren. „In | |
| Anbetracht der knappen Zeit“ sei es „ein sehr ambitioniertes Ziel, hier | |
| einen Kompromiss zwischen SPD, FDP und Grünen auszuhandeln“. Sie habe | |
| „berechtigte Zweifel“, dass sich der Vorschlag der EU-Kommission dafür | |
| eigne. | |
| „Özdemir sollte klar sagen, was an dem Vorschlag der EU-Kommission | |
| abzulehnen ist“, verlangt Wannemacher. Die Kennzeichnungspflicht für | |
| Lebensmittel und die Risikoprüfung müssten für alle Gentechnikpflanzen | |
| erhalten bleiben. Der Vorschlag der Kommission würde laut Wannemacher dazu | |
| führen, dass mehr als 80 Prozent der Pflanzen, an denen derzeit gearbeitet | |
| werde, von Kennzeichnung und Prüfung ausgenommen sind. | |
| „In dem Vorschlag steht auch nichts zur Koexistenz“, moniert die | |
| Umweltschützerin. Die Kommission wolle das weitgehend den Mitgliedstaaten | |
| überlassen. „So lässt sich Koexistenz nicht sicherstellen.“ Mit der | |
| bestehenden Regelung könnten Nachverfolgbarkeit, Transparenz und | |
| Kennzeichnung dagegen gewährleistet werden, erklärt Huwe. Es sei wichtig, | |
| „dass man die Wahlfreiheit der VerbraucherInnen schützt und dass nicht eine | |
| Masse an gentechnisch verändertem Saatgut in den Markt strömt.“ | |
| ## „Keine Denkverbote“ angesichts der Klimakrise | |
| Özdemir hatte sich offen für neue Gentechnikmethoden gezeigt. „Uns läuft | |
| die Zeit davon. Angesichts von Klimakrise, Artensterben und Hunger in der | |
| Welt gibt es keine Denkverbote“, sagte er dem Spiegel. „Was die Genschere | |
| Crispr/Cas betrifft, teile ich die Einschätzung, dass diese neue Technik | |
| nicht eins zu eins gleichzusetzen ist mit der alten Gentechnik, die | |
| wesentlich umstrittener war“, so der Agrarminister. Die gentechnikfreie | |
| Landwirtschaft dürfe aber nicht in ihrer Existenz bedroht werden. „Außerdem | |
| wollen wir keine Monopolisten, auch die kleinen und mittelständischen | |
| Zuchtunternehmen sollen auf dem Markt weiterhin eine Chance haben. Daher | |
| darf es keine Patente geben.“ | |
| Bisher dürfen Pflanzen der neuen Gentechnik patentiert werden. Andere | |
| Züchter können diese Pflanzen nur mit Zustimmung des Patentinhabers | |
| weiterzüchten. Das könnte Kritikern zufolge dazu führen, dass Pflanzen | |
| langsamer an den Klimawandel angepasst würden. Zudem werde die neue | |
| Gentechnik auch dafür genutzt, eine umweltschädliche Landwirtschaft zu | |
| erleichtern – zum Beispiel, indem Pflanzen resistent gegen Pestizide | |
| gemacht werden. | |
| Derzeit sind in der EU laut Kommission rund 300 Gentechnikpflanzen für den | |
| Import als Lebens- oder Futtermittel und eine für den Anbau zugelassen. Sie | |
| werden aber fast nur als Futtermittel verwendet, weil die meisten | |
| VerbraucherInnen sie ablehnen und wegen der Kennzeichnungspflicht in | |
| Lebensmitteln auch leicht meiden können. | |
| 10 Sep 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jost Maurin | |
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