Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Anti-Gender-Volksinitiative wehrt sich: Schlechter Termin, Zwang zu…
> Die Hamburger Anti-Gender-Initiative verlangt, den Zeitraum ihres
> Volksbegehrens zu verschieben. Zudem soll eine Online-Stimmabgabe möglich
> sein.
Bild: Juli 2023: Initiativen-Sprecherin Sabine Mertens legt Ordner mit 16.457 U…
Hamburg taz | Die Volksinitiative „[1][Schluss mit Gendersprache in
Verwaltung und Bildung]“ hat einen Eilantrag beim Hamburgischen
Verfassungsgericht eingereicht. Sie will damit verhindern, dass die Frist
für die nächste Unterschriftensammlung komplett in die Hamburger
Sommerferien fällt. Außerdem klagt sie dagegen, dass die Stimmabgabe bei
diesem „Volksbegehren“ nicht online möglich ist, obwohl das Gesetz dies an
sich vorsieht.
Über den Eilantrag, dessen Eingang das Gericht bestätigte, muss nun
innerhalb von rund drei Wochen entschieden werden. Denn schon am 18. Juli,
dem ersten Tag der Hamburger Sommerferien, beginnt der Versand der
Briefwahlunterlagen [2][für das Volksbegehren], das erreichen will, dass
die staatliche Verwaltung eine „verständliche Sprache“ nutzt, „in der das
Geschlecht nicht in den Vordergrund gestellt wird“.
Das Volksbegehren gilt als Nadelöhr im dreistufigen Hamburger
Volksgesetzgebungsverfahren. Nur drei Wochen haben Initiativen Zeit, um
auf der Straße Unterschriften zu sammeln. In diesem Fall begänne diese Zeit
am 8. August, mitten in den Ferien, und endete am 28. August, dem letzten
Ferientag.
SPD, Grüne und Linke hatten im Frühjahr den Antrag der Initiative
abgelehnt, den Termin auf die Zeit nach den Sommerferien zu verschieben.
Der Ferientermin hätte weniger Auswirkungen, wenn die Hamburger aus dem
Urlaub heraus [3][online abstimmen könnten], argumentieren die
Vertrauenspersonen Anja Oelkers, Jens Jeep und Hans Kaufmann in ihrem
Eilantrag. Doch der Senat schafft diese digitale Möglichkeit nicht.
## Volksbegehren hat es lange nicht gegeben
Zwar sieht das [4][Volksabstimmungsgesetz] seit 2007 [5][in Paragraf neun
vor], dass auch „andere Verfahren“ zulässig sind, die den Anforderungen an
eine rechtsverbindliche Authentifizierung genügen. Dazu zählt auch die
Online-Unterschrift per Smartphone mit Personalausweis und PIN. Doch auf
eine [6][Anfrage des CDU-Politikers André Trepoll], warum der Senat das
nicht schon längst eingeführt habe, antwortete dieser im Herbst 2023, man
müsse „hinsichtlich der Entwicklung, Implementierung sowie Wartung und
Pflege“ eines solchen Verfahrens berücksichtigen, dass es zuletzt vor neun
Jahren ein Volksbegehren gegeben habe. Der Senat spricht von einem
„temporären Einzelfall“.
Dass eine digitale Abstimmung technisch zu aufwendig sei, will die
Volksinitiative so nicht stehen lassen. Das Gesetz stelle [7][die digitale
Form der Unterstützung] nicht in das Ermessen des Staates, sagt Jens Jeep.
„Geregelt ist vielmehr ein Rechtsanspruch der Bürger. Und der Senat ist zur
Umsetzung verpflichtet“, so der Vertrauensmann, der von Beruf Notar ist.
Eine Online-Abstimmung wäre auch ein wichtiger Schritt zur Digitalisierung
der Hamburger Verwaltung, ergänzt Initiatorin Claudia Guderian. Gerade
jungen Menschen sei nicht zu vermitteln, „dass mit dem Handy gar nichts
läuft und sie zwingend auf Papier unterschreiben müssen“. Technisch wäre
das Ganze mit Hilfe der „Ausweis-App“ des Bundes leicht umsetzbar, so die
Initiative. Die Verwaltung müsse lediglich eine Website zur Verfügung
stellen.
Richtig ist aber auch, dass es seit der 2014 gescheiterten Volksinitiative
zur Abschaffung des Turbo-Abiturs keine weitere mehr in diese zweite Runde
geschafft hat. Rot-Grün hatte zunächst den Ehrgeiz, mit vielen
Volksinitiativen bereits auf der ersten Stufe einen einvernehmlichen
Kompromiss zu finden. Zuletzt wurden zahlreiche Initiativen vom
Verfassungsgericht gestoppt, weil der Senat rechtliche Bedenken hatte. Die
Anti-Gender-Initiative ist die erste seit Langem, bei der der Senat weder
das eine noch das andere versucht hat.
