| # taz.de -- Einstufung von Georgien und Moldau: Nächste Asyl-Verschärfung kom… | |
| > Das Bundeskabinett will Georgien und Moldau als „sichere | |
| > Herkunftsstaaten“ einstufen. Verbände üben Kritik, die Grünen schweigen. | |
| Bild: Versucht sich als Asyl-Hardlinerin zu inszenieren: Bundesinneministerin N… | |
| Berlin taz | Wieder haben die Grünen-Minister*innen einer Verschärfung der | |
| deutschen Asylpolitik zugestimmt. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch | |
| in Merseburg [1][einen umstrittenen Gesetzesentwurf] des | |
| Bundesinneministeriums unter Nancy Faeser (SPD), nach dem Georgien und | |
| Moldau als sogenannte „sichere Herkunftsländer“ eingestuft werden sollen. | |
| Faeser sprach von „sehr klare Maßnahmen, um die Migration insgesamt zu | |
| steuern und irreguläre Migration deutlich zu reduzieren.“ Die Grünen im | |
| Bundestag schweigen bisher zu dem Vorhaben. Von Verbänden und der Linken | |
| kam scharfe Kritik. Der Union [2][geht der Entwurf nicht weit genug]. | |
| Der Asylantrag von Menschen aus einem „sicheren Herkunftsland“ wird in der | |
| Regel als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Betroffene sind in | |
| verschiedenen Bereichen schlechter gestellt als andere Geflüchtete. Sie | |
| haben zum Beispiel weniger Zeit, gegen ihren Bescheid zu klagen. | |
| Ob Georgien und Moldau wirklich sicher sind, ist höchst fraglich. So | |
| berichtet Amnesty International über beide Staaten von Folter durch | |
| Sicherheitskräfte. In Georgien würden LGBTI-Personen angegriffen, in Moldau | |
| seien insbesondere Rom*nja drastischer Benachteiligung ausgesetzt. In | |
| beiden Ländern stehen zudem Teile des Staatsgebiets unter russischem | |
| Einfluss. | |
| ## Und die Grünen-Abgeordneten? | |
| Während SPD und FDP im Bundestag das Gesetzesvorhaben mittragen ist die | |
| Position der Grünen-Fraktion weiter unklar. Auf taz-Anfrage wollte sich am | |
| Mittwoch keine*r der Abgeordneten äußern. Der Grünen Co-Vorsitzende Omid | |
| Nouripour hatte allerdings schon im Mai angedeutet, bei der Einstufung | |
| Georgiens und Moldaus gesprächsbereit zu sein. | |
| Im Juni allerdings diskutierte der Bundestag einen Antrag der | |
| Unionsfraktion, die die beiden Länder ebenfalls zu sicheren | |
| Herkunftsstaaten erklären wollte. Der Grünen-Abgeordnete Max Lucks hatte | |
| damals gesagt: „Wir werden uns nicht an dieser Symbolpolitik zulasten der | |
| Entrechteten beteiligen.“ | |
| Die Opposition im Bundestag übte am Mittwoch Kritik. Die fluchtpolitische | |
| Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag sagte: „Die Einstufung von Moldau | |
| und Georgien als sichere Herkunftsländer ist ein weiterer Tiefpunkt in der | |
| Asylpolitik der selbsterklärten Fortschrittskoalition.“ Es handle sich um | |
| einen weiteren Schritt bei der „Aushöhlung des individuellen Rechts auf | |
| Asyl“. | |
| Der innenpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Alexander Throm, | |
| bezeichnete den Kabinettsbeschluss dagegen als „Tropfen auf den heißen | |
| Stein“. Er forderte: „Dringend notwendig wäre neben der Ausweitung von | |
| Grenzkontrollen auch die Einstufung der Maghreb-Staaten Algerien, Marokko | |
| und Tunesien als sichere Herkunftsländer.“ | |
| Der Antiziganismusbeauftragte der Bundesregierung, Mehmet Daimagüler sagte | |
| der taz er sei „einigermaßen entsetzt“ über den Plan. Im Angesicht der | |
| anhaltenden Diskriminierung von Romn*ja in Moldau befinde sich die | |
| Bundesregierung mit dem Gesetzentwurf auf einem „menschenrechtsblinden | |
| Weg“. | |
| Der fluchtpolitische Sprecher von Pro Asyl, Tareq Alaows sagte der taz: „In | |
| Georgien gibt es eine ganz klare Bedrohungslage für LGBTI-Personen, während | |
| in Moldau Rom*nja systematisch ausgegrenzt werden.“ Hinter dem | |
| Gesetzesentwurf vermutet er vor allem „Wahlkampftaktik“ Faesers, die bei | |
| der [3][Landtagswahl in Hessen im Oktober] als SPD-Spitzenkandidatin | |
| antritt. Auch das ungewöhnlich hohe Tempo bei der Verbändebeteiligung in | |
| der vergangenen Woche kritisierte Alaows als „politisches Kalkül“: Es sei | |
| fraglich, ob die Verantwortlichen überhaupt Zeit gehabt hätten, die | |
| Stellungnahmen aus der Zivilgesellschaft zu lesen. | |
| ## Geringer Effekt auf Geflüchtetenzahlen | |
| Faesers Innenministerium hatte den zivilgesellschaftlichen Organisationen | |
| eine Frist von nur zwei Tagen gesetzt, um sich zu dem Gesetzentwurf zu | |
| äußern. Normalerweise sind dafür mehrere Wochen angesetzt. Auch der | |
| zeitliche Abstand zwischen Fristende am Freitag und dem Kabinettsbeschluss | |
| jetzt ist auffällig gering. | |
| Das geplante Gesetz dürfte zwar weitreichende Konsequenzen für Betroffene | |
| haben, etwa LGBT-Personen aus Georgien, auf die Zahlen Geflüchteter in | |
| Deutschland hingegen dürfte es aber kaum Einfluss haben – auch wenn die | |
| Bundesinnenministerin anderes suggeriert. „Mehr als jeder zehnte abgelehnte | |
| Asylantrag kommt aus diesen beiden Ländern“, sagte Faeser den Zeitungen der | |
| Funke Mediengruppe. „Hier können wir also sehr schnell irreguläre Migration | |
| wirksam reduzieren.“ | |
| Schon jetzt werden so gut wie alle Anträge aus diesen beiden Ländern | |
| abgelehnt. An der Gesamtheit der Asylanträge machen sie aber nur einen sehr | |
| geringen Teil aus: Im gesamten Jahr 2022 gab es knapp 8.000 Erstanträge auf | |
| Asyl aus Georgien und knapp 2.600 aus der Republik Moldau. Das sind weniger | |
| als 5 Prozent aller fast 218.000 Erstanträge im vergangenen Jahr. In den | |
| ersten Monaten dieses Jahres kamen sogar nur 4 Prozent der Erstanträge von | |
| Menschen aus diesen beiden Ländern. | |
| Aktualisiert am 30.08.2023 um 16:10 Uhr. d. R. | |
| 30 Aug 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Frederik Eikmanns | |
| Dinah Riese | |
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