# taz.de -- Anti-Gender-Volksinitiative gescheitert: Generisches Maskulinum lag… | |
> Die Anti-Gender-Volksinitiative hat in den Hamburger Sommerferien zu | |
> wenig Unterschriften gesammelt. Also gibt es keine Abstimmung über | |
> Sprachverbote. | |
Bild: Angeblich Schuld am Scheitern: Zu viele Hamburger:innen waren im Urlaub s… | |
Hamburg taz | Der Kulturkampf gegen geschlechtergerechte Sprache ist in | |
Hamburg beendet: Die Volksinitiative „Schluss mit Gendersprache in | |
Verwaltung und Bildung“ hat im zweiten Schritt zu einem Volksentscheid | |
nicht die nötigen Unterschriften gesammelt. „Wir haben das Ziel wohl um | |
einige Tausend unterschritten“, gab Initiativen-Sprecher Jens Jeep am | |
Donnerstagvormittag bekannt. | |
Damit kommt es nicht zu einer von den regierenden SPD und Grünen rundheraus | |
abgelehnten, von der oppositionellen CDU wiederum massiv unterstützten | |
Volksabstimmung über die [1][Forderungen der Anti-Gender-Initiative]. | |
Es dürften wohl unter 40.000 Unterschriften gewesen sein, mit denen sich | |
Hamburger:innen für ein Gender-Verbot in Schulen und Behörden | |
ausgesprochen haben. „Wir wissen noch nicht, wie viele Menschen uns per | |
Briefeintragung oder direkt durch Unterschrift in den städtischen | |
Kundenzentren unterstützt haben“, sagt Jeep. | |
Die Initiative selbst habe mit ihren Unterschriftenlisten bis | |
Donnerstagvormittag 33.000 Unterschriften gesammelt. Dass es mehr als | |
einige wenige Tausend sind, die durch Briefeintragung und direkter | |
Unterzeichnung in den Kundenzentren hinzukommen, ist unwahrscheinlich. | |
Im Rahmen des dreiwöchigen Volksbegehrens wären allerdings rund 66.000 | |
Unterschriften und damit fünf Prozent der wahlberechtigten | |
Hamburger:innen nötig gewesen. Und Volksinitiativen brauchen | |
erfahrungsgemäß rund zehn Prozent mehr, da es üblicherweise eine Reihe | |
ungültiger Unterschriften gibt – etwa weil eingetragene Personen nicht in | |
Hamburg wohnhaft sind. Die abschließende, gültige Zahl wird erst in einigen | |
Wochen nach Prüfung durch den Senat bekanntgegeben. | |
Die Initiative wollte erreichen, dass Hamburger Behörden und ihre | |
untergliederten Einrichtungen – Schulen, Universitäten oder auch | |
öffentliche Unternehmen – das Binnen-I, den Doppelpunkt oder das | |
Stern-Symbol in Texten nicht mehr nutzen dürfen. Einzig das generische | |
Maskulinum sollte noch verwendet werden, um eine „verständliche Sprache“ zu | |
erhalten. | |
Wer gendert, bringe nach Ansicht der Initiator:innen tatsächlich nicht | |
die gewünschte Gleichstellung der Geschlechter zum Ausdruck, sondern | |
beeinträchtige die geschlechterneutrale Sprache, die mit dem generischen | |
Maskulinum gegeben sei. Mit diesen Argumenten hatten kürzlich auch die CDU- | |
beziehungsweise CSU-geführten Landesregierungen von Hessen und Bayern | |
[2][Gender-Verbote in ihren Behörden erlassen.] | |
Als hauptsächlichen Grund für das Scheitern nennt Jeep die vorgegebene | |
Terminierung in den Hamburger Sommerferien. „Wären wir nicht verpflichtet | |
gewesen, in der Ferienzeit zu sammeln, in der viele Hamburger im Urlaub | |
sind, hätten wir sicher ein Vielfaches der tatsächlichen Unterschriftenzahl | |
erreicht“, sagt Jeep. SPD, Grüne und Linke hatten im Frühjahr in der | |
Bürgerschaft den Antrag der Initiative abgelehnt, den Termin auf die Zeit | |
nach den Sommerferien zu verschieben. | |
Ebenso kritisiert Jeep das Hamburgische Verfassungsgericht. Das hatte einen | |
Eilantrag auf Verschiebung der Unterschriftensammlung abgelehnt. Hinzu | |
komme, dass der Senat bei der Durchführung „offensichtlich Pflichten | |
verletzt“ habe: Etwa in den Hamburger Kundenzentren habe es kaum | |
Hinweisschilder gegeben, dass dort Unterschriften für das Volksbegehren | |
geleistet werden können. | |
## Die Initiative erwägt, nach Karlsruhe zu ziehen | |
Diese Kritikpunkte hätten nichts mit dem Inhalt der Volksinitiative zu tun, | |
betont Jeep. „Was Senat, Bürgerschaft und das Verfassungsgericht | |
entschieden haben, ist nicht im Sinne der direkten Demokratie in Hamburg.“ | |
Weil der Notar bemängelt, das Gericht habe sich überhaupt nicht mit den | |
Argumenten für eine Verschiebung auseinandergesetzt, wolle die Initiative | |
nun eine Klage gegen das Hamburgische Verfassungsgericht vor dem | |
Bundesverfassungsgericht wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches | |
Gehör prüfen. | |
Auch will er im Hauptsacheverfahren, das nach der Eilentscheidung vor dem | |
Hamburgischen Verfassungsgericht noch aussteht, ergänzend feststellen | |
lassen, dass der Senat das Volksbegehren nicht ordnungsgemäß durchgeführt | |
und damit verfassungswidrig gehandelt habe. | |
Die Initiative hatte sich im Januar 2023 formiert und in einer ersten | |
Sammelphase rund 16.000 Unterschriften im Rathaus abgegeben. Doch schon von | |
Anfang an gab es massive Kritik an der Initiative: Für Empörung hatte die | |
damalige Sprecherin der Initiative gesorgt, als sie [3][das Gendern erst | |
als „PR-Maßnahme der LGBTQ-Bewegung“ diffamierte], um anschließend gegen | |
Homosexualität zu wettern: „Wenn wir nun alle schwul, lesbisch und trans | |
werden sollen, dann ist die Evolution zu Ende“, sagte sie in einem | |
Interview. | |
Zu der Frage, ob solche Aussagen vielleicht auch entscheidend für die | |
mangelnde Unterstützung waren, dazu sagten die Aktivist:innen um Jeep | |
am Donnerstag, bevor sie die Aktenordner mit den zu wenigen Unterschriften | |
im Rathaus abgaben, jedoch nichts. | |
29 Aug 2024 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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