## Initiative setzt auf Briefwahl
Die [8][Ablehnung] im Regierungslager ist in dieser Frage jedoch groß. Die
Pressestelle des Senats äußerte sich nicht zu der nun eingereichten Klage.
Hamburgs Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) hatte sich
wiederholt gegen ein generelles Verbot der Gendersprache in Verwaltung und
Behörden ausgesprochen. In Hamburg sei die Gendersprache weder in der
Verwaltung noch in der Schule oder an der Universität vorgeschrieben – es
müsse aber möglich sein, sie zu verwenden, so ihre Position. In der
Bürgerschaft schließen sich neben der rot-grünen Regierungskoalition auch
die Linken dieser Position an. CDU und AfD hingegen unterstützen die
Initiative.
Die sieht sich benachteiligt. „Wenn der Bürgerwille nur von Interesse sein
soll, wenn er der Bürgerschaftsmehrheit politisch genehm ist, dann können
wir die direkte Demokratie auch gleich aus der Hamburgischen Verfassung
streichen“, sagt Jan-Dirk Strauer, Vertreter der Initiative. „Wir wollen es
eigentlich nicht glauben“, ergänzt Jens Jeep. „Die Politik versucht zu
verhindern, dass die Hamburger ihre Meinung darüber zum Ausdruck bringen
können, mit welcher Sprache sie vom Staat angesprochen werden.“
Auch der CDU-Politiker André Trepoll vermisst eine Gleichbehandlung
gegenüber früheren Volksinitiativen. Mit denen sei die Bürgerschaft bisher
„vom Verfahren her wohlwollend“ umgegangen. „Aus gutem Grund finden in den
Ferien auch keine Wahlen statt“, sagt er. Er vermute, dass Rot-Grün Angst
vor dem Erfolg der Initiative hat. Zugleich hält er es für fraglich, ob die
nun eingereichte Klage Erfolg hat, weil es das Recht der Bürgerschaft sei,
die Fristverlängerung abzulehnen.
Sollte es so kommen, setzt die Initiative auf die Möglichkeit, per Brief
abzustimmen. Einen Link zum Antrag auf Zusendung der entsprechenden
Unterlagen gibt es auf der Homepage der Initiative.
Anmerkung der Reaktion: In der gedruckten Fassung dieses Artikels fehlte
versehentlich im 7. Absatz vor dem Wort „Ermessen“ das Wort „nicht“. Das
haben wir für die Online-Fassung korrigiert.
20 Jun 2024
## LINKS
[1] /Angst-vor-Sprachvorschriften/!5903815
[2] /Gegen-Sternchen-und-Doppelpunkte/!5948799
[3] /Hamburger-Senat-gegen-Volksinitiativen/!5963469
[4] https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/document/jlr-VoBegGHApG3
[5] https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/document/jlr-VoBegGHApG3
[6] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/85120/moeglichkeit_der_dig…
[7] /Hamburg-blockiert-Volksinitiativen/!5964929
[8] /Hamburger-Anti-Gender-Volksinitiative/!5916175
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Volksinitiative
Direkte Demokratie
Gendern
Hamburg
Verfassungsgericht
Social-Auswahl
Volksinitiative
Schwerpunkt Stadtland
Digitalisierung
Rot-Grün Hamburg
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gerichtspräsidentin über Volksinis: „Keine feindliche Grundhaltung“
Fast immer stoppt das Hamburger Verfassungsgericht Volksinitiativen – auf
Antrag des Senats. Gerichtspräsidentin Birgit Voßkühler erklärt, warum.
Hamburg blockiert Volksinitiativen: Digital könnte so viel besser sein
Bei Volksinitiativen will es Hamburg analog. Obwohl das gesetzlich anders
geregelt ist, sollen sie nur mit Zettel und Stift unterstützt werden
dürfen.
Hamburger Senat gegen Volksinitiativen: Beteiligung nur analog erwünscht
Volksinitiativen dürfen in Hamburg auch digital unterstützt werden. Der
Senat will aber keine zulässige Möglichkeit schaffen, beklagt die CDU.
Hamburger Senat mit neuer Strategie: Widerständiges wird weggeklagt
Statt auf Kompromisssuche zu gehen, klagt der Hamburger Senat immer
häufiger gegen Volksinitiativen. Es sollte anders sein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.