# taz.de -- Podcast-Host über Wissenschaftskommunikation: „Wissen, das Spaß… | |
> Am Freitag findet das erste Festival für Wissenschaftspodcasts statt. | |
> Podcast-Host Lukas Klaschinski über den Erfolg des Formats, Hörspaß und | |
> Kröten. | |
Bild: Fachsprache verständlich ausdrücken, das versucht Lukas Klaschinski | |
taz: Am Freitag findet das Festival für [1][Wissenschaftspodcasts] im | |
Naturkundemuseum Berlin statt. Das Genre ist allgemein sehr beliebt: Laut | |
einer Umfrage von Bitkom hört fast jede*r dritte Podcasthörer*in | |
Wissenschaftspodcasts. Woran liegt das? | |
Lukas Klaschinski: Menschen möchten Dinge neu erfahren. Das gehört zu | |
unseren psychischen Grundbedürfnissen. Die Wissenschaft ist der perfekte | |
Ort dafür, neue Felder zu begehen und sich in der Welt zurechtzufinden. Und | |
Podcasts schaffen es, Wissen so aufzubereiten, dass es Spaß macht. Wir | |
können mit unseren Ohren doppelt so viele Informationen aufnehmen wie mit | |
unseren Augen. Und wir reisen ja auch immer mit in so einem Podcast. Wenn | |
uns dort erzählt wird, dass eine Forschende im Dschungel war und dort | |
Insekten gefangen hat, sind wir ja sofort mit auf der Expedition. Das macht | |
es so spannend. | |
Trotzdem arbeitet Ihr Podcast in großen Teilen mit dem klassischen Modell: | |
Moderator befragt Expert*in aus dem Museum. Wieso? | |
Wir machen ein Fusionsmodell aus Expertengespräch und Erzählung. Auf der | |
Erzählebene hat das Vorstellungsvermögen ordentlich was zu tun und auf der | |
Interviewebene können wir die Wissenschaftlerinnen nach vorne bringen, wo | |
sie sonst seltener sind. Ich höre Leuten gerne von der Passion sprechen, | |
der sie ihr Leben widmen. Wenn sie erzählen, was sie an [2][Kröten] oder | |
Unterwasserlärm fasziniert, steckt das an. Begeisterung – so sind wir | |
Menschen gestrickt – springt über wie ein Funken, und der kann Feuer | |
auslösen. | |
Stehen die Wissenschaftler*innen Schlange, um in Ihren Podcast zu | |
kommen und ihr Wissen zu teilen? | |
Am Anfang musste die Kommunikationsabteilung Pionierarbeit leisten und | |
viele Gespräche führen. Aber mittlerweile haben die Leute Lust mitzumachen | |
und über ihre Arbeit zu sprechen. Auch wenn manche vielleicht mal ein | |
bisschen schüchterner sind. Immerhin wird der Podcast jeden Monat 20.000 | |
Mal angehört. | |
Die Episoden dauern oft etwa 50 Minuten, die Forschung zum Thema Jahre. | |
Fachbegriffe müssen im Podcast einfach erklärt werden. Wie zufrieden sind | |
die Wissenschaftler*innen mit der Darstellung? | |
Am Ende sind die meisten happy. Aber Wissenschaftskommunikation ist ein | |
Spagat. Klar, wir könnten in Fachvokabular rumdümpeln und dabei Leute auf | |
der Strecke lassen. Oder wir machen es so, dass am Ende alle etwas davon | |
haben. | |
Haben Sie eine Standardformel für die Vereinfachung? | |
Analogien aus dem täglichen Leben. Wenn ich sage, dass Menschen schon seit | |
Hunderttausenden Jahren auf der Welt sind, ist das für die meisten nicht | |
greifbar. Aber wenn ich sage „Stell dir vor, die Entstehung der Welt war | |
vor 24 Stunden, dann ist die Menschheit gerade mal zwei Minuten auf dieser | |
Welt“, dann wird es verständlich. | |
Ihr Podcast buhlt auch mit der Themensetzung um Aufmerksamkeit. Immer | |
wieder zielen die Episodentitel etwa auf Sex, Dating, Tod. | |
Wenn wir eine Folge über Bäume machen, warum sollte man sich die anhören? | |
Was ist das Besondere daran? Wenn wir einen lebensnahen Titel kreieren, | |
merken die Menschen, warum diese Folge wichtig für sie sein könnte. Sie | |
hören sie an und bewegen sich danach anders in der Umwelt. Menschen nehmen | |
nur zwei Prozent der Realität wirklich war und wir können mit diesem | |
Podcast sagen: Schaut mal, da sind neue Aspekte für eure zwei Prozent. Wir | |
wollen begeistern. | |
Das Museum hat schon mit [3][Akteuren der Klimabewegung] | |
zusammengearbeitet, der Podcast erwähnt immer wieder die Klimakrise. Aber | |
eine Betrachtung der politischen Landschaft fehlt, auch weil es kein | |
journalistischer Podcast ist. Hadern Sie mit der fehlenden Systemkritik? | |
Die Informationen der Forschenden, ihre Daten, sollten uns wachsam machen. | |
Museum und Podcast stellen sie bereit. Ich bin mir sicher, dass die | |
Menschen, die diesen Podcast hören, das Richtige aus den Informationen | |
machen können. Das Museum ist ein Ort der Information, Reflexion und des | |
Dialogs mit der Gesellschaft. Es sagt nicht: Ihr seid die Schlechten, ihr | |
seid die Guten. Ich hadere also nicht mit einer fehlenden politischen | |
Kritik. Du kannst eine Straße blockieren oder du kannst ein Feld für | |
Bestäuber direkt vor dem Museum anlegen, Menschen davon erzählen und sie | |
dadurch dazu bringen, dass sie die Natur schützen wollen. Beides ist | |
wertvoll. | |
21 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Johannes Drosdowski | |
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