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# taz.de -- Gegen Sternchen und Doppelpunkte: Anti-Gender-Ini nimmt erste Hürde
> 16.000 Unterschriften sammelte die Volksinitiative, die Gendern in der
> Hamburger Verwaltung verbieten will. Die CDU wurde vom CSD ausgeladen.
Bild: Einige Ordner voll: Sabine Mertens übergibt Unterschriften gegen das Gen…
Hamburg taz | Die [1][Volksinitiative „Schluss mit Gendersprache in
Verwaltung und Bildung“] hat am Freitag dem Hamburger Senat 16.457
Unterschriften übergeben – deutlich mehr als die vom Gesetz geforderten
10.000. Damit ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem möglichen
Volksentscheid getan. Mitgesammelt hatte die CDU, die deshalb und weil sie
das [2][Selbstbestimmungsgesetz] im Bundestag ablehnte, vom Christopher
Street Day (CSD) ausgeladen wurde.
Vor dem Rathaus waren zur Übergabe gut 40 Mitstreiter erschienen.
Mitinitiatorin Sabine Mertens sagte der taz, es gehe ihrer Initiative nicht
darum, etwas zu verbieten, sondern darum, „dass die Regeln eingehalten
werden“. Der [3][Rat für deutsche Rechtschreibung hat kürzlich
festgestellt], Wortbinnenzeichen wie das Sternchen, der Doppelpunkt oder
der Unterstrich gehörten „nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie“,
anders als etwa die Konstruktion „Bürger/-innen“.
Mertens kritisiert, das Gendern lasse die Sprache zerfallen und spalte die
Gesellschaft. Ihre Initiative setze sich für eine Gemeinschaftssprache ein.
Die Sprache müsse auch [4][allgemeine Aussagen ermöglichen, bei denen
spezifische Merkmale keine Rolle spielten].
Wenn gegendert werde, diene die Sprache nicht mehr der Verständigung,
sondern der Gesinnungsprüfung. „Das ist im Grunde eine permanente
Demonstration“, sagt Mertens. Sie erinnere das an Sprachregelungen der DDR
wie „antifaschistischer Schutzwall“ für die Mauer. Im Übrigen verbiete es
sich, einfach in eine über Jahrhunderte gewachsene Grammatik einzugreifen.
## Anti-Gender-Ini: Unterstützung mit Tücken
Dem Argument, durch das Gendern schärfe sich das Bewusstsein für
gesellschaftliche Ungerechtigkeit, kann sie nichts abgewinnen. „Das hat den
Effekt, dass die Leute eher dicht machen“, sagt sie und verweist auf
Umfragen, nach denen die meisten Deutschen das [5][Gendern skeptisch sehen.
Diesen Skeptikern hat sich auch die Hamburger CDU angeschlossen]. 3.000
Unterschriften haben die Christdemokraten der Initiative beigesteuert.
Diese Unterstützung erwies sich PR-technisch als problematisch, nachdem das
Hamburger Abendblatt Mertens mit Aussage, „dass sich normalerweise Männer
und Frauen zum jeweils anderen Geschlecht hingezogen fühlen“, zitierte.
Alles andere wäre demnach also anormal. Mit aus Sicht von Mertens fatalen
Folgen: „Wenn wir nun alle schwul, lesbisch und trans werden sollen, dann
ist die Evolution zu Ende.“ CDU-Fraktionschef Dennis Thering erklärte die
Aussage im März für inakzeptabel.
Das hinderte die beiden Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph de
Vries und Christoph Ploß nicht daran, weiter Unterschriften zu sammeln. Für
die Organisatoren des CSD, der unter dem Namen Hamburg Pride läuft, passt
das nicht zusammen: Erst wünsche der Landesvorsitzende im CSD-Magazin per
Anzeige „Happy Pride“ und melde Interesse an der CSD-Demo an – und dann
überreichten de Vries und Ploß mit Medien-Tamtam die Unterschriften „für
die homo-und transfeindliche Anti-Gendern-Initiative“.
Dazu komme, dass sich der Landesparteitag [6][gegen das
Selbstbestimmungsgesetz ausgesprochen] habe. Das von der rot-grün-gelben
Bundesregierung geplante Gesetz soll es erleichtern, den Geschlechtseintrag
zu ändern. Es soll das in Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz
von 1980 ablösen, das in dem Glauben eingeführt wurde, dass trans Menschen
„krank“ seien.
## Klare Haltung gefordert
„Wir appellieren an die CDU, sich endlich klar zu positionieren und zu
hinterfragen, wofür sie eigentlich steht“, postete Hamburg Pride auf
Instagram. Mit ihrem widersprüchlichen Verhalten sei die CDU auf dem CSD am
5. August nicht willkommen. „Der CSD ist eine Demonstration der Akzeptanz
und Gleichstellung und wir erwarten, dass nur Organisationen teilnehmen,
die diese Werte aktiv vertreten und fördern“, heißt es auf der Plattform.
Die CDU reagierte verschnupft. „Die Intoleranz der Veranstalter des CSD ist
bedauerlich“, sagte Fraktionschef Thering der Hamburger Morgenpost. Die
Partei hätte sich gerne mit einem Wagen an der Parade beteiligt. Leider
ende die Toleranz einiger Mitglieder von Hamburg Pride, sobald es über
einzelne Maßnahmen zur Erreichung der gemeinsamen Ziele
Meinungsverschiedenheiten gebe.
„Mit derlei Aktionen verspielt man alles, wofür sich die liberalen Kräfte
in der CDU einsetzen“, kommentierte der Bürgerschaftsabgeordnete Sandro
Kappe. Das sei traurig, aber CDU-Bashing sei eben populär.
Sabine Mertens zeigte sich der taz gegenüber bestürzt über die Ausladung
der CDU. „Es trifft mich ins Herz“, sagte sie. „Man kann sich doch für
LGBTQI* einsetzen, ohne dass man gendert.“ Politisch ergebe die Ausladung
keinen Sinn.
Im nächsten Schritt prüft der Senat die von Mertens und ihren Mitstreitern
eingereichten Unterschriften. [7][Kommt die Volksinitiative daraufhin
zustande], kann die Bürgerschaft den damit verbundenen Gesetzentwurf
beschließen. Tut sie es nicht, führt der Senat auf Antrag ein Volksbegehren
durch, das im Erfolgsfall in einen Volksentscheid mündet.
21 Jul 2023
## LINKS
[1] /Angst-vor-Sprachvorschriften/!5903815
[2] /Neues-Selbstbestimmungsgesetz/!5938231
[3] https://www.rechtschreibrat.com/amtliches-regelwerk-der-deutschen-rechtschr…
[4] /Streit-um-Sprache-der-Verwaltung/!5925579
[5] /Hamburger-Anti-Gender-Volksinitiative/!5916175
[6] /Queere-Rechte-in-Deutschland/!5934645
[7] https://www.hamburgische-buergerschaft.de/volksgesetzgebung/
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Schwerpunkt LGBTQIA
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