# taz.de -- Hamburger Senat gegen Volksinitiativen: Beteiligung nur analog erw�… | |
> Volksinitiativen dürfen in Hamburg auch digital unterstützt werden. Der | |
> Senat will aber keine zulässige Möglichkeit schaffen, beklagt die CDU. | |
Bild: 16.000 handschriftlich eingetragene Unterstützer:innen: Gender-Volksinit… | |
Hamburg taz | Dass der Hamburger Senat gerne [1][mit dem Ausbau von | |
digitaler Beteiligung wirbt,] zeigte sich jüngst am Montag, als die | |
Umweltbehörde die Hamburger:innen dazu aufrief, online Ideen | |
einzubringen, wo die Stadt Spielmöglichkeiten für Kinder ausbauen könnte. | |
„Künftige Bedürfnisse einer modernen Stadtgesellschaft und aktuelle Trends�… | |
könne die Stadt so dank seiner engagierten Bürger:innen schnell | |
aufnehmen. | |
Geht es hingegen um Bürger:innenbeteiligung in Form von | |
Volksinititativen, die in der Regel Gesetze gegen den Willen des Senats | |
durchsetzen will, sieht die Sache anders aus: Da müssen die | |
Initiator:innen meist auf der Straße oder an Plätzen Bürger:innen | |
handschriftlich ihre Meldedaten samt Unterschrift kritzeln lassen, ehe die | |
Aktenordner mit den gesammelten Listen im Rathaus eingereicht und von | |
Behördenmitarbeiter:innen gezählt und auf Gültigkeit überprüft | |
werden. | |
Dabei hatte der Senat schon längst gesetzlich geregelt, dass | |
Bürger:innen eine Volksinitiative auch auf digitalem Weg unterstützen | |
können. Eine Senatsantwort auf eine CDU-Bürgerschaftsanfrage zeigt jedoch, | |
dass er dazu gar nicht willens ist. | |
Wie der Senat selbst antwortet, hatte er 2007 das Gesetz zur | |
Volksgesetzgebung angepasst und klargestellt, dass auch „andere Verfahren, | |
die den Vorgaben einer rechtsverbindlichen Authentifizierung und der | |
Schriftform auf der Grundlage bestehender bundes- und landesrechtlicher | |
Regelungen entsprechen“ zulässig sind. Allerdings: „Die Entwicklung und | |
Implementierung eines technischen Verfahrens ist bisher nicht erfolgt“, | |
antwortet der Senat. | |
## Digitalisierung lohnt nicht, findet der Senat | |
Dabei ist der Weg Hamburger Volksinitiativen durchaus anspruchsvoll. In der | |
ersten Phase haben die Initiator:innen zwar noch sechs Monate Zeit, um | |
10.000 Unterschriften zu sammeln. Danach jedoch ist häufig schon Schluss: | |
Falls der Senat dann nicht schon erfolgreich gegen Initiativen geklagt hat, | |
müssen sie im Volksbegehren innerhalb von drei Wochen mehr als 65.000 | |
Unterschriften gesammelt haben. | |
Weil ebendieses Volksbegehren selten stattfinde, sieht der Senat keinen | |
Handlungsbedarf, die gesetzliche Vorgabe umzusetzen: Zu berücksichtigen sei | |
schließlich, dass zuletzt ein Volksbegehren im Dezember 2014 durchgeführt | |
wurde. „Ein technisches Verfahren sollte eine Nutzung über den temporären | |
Einzelfall hinaus gewährleisten“, schreibt der Senat. | |
„Es ist ein Armutszeugnis, dass SPD und Grüne bislang weder die | |
Volksabstimmungsverordnung angepasst noch die Einführung eines technischen | |
Verfahrens in Angriff genommen haben“, beklagt deshalb André Trepoll von | |
der CDU-Bürgerschaftsfraktion. | |
Anlass für die Nachfrage der CDU ist [2][die umstrittene Volksinitiative | |
gegen das Gendern.] Sie will geschlechtergerechte Sprache in der Hamburger | |
Verwaltung per Gesetz verbieten. Die CDU unterstützt die Initiative, half | |
in der Vergangenheit auch schon beim Sammeln von Unterschriften. Die | |
Initiative hat die erste Stufe auf dem Weg zu einem Volksentscheid | |
genommen, beim Volksbegehren könnte es nun aber eng werden. Denn die | |
Sammelphase wird voraussichtlich während der Sommerferien im kommenden Jahr | |
stattfinden müssen. Es dürften also weniger Wahlberechtigte auf Hamburgs | |
Straßen und Plätzen anzutreffen sein, die die Initiative unterstützen. | |
## Volksinitiative könnte Verfassungsgericht einschalten | |
Jens Jeep, einer der Initiator:innen der aktuellen Initiative, denkt | |
deshalb über einen Eilantrag beim Hamburgischen Verfassungsgericht nach, | |
weil der Senat gegen das Volksabstimmungsgesetz verstoße. „Wir hoffen | |
nicht, dass es nötig wird“, sagt Jeep. Indes: „Das Gesetz stellt die | |
Unterstützung in elektronischer Form nicht in das Belieben des Senats.“ | |
Mit dem aktuellen Personalausweis im Kreditkartenformat bestehe schließlich | |
die Möglichkeit, durch Scannen mit einer geeigneten App Dokumente | |
elektronisch rechtssicher zu unterzeichnen. Und der Bund habe bereits eine | |
entsprechende App entwickelt, die kostenlos nutzbar ist. Mit der | |
„AusweisApp2“ des Bundes brauche Hamburg keine eigens entwickeln. | |
Alles, was die Verwaltung tun muss, so Jeep, „ist das Bereitstellen einer | |
Webseite, auf die am Computer oder mobil zugegriffen werden kann und die | |
sodann zur Unterstützung des Volksbegehrens die AusweisApp2 öffnet.“ | |
Tatsächlich könnte das auch die Auszählung der Stimmen erleichtern, ebenso | |
die Gültigkeitsprüfung, meint Jeep. | |
Ob die Initiative Erfolg haben wird, hängt aber weiter auch vom Einsatz der | |
Initiator:innen ab. Und dieser Kreis ist zuletzt um eine Person | |
geschrumpft: [3][Sabine Mertens, die die Initiative gegründet hatte,] hat | |
sich zurückgezogen, weil sie Anfeindungen beklagte. Für Empörung hatte sie | |
zuvor durch homophobe Äußerungen im Zusammenhang mit dem Gendern gesorgt. | |
16 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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